Corona-Pandemie

Tiefgekühlt bei -70 Grad: Biontechs Corona-Impfstoff

Stand
Interview
David Beck
Onlinefassung
Vincent Kolominsky

Der Corona-Impfstoff von Biontech erfordert, genauso wie die Stoffe anderer Firmen, extreme Temperaturen zur Kühlung. Den Grund und die Folgen erklärt David Beck von SWR Wissen.

Minus 70° Celsius. Das ist die Temperatur, bei der der Covid-19-Impfstoff der Firma Biontech, gelagert beziehungsweise transportiert werden muss. Auch in der EU wird dieser Impfstoff zum Einsatz kommen.

Warum muss der neue Corona-Impfstoff bei extremer Kälte gelagert werden?

Im Gegensatz zu einem normalen Grippe-Impfstoff der bei normalen Kühlschranktemperaturen aufbewahrt werden kann, erfordert der Impfstoff von Biontech extrem niedrige Temperaturen.

Es handelt sich bei dem Impfstoff um den ersten einer ganz neuen Art von Impfstoffen – einer neuen sogenannten Plattform. Grippeimpfstoffe gibt es auf verschiedenen Plattformen, zum Beispiel abgeschwächte oder tote Viren oder Teile von Viren. Das Immunsystem erkennt diese Viren oder Virusteile und produziert Antikörper dagegen.

Eine Wissenschaftlerin im Labor extrahiert mit einer Spritze einen Impfstoff
Der Corona-Impfstoff basiert auf einer neuen Plattform: mRNA. Diese erfordert extrem niedrige Temparaturen, um erhalten zu werden.

Was bei dem Corona-Impfstoff von Biontech gespritzt wird ist sogenannte mRNA – genetisches Material, aus dem der Körper selbst Teile des Virus produziert. Diese werden dann – wie bei den Grippeimpfstoffen – vom Immunsystem erkannt, das dann Antikörper bildet. Und diese mRNA muss eben bei -70°C gelagert werden.

Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass zwar genetisches Material gespritzt wird, aber es praktisch unmöglich ist, dass dieses Material in das menschliche Erbgut eingebaut wird. In den Zellen werden die Virusproteine nachgebaut, dann wird die mRNA abgebaut und verschwindet.

Eine Person zieht eine Box aus einem Labor-Tiefkühler
Bei bis zu minus 80 Grad müssen Impfstoffe, die auf mRNA basieren, gelagert werden. Daher brauchen sie eine gewisse Zeit im Kühlschrank, um aufzutauen.

Was passiert mit dem gefrorenen Impfstoff vor der Injektion?

Um den Impfstoff auf eine Temperatur zu bringen, bei der er injiziert werden kann, muss er rechtzeitig aufgetaut werden. Dazu kann ein Teil der Impfdosen über Nacht im Kühlschrank gelagert werden, die dann direkt am nächsten Morgen verimpft werden können. Bis zu fünf Tage ist der Impfstoff im Kühlschrank haltbar, gibt Biontech an.

Wenn absehbar ist, dass im Laufe des Tages mehr gebraucht wird, dann muss man eben rechtzeitig wieder nachgelegt wird. Wichtig ist nur, dass möglichst wenig verschwendet wird. Der Kühlschrank sollte also abends leer sein. Aber genau dafür sind die Impfzentren, die geplant sind, perfekt. Dort werden sich relativ schnell Erfahrungswerte über die Zahl und Auftauzeit der Impfdosen einstellen.

Covid-19-Impfdosen in Gläsern
Die Temperaturen für die Lagerung von mRNA-basierten Impfstoffen und ihre damit verbundene Haltbarkeit im Kühlschrank sind unterschiedlich.

Müssen alle Impfstoffe so stark gekühlt werden?

Auch die Impfstoffe anderer Firmen benötigen extreme Kühlung, deren Lagerungs-Temperatur variiert. Der andere deutsche Kandidat im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium, Curevac, ist ebenfalls ein RNA-Impfstoff, der auch extrem tiefgekühlt werden muss. Das Forschungsprodukt von Moderna aus den USA, auch ein RNA-Impfstoff, muss allerdings nur bei -20 Grad gekühlt werden. 

Moderna hat schon relativ viel Erfahrung mit RNA-Impfstoffen, auch wenn sie bisher keinen auf dem Markt haben. Das Unternehmen behauptet, dass ihr Imfpstoff aufgetaut im Kühlschrank Wochen oder sogar Monate haltbar sein könnte. Dazu gibt es aber keine Studie, die die Behauptung belegen könnte.

AstraZeneca aus Großbritannien arbeitet an einer Art DNA-Impfstoff, der ganz ähnlich funktioniert, wie die RNA-Impfstoffe, jedoch einen besonderen Vorteil besitzt. Er kann im Kühlschrank gelagert und transportiert werden, ohne seine Wirkung zu verlieren. Mit einem derartigen Impfstoff könnten logistische Probleme von Transport, Lagerung und Bereitstellung deutlich reduziert werden.

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