Sonnenhungrige sitzen am sogenannten Malereck unter ihren Sonnenschirmen. Der Sommer lockt viele Gäste in die Touristenhochburgen, etwa an den Bodensee.

Ruf nach mehr Regulierung

Experte sieht teilweise "Übertourismus" in BW - Top-Attraktionen beschränken?

Stand

Orte am Bodensee und im Hochschwarzwald ächzen unter Besucherströmen, anderswo im Land wünschen sich Hotels mehr Gäste. Anders als Experten sieht das Land wenig Anlass einzugreifen.

Touristenmagnete in Baden-Württemberg sollten nach Ansicht von Fachleuten stärker reguliert werden. An manchen Tagen könne man an Orten mit den bekanntesten Attraktionen durchaus von einem "Übertourismus" sprechen, findet der Tourismusexperte Christian Buer von der Hochschule Heilbronn. Das Bodenseeufer, der Hochschwarzwald oder Städte wie Konstanz und Heidelberg seien jedoch "noch weit davon entfernt, was wir in Barcelona erleben zum Beispiel, wo sie wirklich einen großen Übertourismus haben", sagte Buer in der SWR-Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg".

Wir müssen aber achtsam sein.

Buer schlägt vor, zum Beispiel nur noch eine bestimmte Zahl an Eintrittskarten anzubieten.

Ministerin Hoffmeister-Kraut: Entscheidung vor Ort

Beschränkungen vor Ort oder Eintrittskarten, sogar limitiert, für Touristenmagnete in Baden-Württemberg? Die baden-württembergische Wirtschafts- und Tourismusministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hält das für möglich, möchte es aber in der Entscheidung der Kommunen belassen.

Wir stellen fest, (...) dass es an bestimmten Tagen, an bestimmten Orten, zu Spitzen kommt, das ist so. Die sind erwartbar und auch wetterabhängig. Da muss man sich drauf einstellen. Hier müssen vor Ort die Kommunen, die Städte, entscheiden, wie sie sich aufstellen und regulieren.

Wichtig ist es nach Ansicht der Ministerin, dass der Tourismus verträglich für die Menschen vor Ort ist. Die Kommunen und Städte müssten entscheiden, wann hier Grenzen erreicht seien und Maßnahmen nötig sind.

Kleinstadt Ellwangen hofft auf Förderungen

Insgesamt hat Baden-Württemberg das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht, und mit knapp 58 Millionen Übernachtungen wurde 2023 ein neuer Rekord aufgestellt. Doch während der Bodensee und andere Orte im Land teils unter Besucherströmen ächzen, sieht sich das Gastgewerbe in anderen Regionen wie Hohenlohe oder der Ostalb eher einem anderen Problem gegenüber.

Ellwangen beispielsweise gehört zu den Regionen, die kaum von dem Tourismusboom im Land profitieren können. Die idyllische Stadt am Rande der Ostalb verfügt über ein Schloss, bedeutende Kirchenbauten aus der Romanik und dem Barock. Kultur, Geschichte, Natur - nur die Besucherinnen und Besucher fehlen. Insgesamt sind im Ostalb-Kreis die Beherbergungsbetriebe lediglich zu 26,2 Prozent ausgelastet, das sind 13 Prozent weniger als im Landesdurchschnitt.

Tourismusministerin: Keine Extra-Förderung für Regionen

Die Verantwortlichen im Ostalbkreis wünschen sich angesichts des Besuchermangels deshalb mehr Unterstützung vom Land.

Wir könnten durchaus mehr Förderung vertragen.

Sollte also das Land mehr Geld investieren, damit mehr Besucherinnen und Besucher auf die Ostalb reisen? Ministerin Hoffmeister-Kraut sieht hierfür keine Notwendigkeit. Das Land gebe viel Geld für die Vermarktung des ganzen Landes aus, sagte sie in "Zur Sache Baden-Württemberg". Mit dem Programm "Kleinstadt-Perlen" sollten zwar gezielt neue Touristengruppen angesprochen werden, vermarkten müssten sich die einzelnen Regionen dann aber selbst, findet sie.

Doch ob das gelingen kann, bezweifelt Tourismus-Experte Christian Buer von der Hochschule Heilbronn. Er sieht touristisch bisher kaum beachtete Regionen wie die Ostalb auf einem langen, harten Weg und fordert im Gegensatz zu Hoffmeister-Kraut höhere Zuschüsse.

Die Fördermittel müssten um ein X-Faches höher liegen.

Buer findet, der Wirtschaftsfaktor der Tourismusbranche könnte deutlich höher sein, wenn es gemeinsame, überregionale Vermarktungsstrategien gäbe. Denn von einem florierenden Tourismus würden alle profitieren, auch die Anwohner, sagt er.

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