Der Hautpilz Trichophyton tonsurans haftet an Kämmen, Scheren oder Rasiermessern. Mangelnde Hygiene sorgt für eine rasche Verbreitung der Pilzinfektion - auch bei Friseuren in Baden Württemberg. Der Pilz kommt ursprünglich aus der Ringerszene. Dort ist er schon lange bekannt - durch den Kontaktsport hat er sich stark verbreitet. Er überlebt auch auf der Ringermatte, denn der Pilz braucht keinen belebten Wirt - nur Haare. Nun ist dem Hautpilz der Sprung in die Barbershops gelungen und dort verbreitet er sich rasant.
Martin Schaller ist Dermatologe an der Uniklinik Tübingen. Er sagt, dass 80 Prozent seiner Patienten mit dem Haarpilz in einem Barbershop waren. Meistens handele es sich um Männer zwischen 15 und 35 Jahren. "Wir haben sehr viele junge Patienten. Und wenn es an der Kopfhaut zu einer Entzündung, Pusteln oder Eiter kommt, dann ist ein Pilz sehr wahrscheinlich", so Schaller. "Und wenn der junge Herr auch noch einen Undercut oder Fade Cut hat, dann kann ich schon mit Sicherheit voraussagen: das könnte Tonsurans sein."
Bei einem Undercut wird das untere Haar rund um den Kopf auf wenige Millimeter gekürzt, bei einem Fade Cut an den Seiten und am Hinterkopf - angefangen von oben nach unten.
In Barbershops findet der Pilz gute Bedingungen
Der Haarpilz mit dem akademischen Namen Trichophyton tonsurans verbreitet sich in Deutschland zurzeit regelrecht epidemisch: Für Baden-Württemberg hat Schaller die Zahlen der Betroffenen in einer Karte erfasst. Der Hotspot ist südwestlich von Stuttgart, in Sindelfingen und in Böblingen. "Wenn Sie einen ordentlichen Haarschnitt haben wollen, dann müssen Sie halt doch sicherheitshalber auf die Schwäbische Alb gehen. Da ist relativ wenig", rät Schaller.
In den beliebten Barbershops findet der Pilz hervorragende Lebensbedingungen, da dort "die hygienischen Bedingungen nicht so super sind. Der Rasierer wird wahrscheinlich nicht desinfiziert", so Schaller.
Entzündungen und Haarausfall durch den hochansteckenden Hautpilz
Der Pilz überlebt gern auf unbelebten Oberflächen wie Rasierern und Scherköpfen, ernährt sich von Haaren und ist auch von Mensch zu Mensch ansteckend. Wenn er zuschlägt, bildet die Haut rote juckende Stellen und oft auch eitrige Pusteln am Nacken oder Hals. "Es ist einfach eine starke Entzündung. Der Pilz braucht Haare, Nägel oder Haut, um zu wachsen. Und beim behaarten Kopf wächst das sozusagen dem Haar nach unten in die Haut rein und macht diese Abszesse", erläutert Martin Schaller.
Deshalb wird der Pilz häufig zunächst als Bakterieninfektion fehlgedeutet. Es kann aber auch sein, dass der Pilzbefall gar keine Entzündung verursacht, sondern dass einfach an einer kreisrunden Stelle die Haare abbrechen und man dann eine runde nackte Stelle auf dem Kopf bekommt - wie eine Tonsur. Daher auch der Fachname Trichophyton tonsurans. Dieser Haarausfall ist in der Regel aber nicht von Dauer.
Therapie gegen den Hautpilz dauert Monate
Eine gute Nachricht: Der Pilz lässt sich einfach behandeln. Erste Anlaufstelle ist hier der Hautarzt oder die Hautärztin. Äußerlich trägt man laut Schaller Cremes und Lösungen auf, "um die Ansteckungsfähigkeit zu vermindern. Aber wenn man ihn loswerden will, muss man über mehrere Monate Tabletten nehmen. Die sind gut verträglich".
In Deutschland sind diese Tabletten für Minderjährige nicht zugelassen, in der Schweiz und Österreich aber schon. Weil es laut Schaller die einzige Therapie ist, werden die Tabletten Minderjährigen im Off-Label-Use gegeben - also außerhalb der eigentlichen medizinischen Zulassung.
In Barbershops auf Hygiene-Eindruck achten
Doch wie kann ich erkennen, ob ein Barbershop auf Hygiene achtet und ich mir ohne Pilzgefahr die Haare oder den Bart machen lassen kann? Dermatologe Schaller empfiehlt zum Beispiel, nachzufragen, ob die Rasierer nach jedem Kunden gereinigt und desinfiziert werden. Aber sehen kann man den Pilzbefall nicht.