Am weltweiten Klima-Aktionstag hat die Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) erneut versucht, Druck auf die Politik für einen schnelleren Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zu machen. Laut Fridays for Future waren dazu am Freitag in Deutschland mehr als 200 Demonstrationen und Kundgebungen geplant, mindestens 45 davon in Baden-Württemberg. "Wir erwarten mehrere Tausend Menschen auf der Straße", sagte ein Sprecher von FFF Baden-Württemberg dem SWR.
Eine der größten Kundgebungen gab es am Vormittag in Freiburg. Laut Polizei kamen dort rund 3.500 Menschen zusammen. Ein Sprecher von Fridays for Future hatte im Vorfeld von 8.000 erwarteten Menschen gesprochen. Bei der Kundgebung auf dem Rathausplatz wiederholten Aktivistinnen und Aktivisten des dort ansässigen Klimacamps ihre Forderungen zur Kommunalwahl 2024. Ihrer Meinung nach soll beispielsweise der öffentliche Personennahverkehr kostenlos werden. Am Nachmittag gab es noch einen Demonstrationszug durch die Stadt.
Zahlreiche Protestaktionen in BW-Städten
In Karlsruhe wurden rund 2.000 Menschen bei einer Kundgebung erwartet - laut Polizei kamen jedoch nur 1.500. Die Stadt rechnete mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen. Zur Demonstration in Tübingen kamen laut der Ortsgruppe von Fridays for Future etwa 2.100 Demonstrantinnen und Demonstranten, die Polizei sprach dagegen von nur 1.800 Menschen.
In Stuttgart startete FFF einen Demonstrationszug am Schlossplatz. Nach Angaben von Fridays for Future lag die Teilnehmerzahl zwischen 6.000 und 8.000 - eine SWR-Reporterin vor Ort zählte dagegen nur rund 2.500 Menschen auf dem Schlossplatz. In Heilbronn kamen laut Polizei rund 180 Menschen zusammen - gut 100 von ihnen kamen mit dem Fahrrad. Ihr Demonstrationszug am blockierte gegen 16:45 Uhr für rund zehn Minuten den Verkehr vor dem Wollhaus in der Innenstadt. Auch am Bodensee und in Oberschwaben fanden Protestaktionen statt, ebenso in Mannheim und Heidelberg.
Schneller Ausstieg aus fossiler Energie gefordert
Der globale Klimastreik steht unter dem Motto #EndFossilFuels und soll von Freitag bis Sonntag dauern. Die Klimaaktivistinnen und -aktivisten fordern den schnellen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. Aus ihrer Sicht ergreift die Politik nicht die notwendigen Maßnahmen, um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen. "Am 15. September werden wir mit allen Generationen und Berufsgruppen von allen Seiten Druck auf die Regierung machen, das anti-ökologische Herumgehampel zu beenden und stattdessen ein Klimageld einzuführen und das Klimaschutzgesetz zu verschärfen", so die FFF-Aktivistin Luisa Neubauer.
Klimaschutzziele kaum zu erreichen
Das sogenannte Klimageld ist im Koalitionsvertrag der Ampelregierung festgeschrieben. Es soll steigende Preise für den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen sozial ausgleichen. Das geltende Klimaschutzgesetz sieht vor, dass Deutschland seine Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert und bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral ist. Die Klimaziele der baden-württembergischen Landesregierung sehen die Treibhausgas-Neutralität sogar schon fünf Jahre früher vor. Doch sowohl der Bund als auch das Land drohen ihre Ziele zu verfehlen.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte kürzlich die aktuelle Klimabilanz im Land:
Neben dem Ausstieg aus den fossilen Energien und der Einführung eines Klimagelds fordert Fridays for Future eine Verschärfung des Klimaschutzgesetzes, höhere Investitionen in den ÖPNV und ein Ende fossiler Subventionen. 65 Milliarden Euro fließen in Deutschland jährlich in Vergünstigungen wie Dieselprivileg, Steuerfreiheit für Kerosin oder Dienstwagen. Das zeigt die Studie des Umweltbundesamts über "klimaschädliche Subventionen".
Beschäftigte von rund 2.000 Unternehmen wollten daher am Freitag gemeinsam mit Fridays for Future auf die Straße gehen, um diese Art der Subventionen zu beenden. Unterstützung bekommen die Klimaaktivisten auch von den Kirchen, die ebenfalls zur Teilnahme an dem Aktionstag aufgerufen haben.
Vor fünf Jahren erste Proteste Fridays for Future: "Kampf für Klimagerechtigkeit ist ein Marathon"
Seit fünf Jahren gibt es Fridays for Future. Die Bewegung habe sich verändert - und das ist gut so, sagt die Stuttgarter Aktivistin Valeria Anselm im SWR-Interview.
Emissionen weltweit auf neuen Höchststand
Trotz aller Klimaschutz-Versprechen der vergangenen Jahre haben die weltweiten Emissionen nach Zahlen der Internationalen Energie-Agentur 2022 einen neuen Höchststand erreicht. Schon jetzt hat sich die Welt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um etwa 1,1 Grad erwärmt. In Deutschland ist es sogar um 1,6 Grad wärmer. Die acht wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen waren die vergangenen acht.
Es ist der inzwischen 13. globale "Schulstreik fürs Klima". Die Bewegung wurde vor fünf Jahren von der Schwedin Greta Thunberg ins Rollen gebracht. Am letzten globalen Klima-Aktionstag am 3. März hatten nach Schätzungen der Bewegung allein in Deutschland mehr als 220.000 Menschen teilgenommen.
FFF hat Einstellung der Deutschen nicht grundlegend verändert
Die Einstellung der Deutschen zu Klima- und Umweltfragen hat Fridays for Future einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap zufolge bisher aber nicht grundlegend ändern können. Für drei Viertel der Deutschen hatten die Demonstrationen wenig oder sogar gar keinen Einfluss auf ihre persönliche Einstellung zu Klima- und Umweltfragen, wie aus dem "Deutschlandtrend" im ARD-Morgenmagazin hervorgeht. Nur 23 Prozent fühlen sich von der Bewegung stark oder sehr stark beeinflusst.
Dennoch findet eine Mehrheit der Deutschen laut einer anderen Umfrage Demonstrationen für den Klimaschutz gut. In dem am Freitag veröffentlichten neuen ZDF-Politbarometer unterstützten 65 Prozent die Klimademonstrationen, 29 Prozent finden sie hingegen nicht gut.