Nach dem verheerenden Erdbeben im Grenzgebiet der Türkei und Syriens laufen die Bergungsarbeiten weiter. Auch aus Baden-Württemberg versuchen Menschen zu helfen. Die Zahl der registrierten Todesopfer ist inzwischen auf 22.000 (Stand: Freitag, 10.02., 17:15 Uhr) gestiegen, Zehntausende werden noch in den Trümmern vermutet, es ist extrem kalt. Und dennoch finden Helferinnen und Helfer vor Ort immer noch Überlebende. Am frühen Freitagmittag wird eine Verschüttete im türkischen Erdbebengebiet nach über 100 Stunden lebend geborgen.
Serkan Eren von der Stuttgarter Hilfsorganisation STELP ist vor Ort im Erdbebengebiet im türkisch-syrischen Grenzgebiet.
Aus Antakya berichtet er am 9. Februar im SWR-Fernsehen von den Bergungsarbeiten unter schwierigen Bedingungen:
Nach der Bergung die Versorgung: Wie den Menschen vor Ort helfen?
Neben den Bergungsarbeiten ist die Versorgung der Überlebenden vor Ort die nächste Herausforderung. Aus der ganzen Welt sind Hilfsgüter auf dem Weg ins Erdbebengebiet. Auch in Baden-Württemberg sammeln Freiwillige und Menschen, die Angehörige in den Erdbebengebieten haben, Sachspenden. Die Spendenbereitschaft ist so groß, dass der Transport all der Kartons einiges an Logistik erfordert.
In den letzten Tagen hat Deniz Kirals fast ununterbrochen telefoniert. Seit Dienstag organisiert er mit seinen Helferinnen und Helfern die Sachspenden der Alevitischen Gemeinde in Stuttgart. Der Schock sitzt ihnen noch in den Knochen. Viele haben Familie und Freunde in den betroffenen Gebieten. Sie wollen so schnell wie möglich helfen.
Fadime Onay ist einer der Helferinnen. Sie erzählt: "Wir wissen, dass es den Leuten nicht gut geht: Ich höre ständig: 'Meine Tante sagt, es ist kalt, es ist kalt, die Kinder frieren. Meine kleine 7-jährige Cousine sagt: Ich friere, ich habe Kopfschmerzen."
Sie haben viel gesammelt, doch seit Mittwoch ist Annahmestopp. Fünf Lkw aus der Region Stuttgart sind voll, haben sich ohne diese Kartons auf den Weg in die Türkei gemacht.
Deniz Kiral will abwarten, ob die Hilfe auch ankommt. Zoll, Grenzübergänge, die Koordination vor Ort: Viele Fragen sind offen: "Die letzten Nachrichten waren so, dass die Lkw, wenn sie unten ankommen, direkt von der Katastrophenschutzbehörde angenommen werden. Da wissen wir aber nicht - wo kommen die Sachen hin?"
Kommt die Hilfe auch an? Ein Institut prüft Hilfswerke
Wer hilft, will, dass seine Hilfe ankommt. Vor allem in den Sozialen Netzwerken rufen zahlreiche Organisationen und Privatleute zu Sachspenden auf. Doch welche davon sind seriös? Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen prüft Hilfswerke auf ihre Vertrauenswürdigkeit, vergibt ein entsprechendes Siegel - und rät zu Geldspenden.
Burkhard Wilke ist Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen. Er erklärt, dass Geldspenden im Gegensatz zu Sachspenden flexibler eingesetzt werden können. "Sie sind schneller am Ort und es fallen auch keine Transportkosten an." Für Sachspenden seien lokale Initiativen eine gute Adresse. Dort, wo man sich persönlich kennt und das Vertrauen groß ist.
Einsatz im türkisch-syrischen Erdbebengebiet Warum Geld mehr hilft als Sachspenden
Die Not ist groß im türkisch-syrischen Erdbebengebiet. Wer helfen will, sollte besser Geld spenden, heißt es von der Hilfsorganisation STELP e.V. aus Stuttgart.
Helfer aus BW hoffen, nicht auf Sachspenden sitzen zu bleiben
Deniz Kiral und seine Helferinnen und Helfer von der Alevitischen Gemeinde Stuttgart versuchen jetzt privat einen Lkw für die verbliebenen Kartons zu organisieren. Sobald sie die Genehmigung des Türkischen Konsulats haben, wollen sie losfahren.
Er hofft, nicht am Ende auf den Sachspenden sitzen zu bleiben, die im Erdbebengebiet so dringend gebraucht werden. Alle wollten helfen, wollen, dass ihre Spende auch ankommt. Wenn man dann vor Hindernissen stehe, sei das ein Schock. Auch Kiral sagt: das Beste seien Geldspenden.
Auch in Rottenburg hat ein türkischer Lebensmittelhändler über die sozialen Netzwerke zu Spenden aufgerufen - doch bereits nach einem Tag war sein Lager voll. Die Stadt half mit zusätzlichen Räumlichkeiten aus, doch auch die platzen inzwischen aus allen Nähten, so der Händler. In Rottenburg werden deshalb nur noch Geldspenden entgegengenommen.
Ähnliche Probleme kennen die ehrenamtlichen Helfer im Reutlinger Auto-Center "Autogalerie". Hier sollten inzwischen nur noch Baby- und Kleinkindartikel oder Hygiene-Utensilien abgegeben werden. Finanzielle Unterstützung sei natürlich immer willkommen, so ein ehrenamtlicher Helfer. Mit dem bisher gespendeten Geld sind am Donnerstag 100 hochwertige Stromgeneratoren ins Krisengebiet geschickt worden.