Gutes Neues Jahr, ich bin Fabian Ziehe, Redakteur beim SWR Studio Stuttgart, und ich werfe einen Blick zurück auf die erste Woche im Jahr 2024 für die Region. Im Wochenrückblick geht es dieses Mal um diese Themen:
- Explodierende Gaskartuschen - wie man den großen Knall vermeidet
- Lockende Vier-Tage-Woche - wie man mehr arbeitet und mehr frei hat
- Krieselnder Versandhandel - wie Peter Hahn in die Schieflage kam
Explodierende Gaskartuschen - wie man den großen Knall vermeidet
Der Jahreswechsel begann zumindest in Stuttgart-Hedelfingen mit einem vorzeitigen großen Knall. Nun gut, möchte man da meinen, Böllerei gehört zu Silvester eben dazu. Aber in diesem Fall war es kein Kanonenschlag, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach eine Gaskartusche, die da in die Luft flog. Die Stuttgarter Polizei ermittelt noch, wie es nun genau zu der Explosion in dem Mehrfamilienhaus kam, bei der zwei Menschen leicht verletzt wurden. Aber es liegt wohl die Vermutung sehr nahe, dass ein nicht sachgerechter Umgang mit einer Gaskartusche der Grund war.
Eine Wohnung unbewohnbar Explosion in Stuttgart: Ursache war wohl eine Gaskartusche
Eine Wohnung ist nach der Explosion bis auf weiteres nicht mehr bewohnbar. Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen davon aus, dass sich Gas entzündete.
Daniel Anand, Pressesprecher der Stuttgarter Feuerwehr, kennt das Problem mit Gaskartuschen als erfahrener Brandbekämpfer und Einsatzleiter, der er bis heute parallel zu seinem Sprecher-Job ist. Bei manchen Einsätzen, so hat er mir am Telefon erzählt, habe er kollabierte Wände und aus den Angeln gerissene Türen gesehen - und entsprechend schwere Verletzungen bei Opfern solcher Unfälle. "Solche Explosionen sind auch in Stuttgart zum Glück die absolute Ausnahme", sagt er.
Um eine solche Explosion in live zu sehen, haben übrigens die Kollegen vom ZDF vor ein paar Jahren die beiden Komiker Bernhard Hoecker und Wigald Boning in der Sendung "Nicht nachmachen!" antreten lassen. Diese humorvolle, okay, auch etwas infantile Demonstration gönnen wir uns an dieser Stelle mal:
Nun ja, zurück zu Daniel Anand: Ihm und seinen Kollegen machen die Kartuschen, die für Campingkocher und -Leuchten im Einsatz sind, sowie kleine Gasflaschen, wie man sie zum Grillen auf dem Balkon nutzt, Sorgen beim Bekämpfen von Bränden. Gasbehältnisse noch vor dem möglichen Ausbreiten eines Brandes wegzuschaffen oder zumindest aus sicherer Entfernung zu kühlen, ist eine häufige Aufgabe von Feuerwehrleuten.
Dabei kann man selbst das Risiko durch Gaskartuschen und -flaschen minimieren - wie genau, erklärt Daniel Anand:
Möglichst wenig Gas gut und und kühl lagern, das ist die halbe Miete. Und die andere Hälfte? Nun: Einen Kartuschenwechsel neben brennenden Kerzen sollte man ebenfalls vermeiden, sonst knallt es - das hätte mir selbst beinahe mal einen Südfrankreich-Urlaub vorzeitig beendet. Und: Gut überlegen und erst dann eine Gaskartusche wechseln und dabei einstechen. Auch da habe ich schon ein paar Missgeschicke beobachten können, es sprudelt wie wild und eisig kalt aus der Kartusche heraus.
Halbleere Gasflaschen nach dem Grillen sollte man zudem wieder sorgfältig zudrehen und die Ventilkappe aufsetzen - auch hier gilt: kühl und trocken lagern. Alte, beschädigte und rostige Gasflaschen sowie -kartuschen gehören - auch wenn es da kein Haltbarkeitsdatum gibt - lieber entsorgt. Und wenn es schon nach Gas riecht, dann lieber die 112 rufen, das rät auch Fachmann Anand.
Ach, da wir gerade beim Thema Gas sind: Warum eigentlich haben einige Gasflaschen und auch Gasleitungen eigentlich linksdrehende Gewinde? Klar, das hat etwas mit Sicherheit zu tun, aber wie nun genau? Dieses kleine Hörstück bringt Licht in die Sache:
Über die Explosion in Stuttgart-Hedelfingen berichtete SWR4 Baden-Württemberg am 02.01.2024.
Lockende Vier-Tage-Woche - wie man mehr arbeitet und mehr frei hat
Wie sieht es eigentlich mit Neujahrsvorsätzen aus? Weniger essen? Weniger Geld ausgeben? Weniger Handy oder Tablet? Oder gar: Weniger Arbeiten? Letzterer Vorsatz lässt sich als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter der Böblinger Kreisgemeinde Weil im Schönbuch immerhin gefühlt verwirklichen: mit einer Vier-Tage-Woche. Dort gilt von nun an der schöne Satz von Paul Maar aus dem "Sams": "Am Donnerstag gibt es Donner und Freitag hat er frei." Und sie auch. Allerdings: Die Arbeitszeit - 39,5 Wochenstunden für Angestellte, 41 Wochenstunden für Beamte - bleibt dieselbe - wir sprechen also auch von Zehn-Stunden-Arbeitstagen, sofern man nicht ohnehin in Teilzeit arbeitet.
Work-Life-Balance Weil im Schönbuch: Bürgermeister führt Vier-Tage-Woche ein
Für offene Stellen im Rathaus fand Bürgermeister Wolfgang Lahl kaum noch Leute. Deshalb will er die Stadtverwaltung attraktiver machen - mit einem besonderen Angebot an die Mitarbeiter.
Bürgermeister Wolfgang Lahl will so die Jobs für die Gemeinde - von der Kita über die Grünpflege bis zur Amtsstube - attraktiver machen, sofern möglich. Wobei natürlich die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger gewahrt werden muss - was viel Umdenken bei der Organisation von Arbeit und der Koordination von Teams erfordert. Vielleicht kann Weil im Schönbuch so mehr neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlocken. Daran mangelt es nämlich massiv - wie andernorts im öffentlichen Dienst wie auch der freien Wirtschaft. So gibt es in Baden-Würtemberg schon in Mengen (Kreis Sigmaringen) eine Gemeinde mit Vier-Tage-Woche. Und es gibt noch mehr Gemeinden.
Kommune setzt auf neues Arbeitszeitmodell Stadt Mengen führt die Vier-Tage-Woche ein
Die Stadt Mengen führt ab 1. Juni die Vier-Tage-Woche ein. Interessierte können dies ab sofort beantragen. So sollen Arbeitsplätze in der Verwaltung attraktiver werden.
Hintergrund ist der Fachkräftemangel, das Ausscheiden der Babyboomer aus dem Arbeitsleben und eine nachrückende "Generation Z", die weiß, dass ihre Arbeitskraft begehrt ist. Viele junge Leute können sich den Job heutzutage heraussuchen. Als Angehöriger der Generation Praktikum gönne ich ihnen das übrigens von Herzen. Früher galt es schon im Praktikum, maximal zu performen, um danach vielleicht in einen befristeten Job oder schlecht bezahlte Trainee-Stelle zu rutschen. War nicht schön, braucht kein Mensch. Nun sind Arbeitgeber und -nehmer auf dem Arbeitsmarkt, also auf dem Feld von Angebot und Nachfrage, wieder auf gleicher Augenhöhe.
Aber: Können wir uns als Gesellschaft, als Volkswirtschaft eine Vier-Tage-Woche leisten? Auch wenn man dann eben nicht die zu absolvierende Arbeitszeit in die anderen vier Tage stopft, sondern konsequenter Weise die Arbeitszeit verringert - und das bei gleichem Lohn? Das Thema wird von Fachleuten aktuell heiß diskutiert. Klar ist: Angesichts von Homeoffice, Teil- und Gleitzeitregelungen und flexibleren Arbeitszeit-Modellen müssen sich Arbeitgeber (und im übrigen auch Arbeitnehmer) anpassen.
Die Abstimmung ist bereits beendet.
Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.
Vergangene Woche haben wir euch mit Blick auf die Demonstration der Bauern in Stuttgart gefragt, wie weit Protest gehen darf. Die meisten Stimmen (46,0 Prozent) erhielt: "Sollen sie machen. Aber sie müssen auch für Straftaten geradestehen." Denkbar knapp (45,7 Prozent) folgte die Antwort: "Protest muss unangenehm sein, da können auch Grenzen überschritten werden.)
Über die Vier-Tage-Woche in Weil im Schönbuch berichtete SWR Aktuell am 03.01.2024.
Krieselnder Versandhandel - wie Peter Hahn in die Schieflage kam
Kein gutes Neues Jahr hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Modehändlers Peter Hahn in Winterbach (Rems-Murr-Kreis): Am Dienstag teilten Geschäftsführung und Insolvenzverwalter mit, dass das angeschlagene Unternehmen zwar 600 Arbeitsplätze erhalten will, aber somit auch rund 400 Jobs wegfallen werden. Das schwäbische Traditionsunternehmen vertreibt Herren- und Damenmode sowie Schuhe und Accessoires per Katalog und Webshop. Zudem gibt es bundesweit elf Filialen und drei Outlets. Als einen Hauptgrund für die Misere gab das Unternehmen die allgemeine Marktlage im Versandhandel an.
Winterbacher Firma Insolvenzverfahren: Peter Hahn kündigt Jobabbau an
Das insolvente Modeunternehmen Peter Hahn will mit 600 seiner bisher 1.000 Mitarbeitenden weitermachen. Außerdem will es sich von seinem Mutterkonzern lösen und sich neu ausrichten.
Ist das so? Zunächst leuchtet einem das ein - nur zwei Beispiele: Der Stuttgarter, ursprünglich Esslinger Online-Händler Internetstores unter anderem mit dem Webshop Fahrrad.de war in die Insolvenz gerutscht - noch vor der spektakulären Großpleite des Mutterkonzerns, der Signa-Holding. Und im nahen Pforzheim ist Versandhaus Klingel - immerhin ein direkter Mitbewerber von Peter Hahn - schon im Mai zahlungsunfähig gewesen. Dort gab man als Gründe übrigens schwierige Marktbedingungen an, etwa die deutliche Konsumzurückhaltung seit Beginn des Krieges in der Ukraine, gestiegene Kosten sowie die hohe Inflation.
Handelsforscher Dirk Funck überzeugt das nicht. Er arbeitet und lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und nennt ein ganz simples Indiz, was die Argumente von Peter Hahn wie Versandhaus Klingel wackeln lässt: Die Konkurrenz hat mit denselben Problemen zu kämpfen - und sie kommen bislang zumindest damit klar, etwa Adidas, Zara oder mit leichtem Wackeln auch Zalando. Klar, das sind Großkonzerne und nicht schwäbische Mittelständler - aber Funck sieht auch andere Wege, um als Versandhändler in der Textilbranche zu bestehen.
„In der Textilbranche hat es schon vor Corona eine gewisse Übersättigung gegeben“, sagt Funk. Nach dem Wegfall der Corona-Hilfen, dem niedrigen Bedarf an schicker Alltagsbekleidung durch den Homeoffice-Boom und dem Wiederaufleben des stationären Einzelhandels trenne sich bei den Online-Modehändlern nun die Spreu vom Weizen. Wer es bislang versäumt habe, sich zu spezialisieren und fokussieren, die eigene Marke herauszuarbeiten, hat nun ein Problem. Und auch, wer weiter versuche, mit "Multilabel Commerce", also dem Vertrieb von Allerweltsmarken, zu bestehen.
Für Peter Hahn wagt Funck keine gute Prognose: "Ich halte das Geschäftsmodell von Peter Hahn in der Form nicht für überlebensfähig." Zumal der Abbau von Jobs, das "Gesundschrumpfen", auch nur Teil eines "Abschieds auf Raten" sei, da schon jetzt der Modehändler ein kleiner Player ist und irgendwann die kritische Masse für einen Fortbestand unterschritten sei.
Was nicht bedeute, dass die kleinen Wettbewerber chancenlos sind: Da ist ja zum einen das Herausarbeiten des berühmten "Unique Selling Point", des alles schlagenden Grundes, warum ich bei Peter Hahn einkaufen soll - das Stichwort Marken- und Profilbildung ist ja schon gefallen. Und zum anderen hilft eine durchdachte Verbindung von Online-Handel und stationärem Einzelhandel - gerade in einem höherpreisigen Segment für eine ältere Zielgruppe. Immerhin trifft das ja auch auf Peter Hahn zu - und über eigene Filialen verfügen die Winterbacher schließlich auch. Der Firma und den Angestellten seien jedenfalls fest die Daumen gedrückt, dass sie das Ruder doch noch herumreißen können.
Über den insolventen Modehändler Peter Hahn berichtete SWR4 Baden-Württemberg am 03.01.2024.
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