DAK Gesundheitsreport

Jeder fünfte Arbeitnehmer leidet unter psychischen Risikofaktoren

Stand
Autor/in
Lisa Schmierer
Onlinefassung
Antonia Weise

Fast ein Fünftel leidet unter Stress, Ängsten oder Depressionen und hat somit ein psychisch bedingtes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Gesundheitsreport der DAK.

Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen steigt

Die Anzahl an Fehltagen wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist um 10 Prozent zurück gegangen - auf knapp 60 Tage pro 100 Versicherten pro Jahr. Das schreibt die DAK in ihrem diesjährigen Gesundheitsreport. Dies klingt gut, doch dafür steigen die Fehlzeiten wegen Stress, Ängsten und Depressionen seit Jahren.

Fast jeder fünfte Arbeitnehmer leidet laut DAK mittlerweile unter mindestens einem dieser drei psychischen Risikofaktoren. Laut Studie sind 22 Prozent aller Frauen und 16 Prozent aller Männer davon betroffen. Und diese Risikofaktoren gefährden nicht nur die mentale Gesundheit, sondern auch die körperliche, warnt Psychologe Hans-Dieter Nolting. Vor allem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steige durch psychische Erkrankungen deutlich:

„Diese physischen Faktoren, wie zum Beispiel eine depressive Erkrankung oder psychisch bedingte Erschöpfungszustände, rangieren in ihrer Relevanz als Risikofaktor in etwa auf der gleichen Höhe wie Fettleibigkeit und kommen zusätzlich noch dazu zu diesen körperlichen Faktoren als ein risikoerhöhender Faktor." Wenn man ohne Depression rauchen würde, sei es weniger riskant, als mit einer Depression zu rauchen, so der Diplom-Psychologe.

Ein Arzt misst den Blutdruck einer Patientin.
Die „klassischen“ körperlichen Risikofaktoren im Hinblick auf die Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes sowie Adipositas.

Gesundes Verhalten im Alltag und psychische Erkrankung – eine Wechselwirkung

Dafür gibt es vor allem zwei Faktoren: biologische Mechanismen im Körper und das Verhalten psychisch Erkrankter. Eine Depression bedeutet für den Körper permanenten Stress: Nervenbotenstoffe werden vermehrt freigesetzt, Entzündungen im Körper werden angeheizt. Zudem neigen Betroffene auch eher zu gesundheitsschädlichem Verhalten, sagt Christoph Hermann-Lingen, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Eine Raucherpause zur Entspannung, Frustessen gegen den Stress. Im Allgemeinen fällt es Menschen schwerer, sich bei einer psychischen Erkrankung gesund zu verhalten.  

"(...) Wenn jemand mitten in einer Depression ist, werden sie ihn nicht dazu motivieren können, regelmäßig Sport zu machen oder auch seine Medikamente zu nehmen.“  

Arbeitsplatz: Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung  

Besonders am Arbeitsplatz gebe es viele Faktoren, die Stress und Ängste befeuern. Das Hauptproblem: Die sogenannte Gratifikationskrise, eine Kluft zwischen Leistung und Belohnung. Hans-Dieter Nolting meint, wenn Arbeitnehmer sich sehr verausgaben würden und die dementsprechende Wertschätzung erfahren, sei dies kein Stress. Sobald jedoch ein Ungleichgewicht vorhanden sei, das heißt, jemand leistet viel, wird dafür aber nicht entsprechend belohnt, wirkt sich das als negativer Stress aus.

Hans-Dieter Nolting auf einer Pressekonferenz zum DAK-Gesundheitsreport
Hans-Dieter Nolting, Geschäftsführer des IGES Instituts, auf der Pressekonferenz zum DAK-Gesundheitsreport. Für die Studie der DAK wurden 7.100 erwerbstätige Frauen und Männer durch das Forsa-Institut repräsentativ befragt.

Weniger als die Hälfte der Erwerbstätigen kann präventive Maßnahmen wahrnehmen

Zeitdruck und hohes Arbeitsvolumen auf der einen Seite, schlechte Arbeitsbedingungen, zu wenig Geld und mangelnde Wertschätzung auf der anderen Seite. Fast neun Prozent aller Befragten gaben im Gesundheitsreport an, davon betroffen zu sein. Wichtig sei deshalb ein ganzheitliches Programm statt einzelner Angebote. Nur so verstehen Betroffenen laut Psychologe Hermann-Lingen die Sinnhaftigkeit der Angebote. „Es wird einem depressiven Beschäftigten möglicherweise gar nicht attraktiv erscheinen, an einem körperlichen Fitness-Programm erscheinen.“  

Allerdings müsse das Angebot auch in der Breite ausgebaut werden. Besonders Betroffene erhalten seltener Angebote von Ihren Arbeitgebern. Nicht einmal die Hälfte der Erwerbstätigen kann präventive Maßnahmen durch den Arbeitgeber wahrnehmen.

Am geringsten ist das Angebot in Berufen, die keinen Studienabschluss erfordern. Gibt es Angebote vom Arbeitgeber, dann wissen Arbeitnehmer oft nicht darüber Bescheid. Auch die Bekanntheit bestehender Angebote durch die Krankenkassen ist verbesserungswürdig. Mehr als jeder dritte kennt diese nicht.  

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Lisa Schmierer
Onlinefassung
Antonia Weise