Im Herbst 2024 hat jedes fünfte Kind angegeben, dass es Angst habe und auch psychisch belastet fühlt. Die psychische Gesundheit der Heranwachsenden hat sich seit dem Abflauen der Corona-Pandemie zwar etwas verbessert, ist aber längst nicht so gut wie vor der Pandemie. Grund dafür ist die andauernde weltweite Krisenlage und die kontinuierliche Konfrontation damit auf Social Media. Das zeigt die sogenannte Copsy-Studie.
"Denn nach der Corona-Pandemie belasten die Kinder und Jugendlichen nun andere Krisen", erklärt die Autorin der Studie Anne Kaman. So haben die Sorgen der Heranwachsenden in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen.
Wie gehen psychisch Erkrankte mit der Krise um?
Verstärkte Zukunftssorgen führen zu höherer psychischer Belastung
72 Prozent der Befragten machen sich große Sorgen in Bezug auf Kriege und Terrorismus. Mehr als 50 Prozent macht sich Sorgen über die wirtschaftlichen Krisen und die Klimakrise. "Diese Zukunftsängste gefährden die Psyche", erklärt Studienautorin Anne Kaman.
Das bedeutet, das Risiko der Kinder und Jugendlichen, durch diese Zukunftssorgen und Ängste, psychische Erkrankungen wie eine Depressionen zu entwickeln, ist dreifach erhöht. "Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit gibt es daher 5 Prozent mehr psychisch belastete Heranwachsende", berichtet die Psychologin Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der Forschungsgruppe.
Nicht genug therapeutisches Angebot für belastete Kinder und Jugendliche
"Gleichzeitig gibt es enorme Versorgungsengpässe bei Behandlung und Therapie", so Marcel Romanos, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Er warnt, das System sei bereits stark überlastet und könne vielen Kindern und Jugendlichen, die eine Behandlung brauchten, nicht mehr gerecht werden:
"Man muss bedenken, wenn viele Kinder belasteter sind, bedeutet das, wir haben auch mehr Kinder, die schwerstbelastet sind, mehr Kinder, die suizidal werden, mehr Kinder die intensiver Therapie bedürfen. Das bedeutet das Versorgungssystem ist auf allen Ebenen dadurch mehr belastet."
Damit die Zahl der psychisch belasteten Heranwachsenden nicht noch weiter ansteigt, fordert Romanos nicht nur den Ausbau der Behandlungsplätze, sondern auch eine nationale Strategie zur Prävention. Leider gebe es nur wenige Programme, die zudem kaum auf ihre Wirksamkeit untersucht seien.
Schulen sind gefragt, die Selbstwirksamkeit und Selbstregulation der Kinder zu stärken
Dabei sind einige der Schutzfaktoren gut bekannt, findet Ravens-Sieberer: "Wir sehen auch ganz deutlich, dass wenn Kinder und Jugendliche Ressourcen haben, also Möglichkeiten haben selbst auf ihre Gefühle und ihr Befinden einzuwirken, eine hohe Selbstwirksamkeitskompetenz, dann schützt das vor seelischer Belastung."
Selbstwirksamkeit, aber auch Selbstregulation sind wichtige Schutzfaktoren gegen die Überwältigung durch zahlreiche gesellschaftliche Krisen. Ravens-Sieberer fordert daher, dass "Heranwachsende in der Schule lernen sollten, wie sie selbst aktiv werden können, wenn es ihnen psychisch schlecht geht".
Zum Teil gebe es das schon, aber leider nicht flächendeckend und auch nicht gleich gut. Der Unterschied zwischen den Schulen kann teilweise sehr groß sein. „Ich glaube wir brauchen ein allumfassendes und wirklich für ganz Deutschland gutes Konzept und nicht so ein Nebeneinander von Modellprojekten, die dann auch immer wieder aussterben, sondern das muss ein größerer Wurf werden.“
Auch ein gutes familiäres Umfeld ist wichtig für die psychische Gesundheit
Was Heranwachsende noch gegen zu starke psychische Belastungen schütze, seien ein eingeschränkter Konsum von sozialen Medien, ein ökonomisch gesicherter Status der Herkunftsfamilie und gute familiäre Beziehungen.
„Wir sehen ganz deutlich, dass die Kinder, die über ein gutes Familienklima berichten, also die einen strukturierten Tagesablauf haben, aber die sich auch geliebt und unterstützt fühlen, die viel Zeit mit ihren Eltern und in der Familie verbringen, dass die besonders resilient sind und widerstandsfähig diesen Krisen gegenüber.“