Immer neue Erfindungen, Roboter und Künstliche Intelligenz - manch einer fragt sich: Wann wird eine Maschine meinen Job übernehmen? Ein Team um den KI-Experten Dario Floreano hat sich der Frage nun angenommen.
Was muss man in welchem Beruf können?
Dazu haben sie zunächst systematisch die Fähigkeiten analysiert, die das amerikanische Arbeitsministerium für jeden einzelnen Job auflistet. Vom Altenpfleger bis zum Zoologen umfasst die US-Datenbank fast 1000 Berufe. Demnach müssen Metzgerinnen und Metzger etwa geschickt sein, ein gutes Auge haben und sich konzentrieren können. Anwältinnen und Anwälte müssen sich ausdrücken können und argumentieren. Schauspielerinnen und Schauspieler brauchen ein gutes Gedächtnis und Originalität.
Das Team hat dann ermittelt: Welche dieser Fähigkeiten besitzen Maschinen heute auch schon? Der Schweizer Ökonom Rafael Lalive erläutert, dass ein Physiker zum Beispiel auf hohem Niveau Schlussfolgerungen trifft. Dies sei eine Fähigkeit und wenn eine Maschine das heute könne, dann könne sie einen Teil der Arbeit übernehmen. Wenn die Maschine noch nicht so weit sei, dann würde das nicht gehen.
Gibt es bald Roboter-Metzger?
Maschinen besitzen heute schon Fingerfertigkeit und physische Stärke – aber überraschenderweise haben sie auch ein Problembewusstsein, denn sie erkennen, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Was den Apparaten fehlt, sind Originalität, Koordination oder die Fähigkeit, Probleme zu lösen. Mit diesem Wissen haben die Forschenden für jeden Beruf einen Automatisierungs-Risiko-Index berechnet.
Konkret gesagt bedeutet das, dass der Beruf des Fleischwarenherstellers laut der Analyse der am meisten gefährdete Beruf ist. Er hat einen Automatisierungs-Risiko-Index von 78 Prozent. Das heißt: 78 Prozent der notwendigen Fähigkeiten bringen Roboter heute schon mit. Am anderen Ende des Spektrums sind Physiker. Ihr Risiko-Index liegt bei 43 Prozent. Immerhin: Maschinen beherrschen heute schon fast die Hälfte der Fähigkeiten, die den mutmaßlich sichersten Beruf ausmachen.
Ingenieure, Chirurgen und Piloten sind relativ sicher // Roboter-Modells?
Berufe wie Ingenieure, Chirurgen, Piloten, Fluglotsen und die meisten Ärzte sind sicher – wobei Fachärzte für Strahlenheilkunde sich bereits im Mittelfeld bewegen, in der Nähe von Küchenchefs. Im unteren Mittelfeld finden sich Barkeeper und persönliche Pflegekräfte. Nochmals deutlich unsicherer sind die Jobs von Kassierern, Tellerwäschern, Taxifahrern oder Models. Hier geht es nicht um Top-Models, aber die Job-Beschreibung eines Models ist attraktiv für Roboter. Dario Floreano führt aus, dass es mittlerweile zum Beispiel in Japan schon Androiden gibt.
Hier zeigt sich eine Schwäche der Studie. Denn man kann einwenden, dass sich ein Beruf nicht allein mit einer Liste aus Fähigkeiten erfassen kann. Vielleicht braucht ein Model schlicht das „gewisse Etwas“, oder zumindest etwas, das in keiner Datenbank auftaucht.
Ein anderes Beispiel: Die Datenbank listet 18 notwendige Fähigkeiten für Hausärzte auf – Einfühlungsvermögen ist nicht darunter. Der Forscher Rafael Lalive sagt dazu, dass sie sich auf grundlegende körperliche und geistige Fähigkeiten konzentriert haben. Damit hätten sie nicht die komplette Realität des Berufes eingefangen, aber zumindest einen sehr großen Teil.
Realitätscheck: wie gut sind die Ergebnisse wirklich?
Trotz dieser Einschränkung hat die Arbeit einen Realitätscheck bestanden.
Zudem haben die Forschenden ermittelt, in welchen Beruf man ausweichen sollte. Dafür berechnen sie Alternativen, die wenig Umschulung erfordern und gleichzeitig mehr Sicherheit vor Automatisierung bieten. So sollten Kassierer zu Kreditprüfern umschulen. Aus Metzgern könnten Urkundsbeamte werden, aus Taxifahrern Interviewer für die Marktforschung.
Wer will, kann sich in einem Online-Tool der Forschenden Alternativen für seinen Beruf vorschlagen lassen. Die Tipps sind aber oft enttäuschend. Das System schlägt beispielweise oft vor, auf Mathematiker oder Physiker umzuschulen – doch das sind eben hochkomplexe Professionen, die nur ein kleiner Teil der Bevölkerung ausüben kann.
Umsetzung in der Politik?
Dennoch findet der italienische Ökonom Andrea Gentili die Ergebnisse beeindruckend und hilfreich für den Einzelnen. Jedoch hinterfragt er, ob der Index von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern genutzt wird, um zum Beispiel das Bildungssystem daran anzupassen.
Denn Menschen werden nur von Robotern ersetzt, wenn sich das rechnet. Diese ökonomische Dimension haben die Forschenden bislang ausgeblendet. Andrea Gentili verweist hier auf eine der großen unbeantworteten Fragen der Wirtschaftswissenschaften: Zerstört Automatisierung Arbeitsplätze oder schafft sie eher neue?
Wie sicher ist der Job als Journalist*in?
Könnte dieser Beitragstext bald von einer trainierten KI geschrieben werden? David Beck aus der SWR Wissenschaftsredaktion hat die künstliche Intelligenz GPT-3 des amerikanischen Unternehmens OpenAI mit allen Beiträgen trainiert, die er in den vergangenen eineinhalb Jahren geschrieben hat. Jetzt schreibt sie auf Befehl Beiträge, die überraschend nahe an seinem Schreibstil sind.
Doch einen Haken hat die Sache: Die GPT-3 kann eines noch nicht und das ist Recherche. Nehmen Sie deswegen den folgenden Beitrag inhaltlich bitte nicht ernst, er ist lediglich eine Demonstration davon, zu was GPT-3 in der Lage ist. Gesprochen ist der Beitrag von David Beck selbst, geschrieben wurde er aber komplett von der künstlichen Intelligenz.