Bestenliste Gespräch über Platz 1 der Bestenliste März 2021
Die Dänin Tove Ditlevsen, die 1977 im Alter von 58 Jahren Suizid begangen hat, war mit ihrem 1939 erschienenen Lyrikdebüt in Dänemark früh bekannt geworden. Der ökonomische Erfolg ermöglichte ihr ein in vielerlei Hinsicht unabhängiges Leben; unabhängig von der Gunst der Männer, aber auch vom Milieu ihrer Herkunft.
„Kindheit“, „Jugend“ und „Abhängigkeit“, so lauten die Titel der drei schmalen, jeweils nicht einmal 200 Seiten umfassenden autofiktionalen Bücher, die nun erneut für Furore sorgen.
Ditlevsen beschreibt den Kampf des hochbegabten jungen Mädchens, das sie war, mit den undurchlässigen Klassenverhältnissen, in denen ein sozialer Aufstieg nicht vorgesehen war. Sie schreibt über ihre Eltern und über eine Kindheit in Armut, später über ihren eigenen Tod, Drogenerfahrungen, gescheiterte Ehen, Abstürze, Depression.
Ditlevsen war eine radikale Schriftstellerin, die ihr Leben als Steinbruch, als Material für ihre Texte begriffen hat. Und dabei darf man nie aus den Augen verlieren, dass das Ich, das hier spricht, ein Jahr jünger ist als die Autorin selbst – ein kleiner Kunstgriff, der Distanz schafft. Als Ditlevsen starb, bewegte sich ein langer Trauerzug durch Kopenhagen, der hauptsächlich, wie zu lesen ist, aus Frauen bestand. Jetzt wäre es an der Zeit, ihre Bücher neu zu bewerten.