Natürlich ist man schnell dabei, eine Mannschaft, die von Erfolg zu Erfolg eilt, in den Handball-Himmel zu loben. Aber für mich sind es nicht nur die Erfolge, die die Frauen mit dem Harz an den Fingern zu meiner Mannschaft 2023 machen.
Der Hunger nach Erfolg
Als die SG den 51. Sieg in Folge eingefahren hatte, habe ich den damaligen Trainer und jetzigen Bundestrainer Markus Gaugisch gefragt, ob es ab jetzt schwerer wird, sein Team zu motivieren. Das hatte nämlich den Rekord der Footballer von den Schwäbisch Hall Unicorns überboten. Er hat kurz und knapp geantwortet: "Ich muss das Team nicht zusätzlich motivieren, alle Spielerinnen wollen immer gewinnen und das solange es geht."
63 Siege wettbewerbsübergreifend - ein Rekord für die Ewigkeit
63 Mal sind die Erfolgsverwöhnten als Siegerinnen von der Platte marschiert. Zum Vergleich - der THW Kiel hat es bei den Männern auf 40 Siege in Folge gebracht. Was mich bei den Handballerinnen nicht nur während dieser Erfolgsserie fasziniert hat, ist, dass kaum Leistungsschwankungen zu beobachten waren. Kein Schlendrian hat sich eingeschlichen. Vor allem keine Überheblichkeit. Es war sprichwörtlich durch die Bank bei jeder Spielerin eine absolut professionelle Einstellung zu spüren. Und wenn ich mal im Training vorbeigeschaut habe, war da aber immer extrem viel Spaß bei der Arbeit zu beobachten. Die Mischung aus professioneller Lockerheit und einem gewachsenen Selbstbewusstsein hat das Team zu dieser erfolgshungrigen Einheit geformt.
Markus Gaugisch mit Sachlichkeit und Empathie
Zusätzlich geformt wurde diese Mannschaft aus Nationalspielerinnen von einem Trainer mit viel Sachverstand und Sachlichkeit. Markus Gaugisch hat an der Seitenlinie diesen Erfolgshunger vorgelebt. Als Bundesligaspieler war der heute 49-Jährige ein knallharter Abwehrspezialist, der sich für nichts zu schade war. Als Trainer hat er von seinen Spielerinnen viel verlangt, aber alles ohne großes Gebrüll oder lautstarke Zurechtweisungen. Er hat die Spielerinnen mit seinem Sachverstand, seiner Akribie und seiner Arbeitseinstellung abgeholt und er hat seine Akteurinnen immer teilhaben lassen an seinen Vorstellungen und ihnen große Wertschätzung entgegengebracht. Die hat an anderer Stelle gefehlt.
Mangelnde Wertschätzung von Seiten der Stadt
Wenn man bedenkt, dass die SG BBM Bietigheim seit 2017 vierfacher Deutscher Meister, dreifacher Pokalsieger, fünffacher Supercupsieger und European-League-Sieger geworden ist, wundere nicht nur ich mich, dass der besten Handballmannschaft Deutschlands von Seiten der Stadt Bietigheim extrem wenig Wertschätzung entgegengebracht wird. "Braucht Bietigheim überhaupt Frauenhandball?", hatte der dortige Oberbürgermeister Jürgen Kessing gefragt, als die SG mit dem Wunsch nach einer zukunftssicheren, modernen Spielstätte kam.
Ausgerechnet Jürgen Kessing, der auch Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands ist. Ein Spitzenfunktionär des Sports torpediert jahrzehntelange Aufbauarbeit in "seiner" Stadt und lässt den Spitzensport links liegen. Zum Glück hat sich jetzt eine neue Tür geöffnet. Die Erfolgsmannschaft spielt ab der neuen Saison als HB Ludwigsburg in der MHP Arena der Barockstadt. Die freut sich ausdrücklich über den Champions-League-Teilnehmer in ihren Reihen. Jetzt bekommen die Handballerinnen die Anerkennung, die sie schon lange verdient gehabt hätten.