Die Räte haben mit großer Mehrheit eine entsprechende Willensbekundung abgegeben. Am Dienstagabend stimmten 33 der 40 Gemeinderäte für eine generelle Ablehnung einer Erstaufnahmeeinrichtung (EA). Wochenlang hatte Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) für eine Erstaufnahmeeinrichtung geworben, weil der Stadt im Gegenzug keine Flüchtlinge mehr für die dauerhafte Unterbringung zugewiesen würden – das sogenannte LEA-Privileg.
Klare Absage an Oberbürgermeister
Doch am Ende unterstützten Boch nur wenige Gemeinderäte. Die Mehrheit lehnte aus den unterschiedlichsten Gründen ab. Die einen trauen den Zusagen des Landes nicht, andere sprechen von Überforderung der Bürgerschaft, halten den Standort für ungeeignet oder sind grundsätzlich gegen die Unterbringung von Geflüchteten in Massenquartieren. Damit wird es aller Wahrscheinlichkeit nach keine EA in Pforzheim geben, weil das Land Baden-Württemberg beteuert hatte, solche Pläne nur mit Einverständnis der Kommunen umzusetzen.
Justizministerium: EA nicht gegen den Willen der Kommunen umsetzen
Ministerin Marion Gentges (CDU) war vor einer Woche nach Pforzheim gefahren, um auf einer Info-Veranstaltung für die Pläne zu werben. Doch die Skepsis der Bürgerinnen und Bürger war wohl zu groß. An das Votum des Gemeinderates ist das Land zwar nicht gebunden. Aber eine gute Abstimmung mit der Standortkommune sei wichtig, hatte das Justizministerium immer betont. Nun wolle man das Ergebnis der Gemeinderatssitzung in die weitere Prüfung mit einbeziehen, sagte ein Ministeriumssprecher am Dienstagabend.
Schon in den Monaten zuvor hatte es in der Stadt heftige Diskussionen über das Für und Wider einer Erstaufnahme gegeben. Konkret ging es um eine entsprechende Immobilie auf einem Industriegelände der Stadt - das leerstehende Versandhausgebäude der Firma Bader.
Oberbürgermeister Boch hatte für EA in Pforzheim geworben
Die Idee, EA-Standort zu werden, war von Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) ausdrücklich unterstützt worden. Eine Kommune, die zum Standort wird, bekommt weniger Geflüchtete für die vorläufige kommunale Unterbringung zugewiesen und demzufolge auch weniger für die Anschlussunterbringung.
Gentges hatte sogar in Aussicht gestellt, der Stadt mit Inbetriebnahme der Erstaufnahmeeinrichtung gar keine neuen Asylsuchenden mehr zuzuweisen. Im Land gibt es derzeit mehr als zehn Aufnahmestandorte, darunter das Ankunftszentrum in Heidelberg, in dem bis zu 2.000 Menschen untergebracht werden können, sowie vier Landeserstaufnahmestellen (LEA) und fünf sogenannte Erstaufnahmestellen (EA).
Suche nach geeigneten Liegenschaften wird zur Daueraufgabe
Insgesamt verfügt das Land den Angaben nach über rund 13.200 Plätze für Geflüchtete. Die Suche nach Liegenschaften für die Flüchtlingserstaufnahme sei in Anbetracht der anhaltend hohen Zugangszahlen zu einer Daueraufgabe des Landes geworden, heißt es aus dem Justizministerium. Die Entscheidung aus Pforzheim will der Oberbürgermeister dem Land persönlich mitteilen. Wie es dann weitergeht, ist offen.