Repräsentative Umfrage BW-Trend Mai 2024

Sonntagsfrage Landtagswahl: AfD nach Affären im klaren Abwärtstrend in BW

Stand
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik
Susan Pfahlbusch
SWR Aktuell, Logo

Die Skandale bei der AfD hinterlassen Spuren bei den Wählern. Die CDU hält die Grünen auf Abstand. Das Interesse an Europa- und Kommunalwahlen ist groß. Die Ergebnisse der Umfrage.

AfD rutscht ab - bleibt aber drittstärkste Kraft

Wenige Wochen vor den Europa- und Kommunalwahlen verliert die AfD in Baden-Württemberg deutlich an Zuspruch. Nach einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des SWR und der "Stuttgarter Zeitung" (StZ) wird die Rechtsaußenpartei von den Wählerinnen und Wählern wesentlich kritischer gesehen als noch im Januar. Ein Grund dafür sind die Vorwürfe gegen einzelne AfD-Europapolitiker wegen des Verdachts der Korruption und Spionage für Russland und China.

Der Vertrauensverlust macht sich auch bei der Sonntagsfrage in Baden-Württemberg bemerkbar. Wenn am kommenden Sonntag Landtagswahl wäre, käme die AfD auf 14 Prozent - ein Minus von vier Prozentpunkten im Vergleich zum Baden-Württemberg-Trend vom Januar. Schon damals war sie von ihrem Höchstwert 20 Prozent im Herbst 2023 um zwei Punkte gefallen. Nun wäre sie aber immer noch drittstärkste Kraft und läge deutlich über ihrem Ergebnis bei der Landtagswahl 2021.

Landes-CDU weiter deutlich vor Kretschmann-Grünen

Vorne landet mit großem Abstand die CDU, der Juniorpartner in der derzeitigen grün-schwarzen Regierung. Die Christdemokraten erreichen - mit Rückenwind aus Berlin - weiter 32 Prozent, während die Grünen bei 22 Prozent verharren. Die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann liegt somit gut zehn Punkte unter ihrem Rekordergebnis von 2021, aber dennoch weiter deutlich über dem Bundestrend.

Neues "Bündnis Sahra Wagenknecht" mischt auch in BW mit

Die Landes-SPD kann sich im Vergleich zum Januar um zwei Punkte auf elf Prozent verbessern, die FDP bleibt bei sieben Prozent. Die Linken-Abspaltung Bündnis Sahra Wagenknecht schafft aus dem Stand vier Prozent, würde aber den Einzug in den Landtag knapp verpassen.

Die Freien Wähler von Bundeschef Hubert Aiwanger hätten drei Prozent in Aussicht. Sie sind nicht zu verwechseln mit den in der baden-württembergischen Kommunalpolitik traditionell aktiven Wählervereinigungen, die sich als Verein Freie Wähler e.V. auf Landesebene zusammengeschlossen haben. Die übrigen Parteien – zu denen hier auch die Linke gehört - kämen zusammengenommen auf sieben Prozent.

AfD stand zuletzt im Kreuzfeuer

Die AfD steht vor den Europa- und Kommunalwahlen am 9. Juni im Kreuzfeuer der Kritik. Nach den Berichten über das Geheimtreffen in Potsdam, bei dem über die Ausweisung von Einwanderern gesprochen worden sein soll, hatte es zahlreiche Demonstrationen gegen die AfD und für Demokratie gegeben. Dann stand der Thüringer AfD-Spitzenpolitiker Björn Höcke wegen der Nutzung einer NS-Parole vor Gericht und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

Für Empörung sorgten auch die Spionage- und Korruptionsvorwürfe gegen die beiden EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron, dessen Immunität als Abgeordneter vom Bundestag am Donnerstag (16.5.) aufgehoben wurde.

Die AfD selbst weist alle Kritik von sich und spricht von einer Kampagne gegen die Partei. Nach einer jüngsten Gerichtsentscheidung darf der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen und sie bundesweit beobachten.

Drei Viertel sehen Nähe der AfD zu Russland und China kritisch

Bei den Wählerinnen und Wählern in Baden-Württemberg hinterlassen die Diskussionen der vergangenen Wochen Spuren. Auf Kritik stößt vor allem der Umgang der AfD mit Russland und China. Nachdem den EU-Politikern Krah und Bystron vorgeworfen wurde, Gelder aus Russland und China angenommen zu haben, sind drei Viertel der befragten Baden-Württemberger (74 Prozent) der Auffassung, die AfD solle ihre Nähe zu Russland und China überdenken.

Abwärtstrend für AfD auf mehreren Ebenen

Der Vertrauensverlust ist auch bei anderen Fragen spürbar. So sind weniger Befragte als noch im September vergangenen Jahres der Auffassung, dass die AfD näher an den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ist als andere Parteien. Dieser Meinung sind noch 27 Prozent, das sind 9 Prozentpunkte weniger als im September 2023.

Es stößt zwar weiter auf Zustimmung, dass die AfD die Zuwanderung begrenzen will. Aber auch dieser Trend lässt nach: 43 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg stimmen der AfD zu, das sind 9 Punkte weniger als noch im vergangenen September. Der Vorwurf, dass sich die AfD nicht genug von rechtsextremen Positionen distanziert, wird ähnlich häufig erhoben wie im September 2023 (72 Prozent; plus 1).

Nur wenige kennen CDU-Landeschef Hagel

Das bleibende Hoch der Landes-CDU scheint nur wenig mit dem neuen Landesvorsitzenden Manuel Hagel (36) zu tun zu haben, der den Posten im November von Innenminister Thomas Strobl übernommen hatte. Denn Hagel ist weiterhin großen Teilen der Bevölkerung unbekannt. Gut zwei Drittel (69 Prozent) kennen den CDU-Partei- und Fraktionschef nicht oder können ihn nicht beurteilen. Bei denen, die sich ein Urteil erlauben, halten sich Lob und Kritik in etwa die Waage (16:15 Prozent). Es gilt als relativ sicher, dass der 36-Jährige die CDU als Spitzenkandidat in die Landtagswahl 2026 führen wird.

oben: Winfried Kretschmann (Grüne), Manuel Hagel (CDU), unten: Andreas Stoch (SPD), Hans-Ulrich Rülke (FDP), Markus Frohnmaier (AfD)
oben: Winfried Kretschmann (Grüne), Manuel Hagel (CDU), unten: Andreas Stoch (SPD), Hans-Ulrich Rülke (FDP), Markus Frohnmaier (AfD)

Über die Arbeit von Grünen-Regierungschef Winfried Kretschmann äußert sich gut die Hälfte der Wahlberechtigten (54 Prozent) wohlwollend, 38 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. Damit kann er leicht an Ansehen zulegen (+3 Prozentpunkte im Vergleich zu Januar), überzeugt aber nach wie vor deutlich weniger Wahlberechtigte als bei der Landtagswahl 2021. Kretschmann, der an diesem Freitag 76 Jahre alt wird, will bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten. Bei den Grünen gilt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir als Favorit für die Spitzenkandidatur im Frühjahr 2026.

Mehrheit der Landespolitiker wenig bekannt

Es ist traditionell so, dass Spitzenpolitiker auf Landesebene - bis auf den Regierungschef - nur selten eine größere Bekanntheit haben. Den früheren Kultusminister und heutigen SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch kennen immerhin mehr Menschen als Hagel. Trotzdem ist er mehr als der Hälfte der Wahlberechtigten (56 Prozent) nicht bekannt. Und: Die Unzufriedenheit mit seiner politischen Arbeit überwiegt (18:26 Prozent).

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke ist knapp zwei Dritteln (63 Prozent) kein Begriff und wird ebenfalls eher kritisch beurteilt (12:25 Prozent). Über Markus Frohnmaier, den Landesvorsitzenden der AfD, trauen sich knapp vier Fünftel (79 Prozent) kein Urteil zu, es überwiegt aber die Kritik.

Zufriedenheit mit der Landesregierung: Kritik überwiegt weiterhin

Die baden-württembergische Landesregierung aus Grünen und CDU überzeugt mit ihrer Arbeit aktuell knapp die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger (46 Prozent) und kann ihr Ansehen gegenüber Januar leicht verbessern (+3 Prozentpunkte). Dennoch ist nach wie vor die andere Hälfte (50 Prozent) weniger oder gar nicht zufrieden mit der Regierungsleistung. Damit kann das Kabinett Kretschmann weiterhin nicht an die Zufriedenheitswerte der vergangenen Legislaturperiode anknüpfen.

Mehrheit interessiert sich für die Kommunal- und Europawahlen

Ein Wählerin wirft in einem Wahllokal ihren Stimmzettel in die Wahlurne.
Großes Interesse an Europa- und Kommunalwahlen in Baden-Württemberg

Die Europawahl und die zeitgleich stattfindenden Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 9. Juni stoßen auf ein recht großes Interesse. Laut Umfrage interessieren sich knapp zwei Drittel (63 Prozent) der Wahlberechtigten für die Abstimmungen.

Das Interesse an den anstehenden Wahlen steigt mit Alter und Bildungsgrad. Bei der Europawahl 2019 lag die Wahlbeteiligung in Baden-Württemberg bei 64 Prozent und damit über dem bundesweiten Schnitt. Die Landesregierung hofft, dass die Wahlbeteiligung dieses Mal noch steigt. Denn dieses Mal dürfen erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren mitwählen.

Asylpolitik wichtigstes Thema bei Europawahl

Für die Menschen in Baden-Württemberg stellt die Asyl- und Integrationspolitik das wichtigste Problem dar, um das sich die Europäische Union besonders dringend kümmern müsse. Als zentrale Herausforderungen für die EU werden demnach die Themen Flüchtlinge und Integration (37 Prozent) gesehen, gefolgt von den internationalen Konflikt- und Bedrohungslagen (28 Prozent). Den Schutz von Klima und Umwelt erachten 16 Prozent als größtes politisches Problem der EU.

Dass die EU-Staaten unterschiedliche Interessen verfolgen, sehen 13 Prozent als Problem an, gefolgt von Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit mit 12 Prozent. Knapp jeder Zehnte (9 Prozent) sieht Demokratiedefizite als ein Hauptproblem der EU. Die Problem-Agenda in Baden-Württemberg ähnelt damit der in Deutschland insgesamt sowie der im benachbarten Bayern.

Kommunale Herausforderungen: Verkehr, Zuwanderung, Wohnen

Die Herausforderungen für die Kommunalpolitik sind für die Wahlberechtigten nicht deckungsgleich mit denen auf europäischer Ebene. Mit Blick auf die Situation in der eigenen Stadt oder Gemeinde ist aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger das Thema Verkehr (29 Prozent) am wichtigsten. Die Aufnahme von Migranten stellt für knapp jeden Fünften (18 Prozent) die zentrale Herausforderung der Kommunen dar.

Fast ebenso viele thematisieren die Lage des lokalen Wohnungsmarkts (17 Prozent), wobei der Problemdruck in Großstädten (29 Prozent) mehr als doppelt so hoch ist wie in kleineren Gemeinden (14 Prozent). Für knapp jeden Zehnten ist die Wirtschaftslage vor Ort (9 Prozent) sowie die Haushaltslage der Städte und Gemeinden (8 Prozent) das drängendste Problem. Die Situation an den Schulen (8 Prozent) sowie das Angebot an Plätzen für frühkindliche Betreuung (9 Prozent) bewegen ähnlich viele.

Mehrheit zufrieden mit den Stadt- und Gemeinderäten vor Ort

Die Arbeit ihres Stadt- oder Gemeinderates bewertet eine Mehrheit der Menschen in Baden-Württemberg (62 Prozent) wohlwollend. Damit fällt die Zufriedenheit mit den kommunalen Gremien allerdings niedriger aus als vor fünf Jahren (- 8 Prozentpunkte). In kleineren Gemeinden (66 Prozent) und Kleinstädten (65 Prozent) ist die Zufriedenheit mit den Gemeinderäten etwas höher als in Ballungszentren (48 Prozent). Das wohlwollende Urteil über die Arbeit der kommunalen Gremien überwiegt in allen Parteianhängerschaften mit Ausnahme der AfD.

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