Wege aus der Pandemie

Wie sicher ist die schnelle Zulassung für einen Corona-Impfstoff?

Stand
Autor/in
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.

Corona-Impfstoffe werden in Europa in beschleunigten Verfahren von der europäische Arzneimittelbehörde zugelassen. In den USA und anderen Ländern gibt es Notfallzulassungen. Wie sicher sind solche Impfstoffe?

Was bedeutet Notfall-Zulassung eigentlich ganz konkret?

Mit einer Notfallzulassung können die Corona-Impfstoffe eingesetzt werden, obwohl längere Studien zur Sicherheit und Wirkung noch fehlen.

Bei einer reguläre Zulassung wird ein neuer Impfstoff oft mehrere Jahre ausführlich getestet. An unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, mit unterschiedlichen Dosierungen. Vor allem aber geht es um die Nachbeobachtung der Probanden.

Impfstoff Testphase drei wird verkürzt

Durch eine Notfallzulassung in den USA ist die Testphase drei verkürzt worden. In dieser dritten und letzten Testphase des Impfstoffes von Biontech/Pfizer wurden rund 44.000 Probanden beobachtet. Die eine Hälfte von ihnen hat den Corona-Impfstoff erhalten, die andere eine Placebo-Spritze. Die Analysen haben ergeben, dass der Impfstoff eine 95-prozentige Wirksamkeit zeigt.

Das Mittel des US-Unternehmens Pfizer und seines deutschen Partners Biontech soll auch ältere Menschen zu schützen, die das höchste Risiko haben, nach einer Covid-19-Erkrankung zu sterben, das teilten Pfizer und Biontech mit.

Auch der Impfstoff von Moderna wurde an einer großen Gruppe getestet. Von den rund 30.000 Probanden erkrankten 95 Studienteilnehmer an Covid-19. Nur fünf davon waren zuvor geimpft worden. Daraus errechnet sich eine Wirksamkeit von rund 94,5 Prozent. Der Impfstoff von Moderna wurde ebenfalls per Notfallzulassung bei der amerikanischen Behörde FDA zugelassen.

Die FDA hat ihre Zulassungsbestimmungen für eine Notfall-Zulassung verschärft. Sie fordert Sicherheitsdaten von mindestens zwei Monaten nach Verabreichung der letzten Impfstoffdosis.
Die FDA hat ihre Zulassungsbestimmungen für eine Notfall-Zulassung verschärft. Sie fordert Sicherheitsdaten von mindestens zwei Monaten nach Verabreichung der letzten Impfstoffdosis.

Auch in Europa laufen mehrere Zulassungsprozesse

In Europa läuft der Zulassungsprozess für die Corona-Impfstoffe nicht über eine Notfallzulassung, sondern über das "beschleunigte Verfahren". Der Virologe Hartmut Hengel von der Universität Freiburg hält das für angemessen:

Natürlich darf nicht die Qualität der kritischen Prüfung darunter leiden, aber ich denke, dass wird nicht der Fall sein. Wenn die Daten ein Problem anzeigen, dann wird man handeln und die Zulassung tatsächlich wieder zurückziehen. Wenn solche Probleme nicht nachweisbar sind, dann wird der Impfstoff die Zulassung behalten und er wird hoffentlich viel Gutes bewirken. 

Das beschleunigte Verfahren läuft so ab, dass die europäische Arzneimittelbehörde die neuen Daten und Ergebnisse immer direkt vom Impfstoffentwickler bekommt und sie schon prüfen kann, bevor der Antrag auf Zulassung gestellt wird. Die EMA checkt, ob die Qualität, die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes ihren Ansprüchen genügt.

Über die beschleunigten Verfahren gab es über die europäische Arzneimittelbehörde bislang eine Empfehlung für die Impfstoffe von Biontech, Biontech und AstraZeneca. Andere Zulassungsverfahren laufen. (Stand. 10. März 2021).

Zulassungsprozesse für den Corona-Impfstoffe laufen über die europäische Arzneimittelbehörde EMA.
Zulassungsprozesse für den Corona-Impfstoffe laufen über die europäische Arzneimittelbehörde EMA.

Spätere Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen

Nach den bisherigen Erfahrungen scheinen die beiden Corona-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca sicher zu sein. Die meisten Geimpften haben keine ernsten Nebenwirkungen gezeigt. Berichtet wird von leichteren Nebenwirkungen wie Rötungen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen und leichtem Fieber. Das ist bei einer Impfung im Toleranzbereich. Es gab allerdings mehrere Fälle von starken allergischen Reaktionen auf die Impfstoffe. Schwere Nebenwirkungen können zudem auch später noch auftreten, erklärt Virologe Hengel:

Es gibt natürlich seltene Nebenwirkungen, die schwer sein können, die so selten sind, dass man sie jetzt innerhalb dieser Gesamtmenge eben in so kurzer Zeit nicht feststellen kann. Und aus der Vergangenheit von anderen Impfstoffen wissen wird, dass solche Nebenwirkungen prinzipiell auftreten können. Sodass man hier noch Geduld haben muss, aber immerhin, was wir hier bisher sehen ist vielversprechend. 

Bisher gibt es noch keine Details zu der Gruppe, die sich in den Phase drei Studien mit Covid 19 infiziert hat. Wichtig wäre vor allem der Schutz älterer Menschen und von Hochrisikopatienten.
Bisher gibt es noch keine Details zu der Gruppe, die sich in den Phase drei Studien mit Covid 19 infiziert hat. Wichtig wäre vor allem der Schutz älterer Menschen und von Hochrisikopatienten.

Welche Fragen sind eigentlich noch offen, was die Beurteilung des Impfstoffes angeht?

Es bleiben Fragen offen: Stoppt die Impfung nur milde Infektionen, die wahrscheinlich ohnehin nach einigen Tagen wieder verschwinden? Wird sie auch symptomlose Infektionen verhindern können? Sind Geimpfte weiter infektiös, können sie also noch andere Menschen anstecken?

Auch die Frage, wie lange der Impfschutz andauert, kann noch gar nicht beantwortet werden. Biontech-Gründer Ugur Sahin geht aber davon aus, dass er mindestens ein Jahr lang schützt. Bisher liegen aber erst Daten für einen Zeitraum von knapp sechs Monaten vor. Sie stammen von den Probanden, mit denen die Tests mit dem Impfstoff begonnen haben.

Eine Lagerhalle in Italien wird für die Aufbewahrung des Impfstoffes hergerichtet.
In Italien stellt das Kühlschrank-Unternehmen "Desmon" Transport- und Lagerungssysteme für den Impfstoff zur Verfügung, der bei -80 Grad Celsius gelagert werden muss.