Begründung im Sperrzeiten-Urteil liegt vor

Kneipen in Heidelberg müssen deutlich früher schließen

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Autor/in
Patrick Figaj
SWR Journalist Patrick Figaj
Martina Senghas
Martina Senghas
Ninja Degen
Bild Ninja Degen, SWR Studio Mannheim

Nach juristischer Auseinandersetzung zwischen Anwohnern und der Stadt Heidelberg ist jetzt klar: In der Heidelberger Altstadt muss es künftig früher ruhig sein.

Die Kneipen in der Heidelberger Altstadt müssen in Zukunft früher schließen. Unter der Woche, in den Nächten zum Donnerstag und Freitag, startet die Sperrzeit um 0 Uhr. Freitags- und samstagabends und vor Feiertagen dürfen Kneipen und Bars in Heidelberg nur noch bis 1 Uhr geöffnet bleiben. Maßgeblich hierfür sei, heißt es in der schriftlichen Begründung des Gerichts vom Montag, dass die festgestellte Lärmbelastung gesundheitsgefährdend ist. Geklagt hatten Anwohnerinnen und Anwohner.

Seit Jahren Streit um Lärm in Heidelberger Altstadt

In Heidelberg geht es seit Jahren in der Altstadt um dieses Thema. Die Altstadtgassen sind eng, oft wird bis in die Nacht im Freien gefeiert. Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim die Details in einer Urteilsbegründung erläutert. Das Gericht unterstrich: Den Anwohnerinnen und Anwohnern sei es nicht mehr zumutbar, weitere "flankierende Maßnahmen" abzuwarten. Und noch deutlicher: Einen Ermessensspielraum innerhalb dieser Entscheidung gibt es nicht.

Lärmgutachten spielte entscheidende Rolle

Eine entscheidende Rolle hatte zuletzt ein Lärmgutachten gespielt. Bislang duften Kneipen wochentags bis 1 Uhr und am Wochenende bis 4 Uhr geöffnet bleiben. Die klagenden Anwohner hatten gefordert, dass wochentags um Mitternacht und an Wochenenden um 1 Uhr Schluss ist. Dem hat das Gericht jetzt entsprochen. Über die übrigen Nächte, beginnend vom Sonntag auf den Montag bis hin zum Dienstag auf den Mittwoch hat der VGH nicht entschieden.

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Begründung: Lebensnotwendiger Schlaf

In der Urteilsbegründung heißt es auch, der zuständige Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in Mannheim "übersehe bei alledem nicht, dass die hier für erforderlich erklärte Verlängerung der Sperrzeiten in die Grundrechte der Gaststättenbetreiber und Gaststättenbesucher eingreife". Allerdings wurden diese Grundrechte abgewogen. Gerechtfertigt wird es mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz und damit auch dem geschützten lebensnotwendigem Schlaf für die der Klägerinnen und Kläger.

Stadt Heidelberg: "Urteil in dieser Form zu scharf"

Die Stadt Heidelberg reagiert mit Unverständnis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Man wolle sich die Entscheidung genau anschauen und eine Nichtzulassungsbeschwerde am Bundesverwaltungsgericht prüfen, so ein Sprecher der Stadt gegenüber dem SWR. Dafür sei laut Stadt ein Monat Zeit. Da eine Revision nicht möglich ist, sei das der einzige noch mögliche juristische Weg. 

Das VGH-Urteil über die Heidelberger Kneipenöffnungszeiten entspreche genau dem, was sich die Kläger erhofft haben. Das sagte ihr Anwalt Werner Finger heute auf SWR-Anfrage. Er betonte, dass es immer um eine Lösung gegangen sei, die auch Gastwirte und Gäste im Blick hatte. Eigentlich gelte der Lärmschutz nämlich ab 22 Uhr und darauf habe man nie gepocht. Weil die Überschreitungen aber im gesundheitsgefährdenden Bereich lagen, sei dieses Urteil richtig.

Es mag schon sein, dass man von Gericht aus den Eindruck gewonnen hatte: Wenn wir hier nicht ganz klare Vorgaben treffen, dann wird der Gemeinderat in Heidelberg einfach weiterhin die Hände in den Schoß legen.

Im März 2018 hatte der VGH nämlich bereits schon einmal entschieden, dass strengere Sperrzeiten eingeführt werden müssten. Allerdings ohne konkrete Uhrzeiten zu nennen. Der Gemeinderat hatte daraufhin nur geringe Änderungen eingeführt. Bereits vorher hatte er sich nicht auf Kompromisse eingelassen. 

Wo genau gelten die neuen Sperrzeiten?

Was allerdings noch nicht feststeht: Wie der exakte räumliche Geltungsbereich der geänderten Sperrzeiten aussieht. Das muss die Stadt Heidelberg noch bestimmen. Außerdem wird der Heidelberger Gemeinderat auch darüber entscheiden müssen, ob es für bestimmte Tage im Jahr oder anlässlich besonderer Ereignisse eine abweichende Sperrzeitenregelung geben wird. Solche Ausnahmen - auch das legt der VGH in der Begründung dar - seien allerdings auf seltene Ereignisse beschränkt und dürften nicht dazu führen, die anderen Regelungen der Sperrzeiten zu unterlaufen.

Die neuen Sperrzeiten gelten erst, wenn eine neue Sperrzeitverordnung vom Gemeinderat der beklagten Stadt beschlossen wird. Bis dahin gilt die bisherige Sperrzeitverordnung der Stadt Heidelberg. Gegen das Urteil können die Beteiligten innerhalb eines Monats eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) erheben.

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