Landeserdbebendienst in Freiburg

Experten: Sehr starke Erdbeben sind in BW unwahrscheinlich

Stand
Autor/in
Gabi Krings

Oberrheingraben, Zollernalb- und Bodenseeregion sind zwar seismisch aktive Gebiete in BW. Erdbeben wie in der Türkei und Syrien seien aber unwahrscheinlich, so der Landeserdbebendienst.

Immer wieder bebt auch in Baden-Württemberg die Erde. Am Oberrhein, in der Zollernalb- und auch in der Bodenseeregion liegen Risikogebiete in BW. Nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien sind viele Menschen besorgt, dass auch hier eine Katastrophe passieren könnte. Der Landeserdbebendienst (LED) am Regierungspräsidium Freiburg gibt diesbezüglich Entwarnung. Die Wahrscheinlichkeit eines starken Erdbebens sei im Land gering.

Erdbebengefahr? Keine direkten Plattengrenzen unter BW

Martin Hensch vom LED hält die Gefahr eines Bebens weit über der Stärke 7 hierzulande für unwahrscheinlich. Zur Erinnerung: Im türkisch-syrischen Grenzgebiet bebte in der Nacht auf Montag (6. Februar) die Erde mit Stärke 7,8. Nachbeben erreichten noch immer einen Wert von 6,7, eines mit 7,6 sogar fast die Stärke des Hauptbebens. Die Türkei ist eine der am stärksten durch Erdbeben gefährdeten Regionen der Welt. Das liegt daran, das sich im Untergrund die Anatolische Platte verschiebt, mit der Arabischen verhakt und Erdstöße verursacht.

Unter Baden-Württemberg verlaufen dagegen keine direkten Plattengrenzen. Die Region liegt auf der eurasischen Platte - ein gutes Stück nördlich der Plattengrenze.

"Weltweit treten Erdbeben am häufigsten und am stärksten an den Grenzen zwischen tektonischen Platten auf."

Im Fall der Beben in der Türkei und in Syrien spreche man deshalb von "Interplattenseismizität", weil anatolische und die arabische Platte sich horizontal zueinander verschieben.

Oberrheingraben, Zollernalbkreis, Bodensee: "Schwächezonen"

Allerdings gebe es im Land sogenannte Schwächezonen wie Oberrheingraben, Zollernalbkreis (Albstadtscherzone) und Bodenseeregion, erläutert Hensch. Dort würden Erdbeben hauptsächlich durch Druck der afrikanischen Platte auf die eurasische Platte erzeugt. Man spreche dann von "Intraplattenseismizität". Die Kollision der beiden Platten habe unter anderem auch die Alpen aufgefaltet, so der Freiburger Erdbebenexperte.

Die Grafik zeigt die Verteilung von Erdbeben im Zollernalbkreis
Die grünen Punkte zeigen die Epizentren der Erdbeben entlang der Albstadt-Scherzone

Nur schwache Erdbeben im Land

Im weltweiten Vergleich sei die Aktivität hierzulande moderat und keineswegs vergleichbar mit den Erdbebengebieten an tektonischen Plattengrenzen, betont Hensch. Ein Erdbeben wie jetzt in der Türkei und Syrien sei in Baden-Württemberg nicht überliefert und nur schwer vorstellbar. Letztlich ließen sich Erdbeben jedoch nicht vorhersagen.

"Schwache, in der Regel nicht spürbare Erdbeben werden in Baden-Württemberg täglich gemessen."

5.05.2009: Das Landesamt für Geologie in Freiburg zeigt ein Seismogramm der Erdbeben-Messstelle in Gaienhofen (Kreis Konstanz)
5.05.2009: Das Landesamt für Geologie in Freiburg zeigt ein Seismogramm der Erdbeben-Messstelle in Gaienhofen (Kreis Konstanz)

Durchschnittlich einmal pro Monat komme es in Baden-Württemberg zu lokal leicht spürbaren Erdbeben. Und etwa einmal pro Jahrzehnt sei mit mittelstarken Erdbeben zu rechnen, die regional zu Gebäudeschäden und Betriebsstörungen in größerem Umfang führen können, erläutert der Seismologe. "Starke Erdbeben mit katastrophalen Auswirkungen sind im Land zwar sehr selten, aber nicht ausgeschlossen."

Stärkstes Erdbeben: 1365 bei Basel

Die stärksten registrierten Erdbeben in Baden-Württemberg traten bislang auf der Albstadtscherzone 1911 (etwa Stärke 6), 1943 (etwa Stärke 5,7) und 1978 (etwa Stärke 5,7) sowie am Oberrheingraben zuletzt 2004 bei Waldkirch (Stärke 5,4) auf.

"Historisch belegt sind aus den vergangenen Jahrhunderten Erdbeben um schätzungsweise Stärke 6, hauptsächlich am Oberrheingraben", so Martin Hensch vom Landeserdbebendienst. Das stärkste überlieferte Erdbeben im Freiburger Dreiländereck trat 1356 bei Basel auf. Die Stärke wird von verschiedenen Quellen auf bis zu 6,9 geschätzt.

 

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