Genetik

Großväter vererben ihre Glatze an die Enkel – stimmt das?

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Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Glatze bei Männern: Verantwortliches Gen liegt auf dem X-Chromosom

Diesen Effekt kann es geben, und man kann es sogar noch genauer sagen: Es geht in diesen Fällen immer um die Opas mütterlicherseits. Anders gesagt: Wenn jungen Männern schon relativ früh die Haare ausfallen und man sich fragt, woher sie das haben, lohnt es sich, einen Blick auf den Vater der Mutter zu werfen, bei dem das möglicherweise auch schon so war.

Dieser Zusammenhang ist als Erfahrungswert seit Jahrzehnten bekannt. Eine Studie von 2005 liefert die Erklärung. Denn es drängen sich ja Fragen auf:

  • Warum hat der Opa eine Glatze, die Mutter aber nicht, ihr Sohn aber dann doch wieder?
  • Warum muss eine Generation übersprungen werden
  • Warum tritt dieser Effekt nicht auch beim Opa väterlicherseits auf?

Die kurze Antwort ist: Weil das verantwortliche Gen auf dem X-Chromosom liegt.

Frühzeitiger Haarausfall ist meist hormonell bedingt

Der Zusammenhang ist folgender: Der frühzeitige Haarausfall ist in der Regel hormonell bedingt und wird durch Androgene ausgelöst – eine bestimmte Sorte von männlichen Sexualhormonen. Das besagte Gen fördert die Rezeptoren für diese Hormone in der Kopfhaut. Es sorgt also dafür, dass diese Hormone dort eine besonders starke Wirkung entfalten und die Haare früher ausfallen als bei anderen biologischen Männern.

Ich habe schon gesagt, dass dieses Gen auf dem X-Chromosom liegt. Wir erinnern uns: Das X-Chromosom ist das, wovon biologische Frauen zwei haben. Männer dagegen haben nur ein X-Chromosom, dafür noch ein Y-Chromosom.

Wenn Opa das Glatzen-Gen hat

Nehmen wir also an, Opa hat dieses Glatzen-Gen. Jetzt können wir mehrere Szenarien durchspielen:

Szenario 1: Opa zeugt mit Oma einen Sohn. Der Sohn hat typischerweise ein Y- und ein X-Chromosom in seinen Zellen. Das X-Chromosom bekommt er von der Mutter, vom Vater bekommt er das Y-Chromosom. Damit ist er fein raus, denn das Glatzen-Gen sitzt ja bei Opa auf dem X-Chromosom, das wird aber eben nicht vererbt und bleibt somit auf der Strecke.

Opas Sohn, nennen wir ihn "Papa", bekommt dieses Glatzen-Gen also gar nicht erst und kann es entsprechend auch nicht an seine eigenen Kinder weitervererben. Deshalb spielt die väterliche Linie bei der Vererbung des Glatzen-Gens keine Rolle.

Szenario 2: Opa zeugt mit Oma eine Tochter. Die Tochter, nennen wir sie Mama, bekommt zwei X-Chromosomen vererbt – eins von Oma und eins von Opa. Auf dem X-Chromosom von Opa sitzt nun das Glatzen-Gen. Das macht sich aber bei Mama nicht bemerkbar, weil Mama gar nicht so viel von diesen männlichen Sexualhormonen produziert, die für den Haarausfall verantwortlich sind. Mama hat also das Gen in ihrem Erbgut, aber es schlummert bei ihr nur und hat keinen sichtbaren Effekt.

Bekommt Mama aber einen Sohn, vererbt sie eins ihrer beiden X-Chromosomen. Auf einem davon sitzt das Glatzen-Gen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 50:50 vererbt Mama dieses Chromosom an ihren Sohn, also an Opas Enkel. Dort entfaltet das Gen dann seine Wirkung und macht sich in Form von verfrühtem Haarausfall bemerkbar. Aber es ist eine Lotterie, denn genauso groß ist die Chance, dass der Enkel von Mama das andere X-Chromosom abbekommt.

Was aber, wenn Mama eine Tochter bekommt und die dann erst in der nächsten Generation einen Sohn? Auch bei diesem Urenkel kann sich die genetische Veranlagung zu frühzeitigem Haarausfall durchschlagen - dann aber nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent. Und so geht es weiter. Über eine konsequent mütterliche Linie kann Opa das Gen noch über viele Generationen an irgendeinen Urururenkel vererben - nur halbiert sich die Wahrscheinlichkeit dafür mit jeder "Tochter"-Generation.

Jetzt muss man sagen: Dieses Gen ist zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Faktor, der für vorzeitigen Haarausfall verantwortlich ist. Insofern bleibt als Fazit: Die Wahrscheinlichkeit, dass Opa mütterlicherseits seine Glatze an den Enkel vererbt, ist deutlich erhöht, aber es ist kein Automatismus.

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