Die Hinweise auf negative Auswirkungen der Smartphone-Nutzung im Schulalltag häufen sich. Die jüngste Pisa-Studie zeigt verschlechterte Schülerleistungen, die auch mit der steigenden Smartphone-Nutzung in Verbindung gebracht werden.
Viele europäische Länder wie Schweden, Spanien, Finnland, Lettland, Dänemark, Niederlande, Frankreich, Italien und Ungarn haben bereits reagiert und Smartphones zumindest an Grundschulen verboten. Am 20. März 2025 tagen auch die Bildungs- und Kultusminister in Deutschland zu einem möglichen Verbot von Smartphones an Schulen. Doch was sagt die Wissenschaft zu solchen Verboten?
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Smartphone-Verboten
Klaus Zierer ist Professor für Schulpädagogik und Erziehungswissenschaftler an der Universität Augsburg und hat mit seinem Team Studien zur Wirkung von Handyverboten an Schulen zusammengefasst. Die zentrale Beobachtung infolge eines Smartphone-Verbots sei gewesen, dass sich die Pausen komplett verändert haben:
"Die Interaktion zwischen den Schülerinnen und Schülern war eine andere. Die haben mehr miteinander gespielt, die haben mehr miteinander gesprochen, die haben mehr miteinander interagiert. Und gleichzeitig konnte festgestellt werden, dass das Phänomen des Cyber-Mobbings, das in den letzten Jahren immer mehr zunimmt, in die Schulen zurückgedreht worden ist und damit die Schule wieder mehr zu einem Lebensraum für Kinder und Jugendliche geworden ist.“

Auswirkungen von Smartphones auf Lernleistung und Aufmerksamkeit
Zum anderen steigt die schulische Lernleistung im Unterricht. Diese Auswirkung ist zwar nur geringfügig, doch wird in den Studien argumentiert, dass die Steigerung des Wohlbefindens von Kindern in der Schule auch dazu führen kann, dass sich die Lernleistung verbessert.
Erziehungswissenschaftler Zierer zieht das Fazit es spreche alles dafür, Smartphones an den Schulen zu verbieten. Schließlich sei das Ablenkungspotenzial von Handys im Unterricht unstrittig. Der Ablenkungseffekt tritt sogar dann auf, wenn man gar nicht aktiv am Handy ist.
Eine Studie zum Brain-Drain Effekt hat gezeigt, "dass allein die Anwesenheit des eigenen Smartphones, selbst wenn es ausgeschaltet ist, zu einem negativen Effekt auf die Aufmerksamkeitsfähigkeit und auf die Lernleistung führt“, erklärt Zierer.

Digitalisierung und Medienkompetenz an Schulen
Deutschland hat es sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele Schulen digital gut auszustatten. Dahinter steht die Idee, dass das Vorhandensein unter Einsatz digitaler Geräte im Unterricht zu besseren Leistungen und auch zu mehr sozialer Gerechtigkeit führe.
Eine wichtige Aufgabe der Schule ist es, Medienkompetenz zu vermitteln, und das soll auch durch ein Smartphone-Verbot nicht eingeschränkt werden.
"Aber die Aufgabe in der Schule ist immer, das mit pädagogischer Verantwortung zu tun. Und da wissen wir aus Studien, dass wir gerade bei digitalen Medien aufpassen müssen, dass wir nicht zu früh und nicht zu spät, nicht zu viel und nicht zu wenig, nicht zu oft und nicht zu selten, also diese Dichotomien, wie wir sie in der Pädagogik nennen, berücksichtigen.“, erläutert Zierer.

Konkrete Umsetzungsvorschläge für Smartphone-Verbote
Konkret schlägt der Wissenschaftler vor, keine Smartphones in der Grundschule zuzulassen, in den Klassen fünf bis sieben, die Geräte während des Schultages wegzuschließen und für ältere Schülerinnen und Schüler Zeiträume am Nachmittag festzulegen, in denen sie ihre Smartphones nutzen dürfen. Für den Unterricht aber sollten keine privaten, sondern nur schuleigene Geräte wie zum Beispiel Tablets eingesetzt werden.
Wie und wo so etwas umgesetzt wird, liegt zurzeit weitgehend im Ermessen der einzelnen Schulen. Bekannt ist jedoch, dass Smartphone-Verbote nur dann wirken, wenn sie konsequent umgesetzt werden.
Und genau daran hapert es oft, kritisiert Andreas Schleicher, Leiter der Abteilung Bildung bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD: "Wenn man das den Schulleitungen überlässt, dann sehen wir kaum Effekte. Also die Schüler finden immer Wege, das zu umgehen. Wenn man das den Lehrkräften überlässt, (…) wobei Lehrkräfte sich mit den Schülern auf bestimmte Verfahren einigen, ist auch das im Grunde weitgehend wirkungslos.“

Forderung nach einheitlichen Regelungen
OECD-Bildungsexperte Schleicher, wie auch der Erziehungswissenschaftler Zierer von der Uni Augsburg und viele weitere Expertinnen und Experten fordern deshalb, dass die Bildungspolitik hier klare Regelungen schafft, die für alle gelten.
"Damit würde man die Schulleitungen lassen, wenn man sozusagen ein Medienkonzept auflegt, wo ein klares Verbot drin ist, wo klare Instrumente auch dabei sind, wie man so ein Verbot dann umsetzen kann und auch begleitet.“ Das sei die Aufgabe der Bildungspolitik. Und die müsse jetzt handeln.