Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, nimmt als Mitglied des AfD Landesverbandes Baden-Württemberg am 14. Landesparteitag der AfD Baden-Württemberg teil.

Kanzlerkandidatin Weidel und ihre Gegner

Parteitag in Ulm: Deswegen macht dieser Termin der AfD großen Druck

Stand
Autor/in
Hannes Köhle
Hannes Köhle ist Teil des Teams von "Zur Sache! Baden-Württemberg".
Christian Susanka

Beim AfD-Parteitag in Ulm trifft sich eine zerrissene Partei. 25 Kandidaten für den Bundestag sollen bestimmt werden. Die entscheidende Frage lautet: Aus welchem Lager kommen sie?

Aktuell sitzen neun AfD-Abgeordnete aus Baden-Württemberg im Bundestag. Wäre am nächsten Sonntag Bundestagswahl, käme die rechtspopulistische AfD in Baden-Württemberg womöglich auf ein deutlich besseres Ergebnis als bei der Bundestagswahl 2021. Zuletzt sahen Umfragen für die Landtagswahl die AfD bei bis zu 18 Prozent. Wer einen vorderen Platz auf der Landes-Liste der AfD bekommt, hätte Stand jetzt also ein sicheres Ticket für den Bundestag. Wer es auf die Landes-Liste schafft, entscheidet die Partei ab heute auf ihrem Parteitag in der Donauhalle in Ulm. Parteiintern stehen die Zeichen auf Nervosität und Stress.

Ein Abgeordneter der AfD aus Baden-Württemberg erklärt: "Unsere Partei ist tief gespalten. Wir haben uns nie wirklich von der Zersplitterung unter Jörg Meuthen erholt, weder in der Partei noch in den Fraktionen im Bundestag oder im Landtag." Hintergrund: 2016 hatte sich die AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag in zwei getrennte AfD-Fraktionen aufgeteilt. Nach monatelanger Trennung wurden sie vom damaligen Fraktionschef Meuthen wieder zusammengeführt, Lagerkämpfe in Fraktion und Partei bleiben jedoch an der Tagesordnung.

Wie Alice Weidel mit einflussreichen parteiinternen Gegnern umgehen wird, könnte eine entscheidende Frage für diesen Parteitag werden - und eine Herausforderung.

Baden-Württemberg

Parteitag in Ulm AfD-Landesliste für Bundestagswahl: Weidel auf Platz 1 - Kampfabstimmung um Platz 5

Auf dem BW-Parteitag der AfD haben die Mitglieder die ersten Kandidaten für ihre Landesliste gewählt. Den ersten Listenplatz sicherte sich die Co-Bundesvorsitzende Alice Weidel.

Deswegen steht Alice Weidel unter Druck

Alice Weidel steht als mögliche Kanzlerkandidatin unter besonderer Beobachtung. Der Platz Eins auf der baden-württembergischen Landesliste für sie gilt als ausgemacht. Weidel zählt zur Politikprominenz der AfD in Deutschland, deswegen dürften auch ihre Gegner ihr den ersten Platz nicht streitig machen. Ein wichtiger Widersacher könnte Dirk Spaniel werden. Er ist ernstzunehmender Weidel-Kritiker im Landesverband, war früher selbst Landessprecher und unterhält gute Beziehungen zum Höcke-Lager und anderen Landesverbänden.

Zusätzlich wird es auch darauf ankommen, wie der Parteitag generell abläuft. Denn auf dem vergangenen Parteitag hat sich die AfD viel mit sich selbst beschäftigt. Aktuellstes Beispiel: Rottweil im Februar 2024. Das damalige AfD-Treffen geht als Chaos-Parteitag in die Geschichte der baden-württembergischen AfD ein. Vorstandsmitglieder der Partei streiten sich in Rottweil auf offener Bühne und drehen sich gegenseitig die Mikrofone ab. Zudem stellt sich die Halle als zu klein heraus und muss zwischendurch wegen Überfüllung geräumt werden. Alice Weidel spricht damals von Sabotage. Wiederholt sich so ein Schauspiel, könnte dies nicht nur ein schlechtes Licht auf die Parteispitze werfen, sondern auch auf die mit ihr verbundene Spitzenkandidatin. Ein Parteianhänger aus dem Weidel-Lager formuliert es so: "Es darf in Ulm kein zweites Rottweil geben."

Mitgliederparteitage sind Besonderheit bei der AfD in BW

Bei Bundesparteitagen treffen rund 600 Delegierte die Entscheidungen, doch im Land gibt sich die AfD basisdemokratisch und veranstaltet Mitgliederparteitage. Grundprinzip der AfD in Baden-Württemberg ist hier: Wer kommt, kann bestimmen. Allen rund 6.000 Mitgliedern der Partei stehen in Ulm im Prinzip die Türen offen. Je nachdem wer kommt, ist dies tatsächlich entscheidend für das Wahlergebnis der Landesliste. Die Wahlen sind daher für den Landesvorstand schwer zu steuern. Es ist schwer abzusehen, welche Strömung innerhalb der Landespartei die meisten Mitglieder für einen Parteitag mobilisieren kann. Und es gibt ein weiteres Problem: Für die vielen Mitglieder braucht es größere Hallen, die Veranstaltungen kosten die AfD deutlich mehr Geld.

Noch im Juni stellte Weidel beim Bundesparteitag einen Antrag für eine Satzungsänderung vor: "zur Umstellung auf ein Delegiertensystem bei Landesverbänden über 5.000 Mitgliedern". Doch der Antrag scheiterte.

Beim Parteitag in Ulm soll dieses Mal nichts dem Zufall überlassen werden, das lassen verschiedenen Maßnahmen erkennen, die die Spitze im Landesverband und in den Kreisverbänden in die Wege geleitet haben.

Rückblick: So lief der Antrag Weidels beim Bundesparteitag:

Rundum-sorglos-Pakete für Parteimitglieder für den AfD-Parteitag

Vesper, Busfahrt und Hotel plus Taschengeld. Solche Rundum-sorglos-Pakete haben einzelne Kreisverbände ihren Mitgliedern in den vergangenen Wochen versprochen, wenn sie auf den Parteitag fahren und wählen. So heißt es in einer Mail eines Kreisverbandes, die dem SWR vorliegt: "Um Ihnen die Teilnahme am Parteitag zu erleichtern, haben wir bereits Zimmer reserviert und organisieren Fahrgemeinschaften." Auch eine organisierte Busfahrt mit einem befreundeten Kreisverband ist "selbstverständlich kostenfrei".

Zusätzlich gibt es für jeden, der zum Parteitag geht, einen finanziellen Anreiz, beide Parteitage durchzuhalten. So heißt es in der Mail: "Darüber hinaus hat der Kreisvorstand beschlossen, allen Mitgliedern einen Reisekostenzuschuss in Höhe von 50 Euro pro Parteitag in Ulm, zur Verfügung zu stellen. Sollten Sie ein Hotelzimmer benötigen, können Sie sich ebenfalls an uns wenden."

Kritik an Wahlhinweisen in Mails vor AfD-Parteitag

Diese Mittel haben einen Zweck: Tatsächlich sind die Mails, in denen auf die Rundum-sorglos-Pakete für den Parteitag hingewiesen wird, zusätzlich auch mit dezenten oder direkten Wahlhinweisen versehen. Neben den Wahlempfehlungen für Alice Weidel wird auch gebeten, für die Kandidaten aus dem Kreisverband zu stimmen - die ebenfalls Weidel-treu sind.

Auch die Weidel-Gegner wissen von den Mails, antworten unter anderem lakonisch mit der Aussage "Stimmenvieh!". Es sei ein fragwürdiger Versuch, Mehrheiten zu beeinflussen. Ob aber am Ende eine solche Rechnung aufgehe, das sei nicht ausgemacht, spekuliert ein anderes langjähriges Parteimitglied aus dem Lager der Weidel-Gegner. Und es gebe Zweifel, ob solche Wahlergebnisse dann rechtlich belastbar seien.

"Hohe Nervosität": Ein Parteitag, drei Termine, sechs Tage

Das Parteitagwochenende ist für die AfD im Hinblick auf die Wahl ihrer Bundestagsliste übrigens nur der Auftakt. Insgesamt will die AfD an drei Wochenenden alle 25 Listenplätze wählen. Für die Wahl einer Bundestagsliste drei Wochenenden zu reservieren, sei tatsächlich überaus vorsichtig kalkuliert, gibt ein Mitglied der AfD-Führung auf Nachfrage zu. Erst recht vor dem Hintergrund, dass alleine ein Parteitagwochenende ein sechsstelliges Loch in die Parteikasse haue. Man wolle diesmal tatsächlich nichts riskieren, so die weitere Erklärung. Ein einfaches Parteimitglied formuliert es deutlich kürzer: "Auch das ist ein Zeichen von hoher Nervosität."

Demonstrationen gegen Politik der AfD

Mit großen Bannern und Schildern haben sich am Samstagmorgen rund 700 Demonstrantinnen und Demonstranten am Theater in Ulm versammelt, um gegen die Politik der AfD und für Vielfalt und Menschenrechte zu demonstrieren. Der Protestzug, organisiert und unterstützt von mehr als 80 Initiativen, Vereinen und Privatpersonen, machte sich geschlossen auf den Weg durch die Ulmer Innenstadt.

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Tausende Menschen haben am Samstag gegen den Parteitag der AfD in Ulm demonstriert. Im Vorfeld hatten zahlreiche Initiativen, Vereine sowie die Stadt selbst zu Protesten aufgerufen.

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Der Demo folgte eine Kundgebung, zu der sich laut Schätzung der Polizei rund 2.000 Menschen versammelten. Der Veranstalter gab die Teilnehmerzahl sogar mit 4.000 an. Unter anderem ergriff der Ulmer Oberbürgermeister Martin Ansbacher (SPD) das Wort auf der Rednerbühne.

An der Fassade des Ulmer Münsters hängt ein großes Plakat mit einem Satz aus der Bibel: "Alle Menschen sind Ebenbilder Gottes". Das Gebiet rund um den Veranstaltungsort, die Ulmer Messe, hatte die Polizei für Demonstrationen gesperrt. Es verlief alles weitgehend friedlich. Für Sonntag ist noch ein stiller Protest geplant.

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