Baden-Württemberg

Rechnungshof will kleine Studiengänge wegsparen

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Autor/in
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.
Onlinefassung
Lilly Zerbst
Portraitbild der Reporterin Lilly Zerbst.

Der Landesrechnungshof will kleine Master-Studiengänge mit nur drei Professuren streichen oder stärker zusammenfassen - aus wirtschaftlichen Gründen. Haben solche Fächer eine Daseinsberechtigung? Ein Kommentar.

Zunächst mal ist es billig zu fordern, dass gerade die kleinen Studienfächer - die sogenannten Orchideenfächer - zusammengespart oder gleich abgeschafft werden sollen. Denn oberflächlich betrachtet ist es tatsächlich schwierig zu vermitteln, warum beispielsweise Ägyptologie mit gerade mal zwei Professuren in Baden-Württemberg oder Kristallographie mit nur einer Professorenstelle erhalten werden sollen. Die Liste der Orchideenfächer in Baden-Württemberg ist lang.

Fokus auf wirtschaftlichen Nutzen ist zu kurz gedacht

Die Prüfer des Landesrechnungshofes kritisieren: Es sei wirtschaftlich nicht vertretbar, diese Studiengänge dauerhaft anzubieten. Und weiter: Die dafür vorgehaltenen Ressourcen erzeugten nur wenig Nutzen und fehlten an anderer Stelle, vor allem in den dauerhaft überlasteten Bereichen.

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Folgt man dieser Argumentation, dann bedeutet das aber, die Wissenschaft komplett dem Prinzip des aktuellen wirtschaftlichen Nutzens unterzuordnen und das ist verdammt kurz gedacht. Denn wenn wir als Gesellschaft uns nur noch Breitbandfächer wie Jura, Medizin und BWL leisten und dafür den letzten Afrikanisten oder die letzte Judaistin einsparen, dann fehlt uns das Wissen über diese Gesellschaften und Sprachen, das wir in Zukunft mit Sicherheit brauchen werden. So hat zum Beispiel der Wirtschaftskonflikt mit China der Sinologie Aufwind gebracht. Auch das ist ein Fach, das lange als brotloses Orchideenfach geschmäht wurde.

Orchideenfächer verbinden Forschungsfelder

Heute sind gerade kleine Fächer diejenigen, die Brücken schlagen zu anderen Fächern und in Forschungsverbünden Kooperationen eingehen - wohlwissend, dass sie nur so ihre Existenz erhalten können. Und die Kleinen sind bei der Drittmittel-Einwerbung sehr erfolgreich. Trotzdem werden es bundesweit immer weniger.

Interessenskonflikt in BW

Schon 2011 wurde mit Unterstützung des Bundes und der Hochschulrektorenkonferenz eine Liste der bedrohten Fächer angelegt. Diese zu schützen hat sich vor zehn Jahren übrigens auch Baden-Württemberg auf die Fahne geschrieben. Die frühere Wissenschaftsministerin Theresia Bauer erklärte, die ‘Kleinen Fächer’ seien von unschätzbarer Bedeutung für die Grundlagenforschung und die Vielfalt des Denkens in unserer Gesellschaft. Darum sollten deren Kompetenzen in Baden-Württemberg erhalten werden.

In ein ganz anderes Horn bläst nun der Landesrechnungshof. Er fordert: Gesetzgeber und Landesregierung sollten sicherstellen, dass die Hochschulen auf diese Studiengänge verzichten oder die Fächer stärker zusammenfassen sollten. Außerdem solle im Landeshochschulgesetz festgeschrieben werden, dass Unis auf schwache Nachfrage künftig zwingend reagieren müssen. Doch das wäre ein absolutes Versagen und ein Zwang der Wissenschaft unter die Sparpolitik - nicht nur weil die kleinen Fächer elementar sind für die Grundlagenforschung und die Vielfalt des Denkens, sondern weil das ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit bedeuten würde. Und die ist ein hohes Gut, dass es zu schützen gilt.

Wirtschaft und Finanzpolitik dürfen der Wissenschaft nicht vorschreiben, in welchen Bereichen geforscht werden darf. Und das nur dem kurzfristigen Nutzen der Fächer unterzuordnen wäre grundlegend falsch. Stattdessen müsste mehr getan werden, um gerade die kleinen Fächer, die Orchideen zu schützen und ihr Wissen und ihre Kompetenzen zu erhalten.

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