MVV spricht von "Zielkorridor"

Bis 2035 kein Gas mehr in Mannheim? Gemeinderat will Zeitpunkt offen lassen

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Autor/in
Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Der Mannheimer Energieversorger MVV plant, bis 2035 das Gasnetz abzuschalten. Der Gemeinderat hat sich am Dienstag dagegen ausgesprochen, ein festes Datum zu nennen.

Der Mannheimer Gemeinderat hat sich am Dienstagabend nach langer und teils hitziger Debatte mit großer Mehrheit gegen ein feststehendes Datum für den Ausstieg aus dem Gasnetz ausgesprochen. Streitpunkt war, dass der Mannheimer Energieversorger MVV im November vergangenen Jahres angekündigt hatte, dass er anstrebe, das Gasnetz bis 2035 stillzulegen. Dafür war die MVV mehrfach in die Kritik geraten. Kritik, die am Dienstag auch aus mehreren Fraktionen im Gemeinderat deutlich zu hören war.

Gas-Ausstieg: Bund soll soziale Härtefälle abmildern

Der Gemeinderat stimmte mehrheitlich außerdem dafür, die künftige Bundesregierung aufzufordern, eine EU-Richtlinie zum Gasbinnenmarkt möglichst schnell in deutsches Recht umzusetzen. Das sei wichtig für eine bessere Planungssicherheit. Zudem solle sich die neue Bundesregierung auch um Regelungen zur Abmilderung von sozialen Härtefällen kümmern. Weiter stimmte der Gemeinderat dafür, dass die MVV bis zur Umsetzung der EU-Richtlinie "keine einseitigen Schritte zur Stilllegung des Gasverteilnetzes in Mannheim ergreift". Die Stadträte begrüßten mehrheitlich auch die "Maßnahmen der Stadt und der MVV zu Information und Beratung" der Menschen - sowohl zu den Risiken beim Einbau einer neuen Gasheizung, als auch zu Alternativen wie ein Fernwärmeanschluss oder dem Einsatz einer Wärmepumpe.

MVV spricht nun mit Blick auf 2035 von einem "Zielkorridor"

Am Tag nach der Gemeinderatssitzung (19. März) teilte die MVV auf SWR-Anfrage mit, sie begrüße die Resolution des Gemeinderats. Das sei ein "starkes Signal, die Wärmewende in Mannheim gemeinsam weiter voranzubringen". Und: Das Jahr 2035 sei "für uns kein fixes Datum, sondern ein Zielkorridor". Es gebe zudem weder einen konkreten Stilllegungsbeschluss noch einen Stilllegungsplan für das Gasnetz.

MVV-Chef Georg Müller am Rednerpult im Mannheimer Gemeinderat
MVV-Chef Georg Müller am Rednerpult im Mannheimer Gemeinderat in der Sitzung am 18. März.

MVV-Chef: Gas-Ausstieg 2035 "nicht in Stein gemeißelt"

Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) hatte in seinem Antrag, der am Dienstagabend beschlossen wurde, mehrere Punkte aus Anträgen der verschiedenen Gemeinderatsfraktionen zusammengefasst. Zuvor hatte MVV-Vorstandschef Georg Müller am Rednerpult seine Einschätzung zum angestrebten Gasnetz-Rückzug bis 2035 erläutert. Dabei wiederholte er das, was er kürzlich auch schon bei der MVV-Hauptversammlung erklärt hatte: nämlich dass das Jahr 2035 als Termin für eine Abschaltung des Erdgasnetzes "nicht in Stein gemeißelt" sei. Das sei nur das Jahr, das man für eine Abschaltung "anstrebe". Müller sagte vor den Stadträten, die MVV habe sich dazu entschlossen, die Menschen frühzeitig darauf hinzuweisen, dass Heizen mit Erdgas "nicht zukunftsfest" sei.

Wenn wir jetzt nichts sagen, dann wird die Zahl derer, die ihre Gasheizung nur kurz nutzen können, größer werden.

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Kritik aus den Gemeinderats-Fraktionen an Vorgehen der MVV

Die Mannheimer Liste (ML) lehnte nach Müllers Erklärungen "die Zwangsabschaltung" des Gasnetzes ab. Die ML kritisierte zudem die aus ihrer Sicht mangelhafte Kommunikation der MVV, es wäre optimaler gewesen, "die Menschen in Mannheim besser mitzunehmen". Zudem müsse die Stadt als Mehrheitsaktionär der MVV Energie AG "bei derart weitreichenden Entscheidungen vorher beteiligt werden". Die CDU schloss sich dieser Kritik an und lehnte den Ausstieg aus dem Gasnetz bis 2035 ebenso "entschieden ab". Die Grünen machten in der Debatte dagegen klar, "die Zukunft der Wärmewende ist klimaneutral - ohne Erdgas". Es gebe Förderung und Betreuung für Menschen, die vor der Entscheidung stünden, einen Ersatz für ihre Gasheizung zu beschaffen - "niemand ist allein".

Die SPD sprach sich für die Einrichtung eines MVV-Hilfs-Fonds "für private und gewerbliche Härtefälle" aus. Also Menschen, die vom Abschalten des Gasnetzes "finanziell oder wirtschaftlich essenziell betroffen sind". Die AfD hatte beantragt, das Gasnetz überhaupt nicht stillzulegen und es auch nach 2035 in Betrieb zu halten. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

MVV: Art des Heizung wichtiger Faktor beim Klimaschutz

Die MVV begründete bereits im November 2024 den anvisierten Gas-Ausstieg unter anderem mit dem Klimaschutzgesetz, wonach Deutschland bis 2045 klimaneutral sein will. Dazu gehört auch der weitgehende Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas. Dazu hatte die MVV mitgeteilt, einer der "maßgeblichen Faktoren für den globalen Klimawandel ist der Wärmesektor". Genau dort also müsse man ansetzen, um die Klimaschutzziele nicht nur von Deutschland, sondern auch von der EU, dem Bund, dem Land und der Stadt zu erreichen. Laut dem Wärmeplan der Stadt Mannheim sollen künftig Fernwärme und Wärmepumpen die "vorrangigen Heizungsformen" sein. Die MVV will eigenen Angaben zufolge gerade vor diesem Hintergrund den "Umstieg von fossiler Energie auf eine CO2-freie Wärmeerzeugung" vorantreiben.

Warum die MVV in Mannheim nicht mehr auf Erdgas setzen will

Sowohl der Transport als auch die Nutzung von Erdgas führt laut der MVV zu einem CO2-Ausstoß, der "vermeidbar" sei. Dazu komme: Die CO2-Kosten stiegen aus Sicht des Energieversorgers in den kommenden Jahren an.

Da die Zahl der Gasnutzer sinkt, werden die Kosten des Gasnetzes auf immer weniger Nutzer umgelegt.

Deswegen strebe man an, das Gasnetz bis 2035 still zu legen. Dazu kommt der MVV zufolge eine bereits geltende EU-Gas-Binnenmarkt-Richtlinie. Die müsse bis 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden. Diese Richtlinie verpflichte die Gasnetz-Betreiber (wie die MVV) "Stilllegungspläne aufzustellen und der Bundesnetzagentur vorzulegen".

MVV bietet Beratung beim Tausch von Heizungen an

Die MVV bietet nach eigenen Angaben an, dass ihre Experten Hausbesitzer beraten, wenn die über einen Heizungswechsel nachdenken. Zudem stünden in diesem Fall, so die MVV, bereits jetzt "umfassende Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung". Zum Beispiel mit der staatlichen Bundesförderung durch die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und der Förderung der Stadt Mannheim. Für Unternehmen und Betriebe könnte laut MVV Wasserstoff künftig eine Alternative bei der Energieversorgung sein. Auch dafür gebe es Beratungsangebote.

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