So übersteht Angie den Winter

Frauen auf der Straße: Wohnungslose trotzt in Heilbronn der Kälte

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Autor/in
Raphael Moos
Raphael Moos (SWR)

In Heilbronn hat die Zahl wohnungsloser Menschen in den letzten Jahren zugenommen. Angie ist eine von ihnen, auch sie muss draußen irgendwie mit der Kälte klarkommen.

In Heilbronn leben etwa 40 Menschen auf der Straße, schätzt die Hilfsorganisation Aufbaugilde. In ihre Beratungsstelle kommen jährlich etwa 800 Personen. Die Zahl steigt stetig an.

"Nennt mich Angie", sagt die kleine Frau leise. Ihren richtigen Namen möchte sie nicht öffentlich nennen. Sie ist 53 Jahre alt und seit Mitte letzten Jahres obdachlos. Ihr Vermieter hat sie rausgeschmissen, seitdem schlägt sie sich so durch.

Obdachlos im Winter: Jeden Tag der Kälte trotzen

Der dicke Schal ist eng um den Hals geschlungen. "Ich kämpf' noch mit den Folgen einer Erkältung", sagt sie sanft und lächelt. Sie erzählt vom Druck auf der Straße, jeden Tag Plätze zum Aufwärmen und Schlafen finden oder organisieren zu müssen. "Entdeckt uns die Polizei, weckt sie uns und schickt uns weg", sagt sie.

Alle Ringe an den Fingern waren weg, selbst die, die festsaßen.

Auch seien sie und ein Freund nachts schon von Unbekannten beklaut worden. Die teils klirrende Kälte setzt ihr körperlich zu, unter anderem reagierte schon ihre Haut mit Ausschlägen.

Keine Angst vor dem Erfrieren

Einen warmen Platz zum Frühstücken oder Mittagessen bietet der Gildetreff der Aufbaugilde. Hier ist Angie gern, auch im Erfrierungsschutz der Einrichtung am Freibad Neckarhalde hat sie schon übernachtet. Das Gehen fällt ihr aufgrund entzündeter Nervenbahnen schwer. Ihre Schwester hat ihr deshalb einen E-Roller geschenkt. Angst vor dem Erfrieren hat sie nicht. "Die Kälte macht müde, dann kann ich irgendwann nicht mehr und schlafe ein, mein Schlafsack ist sehr gut."

Manchmal gibt es auch schöne Momente

Trotz aller negativen Erfahrungen nachts auf der Straße erinnert sie sich auch an schöne Momente. Einmal sei sie in der Nähe einer Tankstelle auf dem Bordstein eingeschlafen, weil sie nicht mehr weitergehen konnte. Am nächsten Morgen stand neben ihr eine Thermoskanne mit Kaffee. An ihrer Jacke steckte ein 10-Euro-Schein, sagt sie und strahlt.

"Angie" kennt das Leben auf der Straße, besonders hart ist es im Winter.
"Angie" kennt das Leben auf der Straße, besonders hart ist es im Winter.

"Lasst doch wenigstens ein warmes Loch!"

Das Risiko, Opfer sexueller Übergriffe oder von Gewalt zu werden, ist für wohnungslose Frauen groß. Bislang habe sie aber keine solchen negativen Erfahrungen gemacht, sagt Angie. Wichtig sei es, draußen vor allem nachts nicht allein unterwegs zu sein. Sie ärgert sich über ein Haus, das abgerissen wurde. Hier hätten doch Obdachlose nachts schlafen können, meint sie. "Lasst doch wenigstens ein warmes Loch!"

Wenn jemand einem Menschen auf der Straße im Winter etwas Gutes tun möchte, "fragt ihn, was er braucht", rät Angie. Alles, was wärmt, sei gut: eine warme Brühe, Decken, Kaffee, heißer Kakao.

Angie hofft auf eine neue Bleibe und einen Job

In Heilbronn besucht sie gerne ihre 18-jährige Tochter. Die lebt bei ihrer Nichte und macht eine Ausbildung, erzählt die Mutter stolz. Angie selbst hofft, durch die Eingliederungshilfe einen Job zu finden. Sie wünscht sich eine eigene Wohnung. Zurzeit stünden die Chancen nicht schlecht. Für einige Wochen oder Monate könnte sie von der Aufbaugilde eine Bleibe vermittelt bekommen. Man müsse immer nach vorne blicken.

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