Traktoren, Bruchbuden und gefährliche Löcher

Wochenrückblick Stuttgart: Ist beim Bauern-Protest mehr erlaubt als beim Ankleben fürs Klima?

Stand
Autor/in
Katharina Kurtz

Wird beim Bauern-Protest und bei Klima-Aktionen mit zweierlei Maß gemessen? Warum wird ein Schimmel-Haus nicht abgerissen? Und wie wurde ein Reh zum Glückspilz? Mehr im Wochenrückblick.

Hi zusammen, ich bin Katharina Kurtz und Redakteurin im SWR Studio Stuttgart. Ich schaue mit Euch auf die Woche zurück. Diese drei Themen fanden viele Menschen spannend, und ein zweiter Blick lohnt sich:

Dürfen Bauern auf Demonstrationen mehr als Klima-Aktivisten?

Klima-Protest: Aktivisten der Letzten Generation haben in Stuttgart eine Straße blockiert. Auf Schilder hatten sie Traktoren gemalt und geschrieben: "Blockade für Diesel Ja? Fürs Klima Nein?"
Klima-Protest: Aktivisten der Letzten Generation haben in Stuttgart eine Straße blockiert. In Anlehnung an den Bauern-Protest hatten sie Traktoren auf Pappschilder gemalt.

Landwirtinnen und Landwirte in ganz Deutschland sind sauer, weil die Bundesregierung ihnen landwirtschaftliche Subventionen streichen will. Bekanntermaßen muss die Bundesregierung ja sparen. Deswegen blockieren die Bäuerinnen und Bauern diese Woche jeden Tag irgendwo mit ihren riesigen Traktoren Straßen. Und trotzdem fliegen den Landwirtinnen und Landwirten die Herzen von sehr vielen Menschen in Deutschland zu. Die Klimaaktivisten der Letzten Generation können sich da nur verwundert die Augen reiben: Weil wenn sie sich in der Vergangenheit auf der Straße festgeklebt haben, ist ihnen oft nur blanke Wut entgegengeschlagen. Es kam jetzt schon öfter die Frage auf: Messen die Behörden bei den Bauern-Protesten und bei den Klima-Blockaden mit zweierlei Maß? Hatten Bauern mehr Freiheiten bei ihren Protesten und wurden ihre Aktionen seltener aufgelöst als Straßensperren der Letzten Generation?

Die Klimabewegung Letzte Generation fühlt sich auf jeden Fall benachteiligt. Darauf haben Klimaaktivisten bei ihren letzten Blockaden in Stuttgart und Heidelberg mit gemalten Traktoren auf Pappschildern hingewiesen. Aber ist das nur eine gefühlte Wahrheit, oder ist wirklich was dran? Grundsätzlich gilt, dass Versammlungen bei den Behörden angemeldet sein müssen. Aber weil die Versammlungsfreiheit in Deutschland so eine extrem hohe Bedeutung hat, wird auch eine nicht angemeldete Versammlung - die es sowohl bei den Bauern als auch bei den Klimakämpfern gibt - nicht automatisch von der Polizei aufgelöst. Laut dem baden-württembergischen Innenministerium kommt es immer auf den Einzelfall an. Wichtige Punkte dabei sind zum Beispiel, ob die Demonstranten kooperativ sind, welche Auswirkungen ihr Protest hat und ob sich ein Versammlungsleiter meldet. Sowohl von der Polizei als auch von Rechtsexperten ist zu hören, dass die Rechtslage sehr komplex ist. Es kommt also immer auch ein Stückweit darauf an, wie die Polizei oder die Versammlungsbehörde ihr Handeln begründet.

Beim großen Protesttag der Bauern am vergangenen Montag wurden beispielsweise im Kreis Göppingen drei unangemeldete Versammlungen aufgelöst. Außerdem hat die Polizei dort zwei Verfahren gegen Unbekannt wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. In den Kreisen Böblingen und Ludwigsburg gab es laut Polizei keine Strafverfolgung wegen unangemeldeter Versammlungen, die es auch dort zuhauf gab. In Böblingen wurde am Mittwoch eine Traktorfahrerin vorläufig festgenommen, weil sie einen Polizisten vor sich her getrieben haben soll.

Die Abstimmung ist bereits beendet.

Werden Bauern und Klimaaktivisten gleich behandelt?

  • Klar, beide Gruppen werden gleich behandelt, es hat alles seine Richtigkeit. 34,1%
  • Das mit dem Versammlungsrecht verstehe ich nicht so richtig. Es wird schon alles passen. 2,9%
  • Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Die Behörden sollten ihr Handeln hinterfragen. 63,0%

Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.

Über die Bauern-Proteste hat SWR4 am 9., 10. und 11.1. berichtet, über die Letzte Generation am 10.1. in SWR4.

Schimmel-Haus in Aichtal - Streit zwischen Denkmalamt und Stadt

Das Haus in Aichtal (Kreis Ludwigsburg) ist nicht mehr bewohnbar und soll eigentlich abgrissen werden.
Schimmel, soweit das Auge reicht. Das Haus in Aichtal (Kreis Ludwigsburg) ist nicht mehr bewohnbar. Aber das Denkmalschutzamt erlaubt den Abriss nicht.

Eine absolute Bruchbude, die trotz Schimmel und eingestürzten Wänden nicht abgerissen werden darf. Die Geschichte, die mein Kollege Frieder Kümmerer da diese Woche erzählt hat, klingt total skurril. Die Stadt Aichtal (Kreis Esslingen) würde das Haus gern abreißen und neue Wohnungen auf der Fläche bauen. Das Denkmalschutzamt findet, das Haus müsste saniert und erhalten werden. Warum? Geflüchtete haben in der Nachkriegszeit das Haus von Hand selbst gebaut. Sie haben dabei teilweise Lehmziegel selbst hergestellt - und deswegen ist das Haus laut Denkmalschutzamt ein Kulturdenkmal. Dem Bürgermeister der Stadt Aichtal Sebastian Kurz (CDU) ist schleierhaft, wie man das zerfallende Haus überhaupt sanieren könnte, von den Kosten mal ganz abgesehen.

Mir fehlt tatsächlich auch die Phantasie, wie man aus dieser Bruchbude wieder etwas Schönes machen könnte. Aber ich bin immer wieder erstaunt, wie Menschen genau das schaffen, nämlich aus eine Ruine ein wunderschönes Zuhause zu zaubern: mit Schweiß, Idealismus, guten Ideen und zumindest meistens auch ordentlich Geld. Deswegen schaue ich so gerne die Videos von den Kolleginnen und Kollegen der SWR Room Tour.

Da hat zum Beispiel einer ein fast verfallenes Fachwerkhaus für 7.000 Euro gekauft und saniert, und heute ist das Haus ein Juwel. Oder jemand hat seine frühere Dorfschule zehn Jahre lang, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen, in ein absolut individuelles Zuhause umgebaut. Und auch eine alte Mühle wurde mit unfassbar viel Eigenleistung vor dem Zerfall gerettet. Klickt rein - lohnt sich!

Erst Reh, dann nasser Pudel und am Ende Glücksschwein

Das Reh schaute sich noch zweimal um, und verschwand dann wohlbehalten im Wald. Das Foto haben seine Retter, die Feuerwehr Stuttgart, gemacht.
Das Reh schaute sich noch zweimal um, und verschwand dann wohlbehalten im Wald. Das Foto haben seine Retter, die Feuerwehr Stuttgart, gemacht.

Und die gute Nachricht zum Schluss: Wenn ein Reh in eine zwei Meter tiefe Grube mit Wasser und Matsch fällt, muss es nicht das Ende sein. Im Stuttgarter Osten ist das einem Reh passiert, und es kam nicht mehr aus der Grube raus. Zum Glück kamen Leute vorbei und haben die Feuerwehr gerufen. Die hat das Tier mit einem Seil aus dem Loch herausgeholt. Der Tiernotdienst hat das Reh untersucht - es war alles ok - und so konnte das Reh am Waldrand wieder in die Freiheit davonspringen.

Und wer jetzt noch Lust auf mehr Herzerwärmendes und spektakuläre Tierrettungen hat, da gibts einiges. Eine kleine Auswahl: ein Waldkauz, der aus einem Schornstein gerettet wurde. Ein Hund, der eine Katze gejagt hat, und dann nicht mehr vom Baum runter kam. Ein Fuchs in einem Regenrückhaltebecken, dem die Feuerwehr das Leben gerettet hat. In diesem Sinne: Euch allen ein schönes Wochenende!

Über das gerettete Reh hat SWR4 am 9.1. berichtet.

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