Mehrere Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat fordern die Stadtverwaltung dazu auf, dringend die Missstände in der Ausländerbehörde zu beheben. Lange Schlangen von Antragstellern und Berichte über schwere berufliche und persönliche Konsequenzen für Ausländer hatten für Schlagzeilen gesorgt.
Die CDU-Fraktion sieht die Möglichkeiten zur Lösung des Personalproblems nicht ausgeschöpft. Fraktionschef Alexander Kotz sagte dem SWR auf Nachfrage, er verstehe nicht, warum das Rathaus nicht nach Hilfe bei anderen Kommunen und Landratsämter in der gesamten Bundesrepublik frage.
Die Situation in Stuttgart sorge auch bei ihm in seinem Handwerksbetrieb für Ärger, wenn es um die Beschäftigung von Ausländern gehe, sagte Kotz als Inhaber eines Sanitär‐ und Heizungsbaubetriebes im SWR-Interview. Allerdings müsse man sehen, dass ein Grund für den Zustand eben der Personalmangel bei Behörden sei, sagte er.
Kotz empfiehlt, sich als Sofortmaßnahme zumindest besser um die Wartenden vor dem Amt zu kümmern - beispielsweise durch Essen und Getränke und bessere Informationen - "damit nicht jemand umsonst wartet, weil er möglicherweise in der falschen Schlange wartet." Der zuständige Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) setze die bereits gemachten Vorschläge nicht ausreichend um, kritisierte Kotz im Namen der CDU-Fraktion.
Ordnungsbürgermeister Clemens Maier hatte im SWR zuvor ausführlich Stellung bezogen:
Stadt Stuttgart: "Braucht Zeit, bis die Maßnahmen greifen" Stuttgart: Probleme bei Ausländerbehörde dauern weiter an
Die Kritik an der Situation bei der Stuttgarter Ausländerbehörde reißt nicht ab. Draußen werden die Schlangen immer länger, nicht wenige Menschen campieren nachts vor Ort. Die Stadt Stuttgart bittet weiterhin um Geduld. Ein Vor-Ort-Besuch.
Stuttgarter Grüne: "Menschen mit Angst werden alleingelassen"
Die Grünen im Gemeinderat finden die aktuelle Situation einer Stadt wie Stuttgart unwürdig. Die Verwaltungsspitze habe zugeschaut, wie sich die Zustände in der Behörde immer weiter zugespitzt habe - auch auf dem Rücken der Mitarbeitenden, heißt es in Stellungnahme der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Stuttgarter Rathaus, Petra Rühle und Björn Peterhoff. Vorschläge zur Verbesserung der Situation seien vielfach ignoriert und nicht umgesetzt worden. "Dass die Task Force erst vor einem Jahr, im August 2022, nach unserem interfraktionellen Antrag eingesetzt wurde, war viel zu spät", kritisiert Peterhoff.
Trotz Maßnahmen wie dem Ausbau der IT-Betreuung, mehr Sicherheitspersonal oder einer besseren IT-Ausstattung lasse die Online-Terminvergabe noch immer auf sich warten. Auch die telefonische Erreichbarkeit und Mailbeantwortung sind nicht gegeben und die räumliche Situation sei unhaltbar. Menschen würden mit ihren Existenzängsten allein gelassen, kritisiert Peterhoff.
Seine Fraktionskollegin Petra Rühle räumt ein, aufgrund der komplexen Rechtsmaterie beim Ausländerrecht sei die Einarbeitungszeit lang. "Ein Problem, das nicht kurzfristig zu lösen ist", sagt sie. "Es ist daher richtig und dringend notwendig, dass nun vorübergehend intern Personal in die Ausländerbehörde versetzt wird, um diese personell zu unterstützen", sagt Björn Peterhoff.
Chaos in der Verwaltung Meinung zur Stuttgarter Ausländerbehörde: "Beschämende Bilder"
Lange Schlangen vor dem Ausländeramt und keiner tut was - das passt nicht zu "The Länd" und muss sich dringend ändern, findet SWR Stuttgart-Studioleiter Axel Graser.
SPD fordert mehr Digitalisierung bei Ausländerbehörde
Kritik kommt auch von der SPD im Gemeinderat. Ihre Fraktionschefin Jasmin Meergans sagt, die Situation der Ausländerbehörde sei insbesondere für eine Stadt mit so vielen Ressourcen wie Stadt Stuttgart "mehr als unwürdig". Sie fordert mehr Digitalisierung der Arbeit innerhalb der Verwaltung. "Es wird zwar nicht gelingen, kurzfristig genügend Mitarbeiter*innen für die Ausländerbehörde zu gewinnen", sagt Meergans. Umso wichtiger sei es deshalb, die Mitarbeitenden dort zu entlasten, wo es nur gehe.