Ein zur Tatzeit 22 Jahre alter Mann steht seit Montagmorgen erneut vor dem Landgericht Konstanz. Er soll im Januar 2023 eine junge Mutter aus Stockach (Kreis Konstanz) getötet haben. Er war wegen Totschlags zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Staatsanwaltschaft und Nebenklage gingen aber in Revision und wollen eine Verurteilung wegen Mordes erreichen.
Das Landgericht Konstanz hatte es im ersten Prozess als erwiesen angesehen, dass der Mann seine damals 24-jährige Freundin nach einem Streit in ihrer Wohnung in Stockach gewürgt, dann mit einem Ladekabel erdrosselt und die Leiche über den Balkon geworfen hat. Dies hatte der Angeklagte zugegeben.
Ermittler sagt aus: "Große Kälte ausgestrahlt"
Der Prozessauftakt findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Alle Besucherinnen und Besucher wurden vor Betreten des Gerichtssaals durchsucht. Der heute 24-Jährige wurde mit Fußfesseln in den Saal geführt. Der Angeklagte schilderte vor Gericht erneut die Bluttat vom Januar 2023: Erst habe es einen handfesten Streit mit seiner Partnerin gegeben, dann gegenseitiges Schubsen. Schließlich habe er im Affekt die Frau mit einem Kabel erdrosselt und über den Balkon ins Gestrüpp darunter geworfen.
Bei der Vernehmung eines Polizisten kommen allerdings starke Zweifel an der Affekt-Version auf. Wegen einer Vermisstenmeldung habe er den 24-Jährigen nach der Tat in fröhlicher Trinkrunde in der Wohnung angetroffen. Dabei habe der Angeklagte eine "große Kälte" ausgestrahlt.
Freundin getötet und vom Balkon geworfen: Kein Alkohol, keine Drogen
Im ersten Prozess hatte der Angeklagte erklärt, er sei gestresst gewesen, weil seine Freundin ihm Vorwürfe gemacht habe. Warum er aber derart die Kontrolle verloren habe, konnte er nicht erklären. Drogen oder Alkohol spielten bei der Tat laut Blutanalyse keine Rolle. Eine Persönlichkeitsstörung, psychische Erkrankung oder verminderte Schuldfähigkeit konnte der Gutachter nicht feststellen.
Angeklagt war der Mann schon in der ersten Hauptverhandlung wegen Mordes. Die Staatsanwaltschaft hatte damals eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Das Gericht wertete die Tat jedoch, wie der Anwalt des Angeklagten, als Totschlag. Es konnte laut Urteil weder niedere Beweggründe noch Heimtücke in der Tat erkennen - und damit keine Mordmerkmale.
Doch Mord? BGH hebt Urteil wegen Totschlags auf
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil dann im Januar 2024 auf. "Die Begründung, mit der das Landgericht die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe verneint hat, hält jeweils rechtlicher Überprüfung nicht stand", so der BGH in seiner Entscheidung.