Seit dem ersten gemeldeten Fall in China sind mittlerweile über eine Millionen Menschen an – oder mit dem neuartigen Coronavirus gestorben. Es wird viel über Corona-Tote und Infektionen berichtet. Das hat auch Einfluss auf die psychische Verfassung der Bevölkerung und macht besonders Personen zu schaffen, die unter Depressionen leiden.
Studie der Deutschen Depressionshilfe veröffentlicht neue Erkenntnisse.
Wie es diesen Menschen im Frühjahr ging und was sie jetzt tun können, damit sie gut durch die zweite Welle kommen, war jetzt bei einer Pressekonferenz der Stiftung Deutsche-Depressionshilfe das zentrale Thema. Vorgestellt wurden Daten aus dem "Deutschland-Barometer-Depression", das sich in diesem Jahr mit Corona und den Folgen für Menschen mit Depressionen befasst. Für die Studie wurden über 5000 Menschen im Alter zwischen 18 und 69 Jahren wurden befragt. Der Appell der Forscher*innen: Die Angstmache muss aufhören.
Depressiv Erkrankte reagierten unterschiedlich auf die erste Welle.
Personen, die bereits unter Depressionen litten, hatten besonders schwer mit der Situation im Frühling zu kämpfen. Die Bilder überforderter Ärzte und sterbender Menschen vom Frühling brennen sich bei ihnen ein. Manche haben so viel Angst, dass sie das Haus nicht mehr verlassen.
Ergebnisse der Studie besorgniserregend.
Nicht alle können mit der Situation umgehen, sagt Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe in Leipzig. Seit 30 Jahren setzt er sich für die Erforschung und Aufklärung über Depressionen ein. Besonders bedenklich stimmt ihn, dass sich die Versorgungsqualität deutlich verschlechtert hat.
Hegerl bezieht sich auf die Zahlen vom 4. Deutschland-Barometer Depression. 5.178 Deutsche zwischen 18 und 69 Jahren wurden dafür befragt. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt bei den Folgen von Corona für Menschen mit Depressionen. Dabei zeigt sich, dass ganze 13 Prozent der Betroffenen ihre Behandlungstermine selbst abgesagt hätten, aus Angst vor dem Virus.
Auch die Angebote selbst seien zurückgegangen. Etwa zehn Prozent der depressiv Erkrankten sagten, dass stationäre Behandlungen verschoben worden seien. Selbsthilfegruppen fielen aus und Termine würden abgesagt werden.
Das seien über 3 Millionen Menschen mit schlechterer Versorgung, gibt Hegerl zu bedenken. Noch dazu stellt die häusliche Isolation für viele Menschen ein Problem dar. Die Befragung ergab, dass 48% der depressiv Erkrankten tagsüber im Bett verbringen würden - mehr als doppelt so viele wie in der Allgemeinbevölkerung.
Dies ist bedenklich, da der Schlaf bei vielen Menschen sogar eher depressionsverstärkend wirkt, wie Hegerl erklärt. Nicht mehr als acht Stunden schlafen, empfiehlt der Psychiater, der sich seit 30 Jahren für mehr Forschung und Aufklärung bei Depressionen einsetzt.
Online-Angebote und eine klare Tagesstruktur können helfen.
Das Deutschland-Barometer Depressionen zeigt auch: Telefon oder Videositzungen haben an Akzeptanz gewonnen. 14 Prozent der weggebrochenen Therapien konnten dadurch ersetzt werden. Von den Nutzer*innen waren 80 Prozent sehr zufrieden. Auf Onlineprogramme, um den Tag besser zu strukturieren, hätte es einen regelrechten Sturm gegeben.
Viele Betroffene nutzten während des Lockdowns diese Online-Angebote, um mit der Situation fertig zu werden. Wichtig isz dabei für viele eine klare Tagesstruktur: "Früh aufstehen, regelmäßig Sport treiben, rausgehen und mit Freunden telefonieren" rät eine 25-Jährige Betroffene. Und Professor Hegerl appelliert, den Menschen nicht mehr so viel Angst zu machen.
Insgesamt nicht mehr Erkrankungen als vor der Krise.
Trotz der hohen psychischen Belastung durch die Einschränkung des Alltags gibt es insgesamt nicht mehr Depressionen als vorher. Aber gerade die Kranken hätten eben besonders hart zu kämpfen, betont Hegerl. Die Hälfte der Termine beim Psychotherapeuten wurden abgesagt. Jeder zehnte Klinikaufenthalt fiel aus.
Insgesamt ist ein Drittel aller Behandlungen während der ersten Corona-Welle weggebrochen. Viele Patient*innen hätten einen Rückfall, ohne sich an einen Therapeuten zu wenden. Ulrich Hegerl fordert, dass die Menschen auch in der Corona-Krise ein Recht auf eine leitlinienkonforme, konsequente Behandlung haben.