Markus Wolf, Spionagechef der DDR, Leiter des Auslands-Nachrichtendienstes im Ministerium für Staatssicherheit, überrascht mit einer Rede auf einer Großdemonstrationen auf dem Berliner Alexanderplatz, fünf Tage vor der Öffnung der Mauer. Wolf kritisiert die DDR-Führung scharf und fordert eine Erneuerung der SED als Partei und der DDR als Staat. Er spricht von einem „erneuerten Sozialismus“ – und wird ausgepfiffen.
Die Ansprache von Markus Wolf im Wortlaut
„Nicht ohne zu zögern nutze ich die Möglichkeit, an dieses Mikrofon zu treten, aus mehreren Gründen. Es war nicht meine Partei, die Sozialistische Einheitspartei, die mit der Macht der Medien zu dieser Demonstration aufgerufen hätte. Es war die fast leise Stimme Berliner Künstler, mit der Forderung nach Freiheit des Worts und der Versammlung. Trotz zunehmend mahnender Stimmen in unseren eigenen Reihen konnten wir nicht verhindern, dass unsere Führung bis zum 7. Oktober in einer Scheinwelt lebte und selbst dann noch versagte, als die Menschen anfingen, mit den Füßen abzustimmen. Das war bitter für uns Kommunisten.
Hunderttausende Kommunisten, die ehrlich und aktiv gearbeitet haben, erwarten einen klaren Kurs. Viele haben schon lange um Lösungen gekämpft. Haben auch weitreichende konzeptionelle Vorschläge für grundlegende Reformen eines erneuerten Sozialismus gemacht. Diese Vorschläge gehören jetzt in den Dialog und an die Öffentlichkeit.
Damit wird noch deutlicher werden, dass es in dieser meiner Partei nicht an engagierten und couragierten Menschen auf allen Arbeitsebenen und Feldern mangelt. Nicht an klaren und konzeptionell kompetent Köpfen fehlt.
Nicht durch Pochen auf festgeschriebene Artikel. Nur so, durch Überzeugung und harte, sehr harte Arbeit, kann diese Partei ihre Rolle in der neuen Etappe unserer gesellschaftlichen Entwicklung spielen.“
Demonstration auf dem Alexanderplatz
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