Geselligkeit und Gaumenfreuden

Alle Jahre wieder: Weihnachtstrubel in einem Restaurant in Eggenstein-Leopoldshafen

Stand
Autor/in
Mirka Tiede
SWR-Reporterin steht in einem Großraumbüro

Bei den aktuellen Preisen auf den Speisekarten in Restaurants muss man inzwischen schlucken. Essen gehen ist teuer. Zu Weihnachten ist trotzdem wieder in der Gastronomie viel los. Einblicke in ein Gasthof im Kreis Karlsruhe.

Es ist Mittagszeit im "Landgasthof zum Goldenen Anker" in Eggenstein-Leopoldshafen (Kreis Karlsruhe). Alle Tische sind besetzt. Menschen, die sich mit Freunden treffen wollen. Eine Familienfeier, eine Firmenfeier - verschiedene Anlässe bringen die Gäste hierher. "Jetzt in der Vorweihnachtszeit ist es mir abends zu voll, da versuchen wir mittags zu gehen", sagt Gerhardt Jacobi, ein Gast im Restaurant.

Der Rentner gehe trotz der erhöhten Preise regelmäßig essen. Dasselbe gilt für seinen Tischnachbarn Achim Klein. Er schaue dabei schon auf das Geld, "allerdings mehr im Verhältnis, was bekomme ich für mein Geld - sprich Preis-Leistung."

Eine Frau und ein Mann sitzen auf einer Sitzbank an einem gedeckten Tisch in einem Restaurant.
Das Ehepaar Jacobi versucht in der Weihnachtszeit besonders mittags im Anker essen zu gehen. Denn abends ist es ihnen zu voll. Trotz gestiegener Preise gehen sie regelmäßig essen. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Frau mit Ohrringen und ein Mann mit Brille sitzen auf einer grauen Sitzbank.
Gaby und Achim Klein gehen lieber essen und sparen an anderen Stellen. Beim Gang in das Lokal achten sie wegen der erhöhten Preise darauf, dass das Preis-Leistungsverhältnis stimmt. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Ehepaar sitzt in einem Restaurant auf Stühlen an einem gedeckten Tisch.
Mathias Trisch und seine Frau gehen immer noch essen, aber nicht mehr so häufig wie früher. Sie wollen die Gastronomie unterstützen. Bild in Detailansicht öffnen

Restaurantbesuche ballen sich vor Weihnachten

Weihnachtsfeiern, Restaurantbesuche oder einfach nur Treffen mit Freunden häufen sich besonders vor Weihnachten. "Ich denke, zum Ende des Jahres sagt man: 'Jetzt treffen wir uns noch mal!'", bemerkt Restaurantbesucherin Ulrike Jacobi. "Dann staut es sich doch zum Schluss." Auch bei Gaby Klein werde es die letzten zwei Wochen vor Weihnachten immer extrem. "Man hat ja eigentlich das ganze Jahr Zeit", lacht sie. "Aber irgendwie hat man immer am Ende des Jahres das Bedürfnis, sich zusammenzusetzen."

Gaby Klein schätze es, im Lokal verwöhnt zu werden und probiere gerne neue Gerichte aus. Sie gebe dafür auch gerne Geld aus und spare lieber an anderen Dingen. An einem anderen Tisch sitzt Mathias Trisch. Er gehe vielleicht nicht mehr so häufig wie früher essen, aber immer noch. "Man muss ja die Wirtschaft, die Gastronomie unterstützen." Und gute Lokale gebe es immer weniger.

In der Küche des Landgasthofes "Zum Goldenen Anker" in Eggenstein-Leopoldshafen (Kreis Karlsruhe) stehen zwei Köche und kochen.
Die Köche des Landgasthofes "Zum Goldenen Anker" haben in der Weihnachtszeit mittags viel zu tun.

Nicht nur an Weihnachten: Großes Team arbeitet in Eggenstein-Leopoldshafen

Auch in der Küche ist viel los. Salate werden angerichtet, Zucchini in der Pfanne und Kartoffeln auf einer heißen Grillplatte angebraten. Pommes frittiert und vegetarische Burger gegrillt. "Wir sind den ganzen Dezember mittags voll. Sonst war das die Monate davor nicht so der Fall. Da war es auch ab und zu mal voll, aber nicht durchgehend", sagt der Koch Armin Radtke. Anders sei das hingegen abends. "Da ist es eher die Ausnahme, wenn es mal nicht voll ist."

In der Zeit vor Weihnachten ist viel zu tun. Dennoch müsse man sich die Zeit zum Durchschnaufen nehmen. "Ich habe zum Glück ein so großes Team, also kann ich auch mal ein, zwei Tage die Woche frei machen", erklärt Radtke. "Also das braucht man dann auch zum Regenerieren, vor allem wenn man schon ein bisschen älter ist wie ich."

Ein Koch holt einen Veggi-Burger-Patty aus einem kleinen Grill.
Koch Armin Radtke holt einen Veggi-Burger vom Grill

Weniger Leute wollen in den Service

"Wir könnten mehr machen, wenn wir noch mehr Mitarbeiter hätten", sagt die Besitzerin des Gasthofes, Stephanie Radtke. Neben dem Restaurant betreibt die Familie noch ein Hotel. Der Frühstücksraum könnte für mehr Gäste genutzt werden. Aber noch mehr Personal zu bekommen sei schwer.

Dabei sei das Restaurant in dem Bereich bereits gut aufgestellt. 26 Personen arbeiten zur Weihnachtszeit im Restaurant, davon zehn Aushilfen. Die meisten Mitarbeiter seien teilweise schon über zehn Jahre im Anker. Teilweise seien sie wiedergekommen, manche sind nach der Ausbildung gleich geblieben. "Ich bin auch sehr stolz, dass sie alle noch da sind", sagt Stephanie Radtke.

Nicht nur ein gutes Team, sondern ein tolles Team!

In der Küche sei es für die Gastwirtin kein Problem, Personal oder auch Nachwuchs zu finden. Das Problem bestehe eher im Service. "Wir haben es vielleicht noch nicht richtig geschafft, die Berufe noch cooler zu gestalten oder zu präsentieren. Da sind wir aber gerade dran." Die Ausbildungsberufe seien in der Branche gerade erst überarbeitet worden. "Geben Sie uns noch ein bisschen Zeit, dann kriegen wir das in den Griff."

Stephanie Radtke steht im Essensraum ihres Restaurants, dem "Landgasthof zum Goldenen Anker", mit Blick zur Kamera vor einem Tisch mit Menschen.
Gasthofbesitzerin Stephanie Radtke, ihre Familie betreibt das Restaurant schon seit 1726.

DEHOGA-Landesvorsitz: "In der Gastronomie herrscht Alarmstufe Rot"

Der Anker hat in der aktuellen Situation Glück gehabt. Den meisten Restaurants und Betrieben geht es momentan nicht so gut. "In der Gastronomie unseres Landes herrscht Alarmstufe Rot", sagte der Landesvorsitz des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) von Baden-Württemberg, Fritz Engelhardt, in einer Rede Ende November. "Viele Betriebe haben schon aufgegeben, andere stehen mit dem Rücken zur Wand." Als Hauptgrund nennt er die "fatale Erhöhung der Gastro-Mehrwertsteuer auf Speisen von 7 auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024". Es sei eine Entscheidung gegen alle guten Argumente gewesen.

Jetzt seien die Schäden in voller Härte eingetreten, die die DEHOGA vorausgesagt hätte. Laut einer Umfrage der DEHOGA schafften es nicht einmal 15 Prozent der Betriebe, die Preiserhöhung, die aufgrund der höheren Steuern dringend notwendig wären, am Markt durchzusetzen. Der Rest zahle drauf, streiche Investitionen, kürze an Öffnungszeiten oder schließe gleich ganz. Es brauche eine Wende von einer Politik der Gängelung und Überregulierung hin zu einer Politik, die Unternehmertum wieder wertschätzt und fördert, so Fritz Engelhardt in seiner Rede.

Baden-Württemberg

"Abhängig von der Autoindustrie" DEHOGA-Chef: Wirtschaftsflaute belastet Gastgewerbe in BW

Die schwache Konjunktur trifft auch Restaurants, Imbisse und Cafés in Baden-Württemberg: Laut Gaststättenverband DEHOGA sinken die Umsätze. Für die Gäste könnte das Folgen haben.

Stephanie Radtke: Gäste verzichten eher auf Gang als auf Restaurantbesuch

Auch Stephanie Radkte musste die Erhöhung der Mehrwertsteuer seit Anfang des Jahres auf die Preise für das Essen umlegen. "Im Moment merken wir, dass eher auf einen Gang verzichtet wird", sagt sie, zum Beispiel auf die Vorspeise oder das Dessert. Das gelte auch jetzt in der Weihnachtszeit. Mit den zahlreichen Veranstaltungen müsse man auch als Privatperson schauen, dass das Geld beisammen bleibt, erklärt sie. "Aber es wird nicht auf den Restaurantbesuch verzichtet. Und das freut uns natürlich auch."

Warum geht es dem Anker in der aktuellen Krise noch so gut? Da ist sich Stephanie Radtke nicht so sicher. Möglicherweise liege es an der Historie. "Der Anker war schon immer in Eggenstein", erinnert sie sich. Seit 1726 sei das Restaurant im Familienbesitz und werde von Generation zu Generation weitergegeben.

"Es fängt an mit einer Taufe, dann kommt Kommunion, Konfirmation, Hochzeit, Silberhochzeit, Goldene Hochzeit. Und wir begleiten die Familien durch ihr Leben." Viele der Kundinnen und Kunden habe Radtke bereits als Kinder kennengelernt. Und jetzt hätten sie im Anker geheiratet. "Diese Beständigkeit ist unser Ding. Wir machen einfach weiter, jeden Tag aufs Neue."

Mehr über die Lage in der Gastronomie

RLP

Gebühren in Gastro und Einzelhandel Wenn No-Show oder "Beratungsdiebstahl" Kunden etwas kosten

Einen Tisch im Restaurant reservieren und einfach nicht kommen. Sich im Laden lange beraten lassen und dann nichts kaufen oder online bestellen. Viele Gastronomen und Händler wollen sich das nicht mehr gefallen lassen. 

Kirchheimbolanden

Hohe Mehrwertsteuer, teure Lebensmittel & Co. Immer mehr Restaurants im Westen der Pfalz schließen

Immer mehr Gastronomen müssen auch in der Westpfalz ihr Restaurant aufgeben. Woran das liegt? Vor allem an der Mehrwertsteuer, so der Hotel- und Gaststättenverband Rheinland-Pfalz.

SWR4 RP am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Lockangebote, weniger Gewinn Teure Preise - weniger Gäste: Wie geht es weiter in der Gastronomie?

Die Restaurantpreise sind gestiegen - trotzdem bleibt nicht mehr Geld in der Kasse der Gastronomen, denn es gehen weniger Leute essen. Was Wirte versuchen, um die Gäste zu halten.

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.