Entwicklungspsychologie

Wie entwickelt sich Humor bei Kindern?

Stand
Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Schon Humor oder noch Reflex?

Entwicklungspsychologen konnten zeigen: Das geht schon im ersten Lebensjahr los. Wobei man genau hingucken muss: Wenn ein Baby lacht, wenn man es kitzelt – und das tut es schon mit vier Monaten – ist das wirklich schon Humor? Oder nur ein Reflex oder einfach soziales Lachen?

Das ist nicht so ganz klar. Aber dann kommen schon im frühen Alter auch andere Situationen, in denen es eindeutiger ist. Eltern kennen das, wenn sie zum Beispiel gegenüber ihren Kleinkindern eine pseudo-fiese Grimasse ziehen oder sie es zum Schein durchs Zimmer jagen. Das finden Kinder in der Regel ja auch schon lustig – solange es die eigenen Eltern sind, erkennen sie: Die wollen mir jetzt nicht wirklich was böses, sondern das ist nur Spaß.

Humor durch Beobachtung erlernen

Wenn dagegen ein Fremder eine fiese Grimasse zieht, macht ihnen das eher Angst. Und das deutet auch auf die soziale Bedeutung von Humor hin. Gemeinsames Lachen verbindet ja auch. Und da konnte man zeigen, dass diese Art von Humor tatsächlich schon im Säuglingsalter beginnen kann, bei etwa sechs bis acht Monaten. Dass es da aber auch sehr darauf ankommt, was sie an Humor bei ihren Eltern beobachten können. Das heißt, sie lernen Humor am Anfang vor allem auch durch Nachahmung: Sie machen die Erfahrung, dass Eltern in bestimmten Situationen lachen. Oder die Augen aufreißen und so tun, als würden sie dem Kind die Rassel wegnehmen wollen, wo aber offensichtlich ist: Sie wollen es nicht wirklich, sie machen nur einen Spaß.

Humor ist der Bruch mit Erwartungen

Grundsätzlich gibt es sehr viele Arten von Humor, auch bei Kindern. Aber wenn man nach einem gemeinsamen Nenner sucht, dann ist es vielleicht der: Humor bricht immer mit irgendeiner Form von Erwartung. Psychologen nennen das das "Inkongruenzprinzip". Das gilt für den Slapstick-Humor bis zum Sprachwitz.

Ob sich das Kind einen Topf über den Kopf zieht und damit lachend durchs Zimmer läuft oder ob es, wenn es ein bisschen älter ist, ein Wortspiel macht oder eine ironische Bemerkung – jede humorvolle Situation beinhaltet irgendeinen Bruch mit Erwartungen, irgendwas fällt aus dem Rahmen. Das gilt auch, wenn sich ein Kind darüber königlich amüsieren, wenn es mit kleinen Tabus bricht – also zum Beispiel böse Wörter wie "Kacka" in den Mund nimmt oder seine Eltern sonst wie veralbert.

Dieses Brechen von Erwartungen, das Umdeuten eines Kontextes, ist eine kognitive Leistung, die ein Kind erst mal lernen muss. Auf einer kognitiven Ebene bedeutet Humor haben also: zu verstehen, dass eine Handlung auch mal nicht ernst gemeint ist.

Das ist ja das Wesen der Ironie: Ich sage etwas, meine aber das Gegenteil, und das zu verstehen, ist eine Voraussetzung von Humor. Sofern es sich um sprachliche Äußerungen handelt, können Kinder das etwa im Alter von 2 bis 3 Jahren lernen. Aber andere Formen von Humor, wo es einfach darum geht, unernste Situationen als solche zu erkennen, das geht schon im ersten Lebensjahr los. So verfeinert und erweitert sich der Humor im Lauf der weiteren Entwicklung.

Psychologie Schreien – Eine verkannte Fähigkeit

Hat Schreien zu Unrecht einen miesen Ruf? Manche sagen, Babys lernen über das Schreien sprechen. Und auch für Erwachsene ist es wichtig – ob aus Wut, Trauer oder Begeisterung.

SWR2 Wissen SWR2

Biologie Warum sind Baby-Augen blau?

Die Einfärbung der Augen ist erst ein Jahr nach der Geburt abgeschlossen. Woher kommt das Blau und wie kommen die anderen Farben zustande? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Gewalt Wenn Kinder gewalttätig werden – ist das angeboren?

Zur Aggression gehören immer zwei Teile: Der angeborene Teil ist temperamentsbedingt. Das kann eine hohe Reizbarkeit sein, niedrige Frustrationstoleranz oder Impulsivität. Von Christoph Paulus

Entwicklung Warum können Säuglinge tauchen, ohne sich zu verschlucken?

Weil sie das im Bauch der Mutter, wo sie im Fruchtwasser geschwommen sind, so gelernt haben. Säuglinge haben noch einen angeborenen Tauchreflex. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Medizin Hilfe für krebskranke Kinder | "Das ist etwas, was dem Patienten Nutzen bringen könnte"

Tumoren bei Kindern sehen oft ähnlich aus wie bei Erwachsenen – und sind oft doch ganz anders. Diese Erkenntnis verspricht bessere Diagnosen und erfolgreichere Therapien.

Das Wissen SWR Kultur

Derzeit gefragt

Paläogenetik Stammen wir alle von Augustus ab?

Schon früher gab es Migration und Vertreibung. So steckt wohl in uns allen alles mögliche: Römer, Germanen, Kelten, Inder, Chinesen, Afrikaner. Von Gábor Paál. | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Zeitgeschichte Gab es Zusagen an Moskau, die NATO nicht nach Osten zu erweitern?

Wurde in den Verhandlungen 1990 eine entsprechende Zusage getroffen? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Etymologie Warum heißen Zahlen, die durch 2 teilbar sind, "gerade" Zahlen?

Der Begriff "gerade" Zahl hat sprachlich überhaupt nichts mit geraden Linien zu tun oder dass ungerade Zahlen als "krummer" angesehen werden. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Psychhologie Hängt das Ergebnis eines IQ-Tests von der Tagesform ab?

Bei solchen Test gibt es immer kleine Schwankungen. Denn die Tagesform hat ebenso Einfluss wie die Frage, ob man gerade Hunger hat oder ob man schlecht gelaunt ist. Von Elsbeth Stern

Gesundheit Mit dem Rauchen aufhören: Wann ist der Körper wieder auf Nichtraucherniveau?

Das Rauchen hat viele Auswirkungen auf den Körper. Manche verschwinden, wenn man aufhört, schneller, andere brauchen länger. Recht schnell verschwinden die unmittelbaren Symptome, also der Raucherhusten und die Kurzatmigkeit. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Holocaust 6 Millionen ermordete Juden – Woher stammt diese Zahl?

6 Millionen Juden haben die Nationalsozialisten ermordet. Rund 4 Millionen Menschen starben in Konzentrations- und Vernichtungslagern, 2 Millionen durch Massaker. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0. | http://swr.li/holocaust

Astronomie Wie lautet der Merkspruch für die Reihenfolge der Planeten?

Früher hieß er "Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten." Seit Pluto weggefallen ist kann man sagen: "Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unseren Nachthimmel." Von Tilman Spohn

Redewendung "Ach du grüne Neune!" – Woher kommt der Ausdruck?

Über die Herkunft sind sich die Sprach- und Sprichwortforscherinnen und -forscher nicht ganz einig. Eine Idee lautet, dass die Redewendung aus einem Berliner Lokal kommen könnte. Von Rolf-Bernhard Essig