Menschen, die die ganze Nacht vor der Ausländerbehörde campieren, um einen Termin zu bekommen - diese Bilder sorgten im Herbst in und um Stuttgart für Empörung. Der Grund: Personalmangel. Rund ein Drittel der 157 Stellen sind Ende Dezember in der Ausländerbehörde immer noch unbesetzt. Weil man die fehlenden Stellen nicht einfach besetzen kann, werde es keine schnelle Lösung für das Problem geben, teilte die Stadt immer wieder mit. Aber hat sich auch etwas verbessert?
Termine im Notfall online machen: Entlastet das die Behörde?
Dem SWR werden immer noch Fälle geschildert, bei denen Menschen sehr lange warten müssen und sich extra frei nehmen. Muss nur eine Formalie erledigt werden, könne man einfach vorbeikommen, hieß es von Seiten der Behörde, aber dem SWR sind hier Fälle bekannt, wo Menschen abgewiesen wurden, weil auch dazu keine Zeit war.
Dabei gibt es seit Oktober ein Online-Tool zur Terminplanung. Menschen, deren Aufenthaltstitel binnen sieben Tage abläuft, können sich hier als Notfall registrieren. So wollte die Stadt diejenigen zuerst bedienen, die am dringendsten Hilfe brauchen. Außerdem bietet die Stadtverwaltung nun ihre Informationen online in mehreren Sprachen an. 50 Menschen bekämen durchschnittlich an einem Tag so einen Termin, aber es registrierten sich hier auch viele Menschen, die nicht zur Zielgruppe des Tools gehören, so die Stadt. Und das koste wiederum Zeit, die Anfragen zu sortieren und zu bereinigen.
Amt vergibt dringende Termine online Kein "unwürdiges" Warten vor Ausländerbehörde Stuttgart mehr
Schon nachts lange Schlangen, unbearbeitete Aufenthaltstitel, Personalmangel - an der Stuttgarter Ausländerbehörde gibt es Kritik. Nun gibt es online Termine. Ist das die Lösung?
IHK-Chefin fordert weitere Digitalisierung der Abläufe
Auch Unternehmen waren sehr verärgert über die massiven Probleme bei der Stuttgarter Ausländerbehörde. "Gut ist sicherlich, dass das Problem bei der Stadt Stuttgart inzwischen eine gewisse Priorität gewonnen hat, auch in der Lösungsfindung", sagt Susanne Herre, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, heute. Seit September unterstützt die IHK die Ausländerbehörde beim beschleunigten Fachkräfteverfahren.
Aber beim Personalmangel und auch der Digitalisierung der Verfahren - Bereiche, bei denen die Stadt Stuttgart selbst eingreifen könne - sieht Herre nach wie vor großen Handlungsbedarf. "Das ist nicht damit getan, dass man die Schlange nun von der Straße ins Internet verlagert hat." Dazu brauche es ein klares Prozessmanagement.
Zudem sollten Herres Meinung nach digitale Abläufe ermöglicht werden. Hier bestehe aber natürlich das Problem, "dass die Digitalisierung der Stadtverwaltung generell nicht auf dem neuesten Stand ist." Der gute Wille zeige sich zwar, unter anderem weil das städtische Amt für Digitalisierung im nächsten Doppelhaushalt gut finanziell ausgestattet werde. Aber die Digitalisierung sollte jetzt mit erhöhter Geschwindigkeit "in der gesamten Stadtverwaltung die Prio Nummer eins haben".
Insgesamt sei die IHK Region Stuttgart aber schon zufrieden mit der Arbeit und der Zusammenarbeit. Luft nach oben gebe es noch bei den Verfahren Arbeitgeber-Wechsel oder dem Übergang von Ausbildung oder Studium in den regulären Job. Diese Verfahren seien nach wie vor noch sehr langsam, so Herre.
Das plant die Stadt für die Ausländerbehörde
Genau das plane Stuttgart, heißt es auf Nachfrage bei der Stadtverwaltung: eine professionelle Prozessanalyse. Man wolle beispielsweise die Onlineterminvereinbarung stufenweiser ausbauen, ein digitales Kontaktformular entwickeln und Sprachcomputer mit Übersetzungstools anschaffen. Zudem sollen im Laufe des Jahres 2024 neue Räume im Bollwerk am Berliner Platz bezogen werden. "Nach den Ad-hoc-Maßnahmen folgen jetzt strukturelle Maßnahmen", sagte Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler).
Hilfe von Seiten der Landesregierung
Helfen könnte auch die Initiative der baden-württembergischen Landesregierung - aber natürlich ist das keine kurzfristige, sondern eine mittel- und langfristige Hilfe. Geplant ist die Einrichtung einer zentralen Stelle zur Fachkräfte-Einwanderung zur Unterstützung der lokalen Ausländerbehörden. Diese solle vernetzen, bündeln und Know-How sichern. Die Verfahren beziehungsweise die Verfahrensdauer bei den 137 Ausländerbehörden des Landes würden demnach geprüft.
Verzweifelte Suche nach Personal Stadt Stuttgart plant Prämie gegen Fachkräftemangel: 1.000 Euro im Gespräch
Die Stadt Stuttgart will mit einer Prämie gegen den Fachkräftemangel vorgehen. 1.000 Euro sollen Mitarbeitende bekommen, wenn sie helfen, neue Beschäftigte anzuwerben.
Mitarbeiter sollen Mitarbeiter werben
Um weiterhin mehr Personal zu finden, sind die offenen Stellen bei der Ausländerbehörde jetzt dauerhaft ausgeschrieben. So können Bewerbungen ohne Fristen das ganze Jahr über entgegengenommen werden. Eine Personalmarketing-Kampagne widme sich jetzt gezielt dem Kernpublikum im Bereich öffentliche Ordnung. Außerdem plant die Stadt eine Prämie, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Haus die Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützen.