Hier finden Sie die Beiträge aus den SWR Kultur Literatursendungen an einem Ort: Die SWR Bestenliste und die SWR Kultur lesenswert Sendungen Feature, Magazin, Kritik und Gespräch. Mit Buchtipps, Diskussionen und Rezensionen zu aktuellen Sachbüchern und Neuigkeiten aus der Literatur.
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Peter Härtling – An den Ufern meiner Stadt. Späte Gedichte
Peter Härtlings Lyrik lässt sich lesen wie ein literarisch verdichtetes „Empfindungstagebuch“, heißt es im Nachwort des Gedicht-Bandes „An den Ufern meiner Stadt“. Klaus Siblewski hat diese Sammlung zum 90. Geburtstag von Peter Härtling herausgegeben.
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Pei-yun Yu / Jian-xin Zhou – Tsai Kun-lin. Graphic Novel aus Taiwan
Kolonie, Diktatur, Demokratie: Eine Graphic Novel erzählt die Lebensgeschichte des Taiwaners Tsai Kun-lin, Jahrgang1930, der all das miterlebt hat.
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Stephan Anpalagan – Kampf und Sehnsucht in der Mitte der Gesellschaft
Fazit von Stephan Anpalagan in „Kampf und Sehnsucht der Mitte der Gesellschaft“: Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit schaden nicht nur den Betroffenen, sondern auch der deutschen Wirtschaft.
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María Gainza – Schwarzlicht
Kunstbetrug in Buenos Aires: Eine angesehene Gutachterin arbeitet mit einer Fälscherbande zusammen. Im Roman „Schwarzlicht“ von María Gainza verschwimmen die Grenzen von Wahrheit und Fiktion.
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Jochen Schmidt – Zu Hause an den Bildschirmen. Schmidt sieht fern
Der 53-jährige Schriftsteller Jochen Schmidt vergleicht in der Kolumnensammlung „Zu Hause an den Bildschirmen“ seine Fernsehkindheit in Ost-Berlin mit dem heutigen Fernsehangebot.
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Julie Otsuka – Solange wir schwimmen
„Solange wir schwimmen“ ist ein ergreifender Abschiedsroman, in dem die Amerikanerin Julie Otsuka einer schwindenden Mutter ein Denkmal setzt.
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Louis-Ferdinand Céline: Krieg
Die Geschichte des Manuskripts von „Krieg“ ist abenteuerlich. Nun liegt der Roman erstmals in deutscher Übersetzung vor. Céline verarbeitet darin seine Erfahrungen im Ersten Weltkrieg. Kein Pamphlet, sondern große Literatur.
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Hilary Mantel: Sprechen lernen
Frühe Erzählungen der Booker Prize-Trägerin, erstmals erschienen an ihrem ersten Todestag. Geschichten, die im Milieu von Mantels Kindheit angesiedelt sind: Rußgeschwärzte Textilfabriken, endlose Reihenhaussiedlungen.
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Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens
Muna lernt Magnus kennen. Es ist der Sommer 1989. Nach ihrer ersten Nacht verschwindet Magnus spurlos. Sieben Jahre später treffen die beiden sich durch Zufall wieder und werden ein Paar. Doch die Beziehung ist toxisch und voller subtiler Gewalt.
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Daniel Kehlmann: Lichtspiel
Der Regisseur Georg Wilhelm Pabst emigrierte 1933 nach Kalifornien, war dort erfolglos und kehrte nach Deutschland zurück, um propagandistisch nützliche Filme zu drehen. Kehlmann hat ein Buch über die Unfreiheit der Kunst geschrieben.
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SWR Bestenliste November mit Büchern von Terézia Mora, Daniel Kehlmann u.a.
Die SWR Bestenliste war zu Gast bei „Open Books“, dem großen Literaturfest der Frankfurter Buchmesse. Aus der Jury der Bestenliste saßen auf dem Podium der Evangelischen Akademie: Martina Läubli (Neue Züricher Zeitung), Kirsten Voigt (WDR) und Martin Ebel (Tages-Anzeiger). Carsten Otte moderierte den Abend. Aus den vier vorgestellten Büchern der SWR Bestenliste im November las Isabelle Demey.
Zum Auftakt ging es um den bislang unbekannten Roman „Krieg“ von Skandalautor Louis-Ferdinand Céline (Platz 8), den Hinrich Schmidt-Henkel für den Rowohlt Verlag ins Deutsche übertragen hat. Es entspann sich eine kontroverse Diskussion: Martina Läubli gibt zu, dass der sehr anschauliche und auch abstoßende Text über das Kriegselend sie „gepackt“ habe. Kirsten Voigt nennt „Krieg“ ein „Wutbuch“, das auf den Effekt geschrieben wurde und ein misanthropisches und misogynes Menschenbild offenbare. Martin Ebel erklärte, das seien „bürgerliche Reaktionen auf einen Autor, der mit dem Bürgertum nichts zu tun hatte“. Für ihn ist Céline einer der Wegbereiter der literarischen Moderne in Frankreich.
Auch Daniel Kehlmanns Roman „Lichtspiel“ aus dem Rowohlt Verlag (Platz 5) hinterließ unterschiedliche Leseeindrücke in der Jury. Die literarisierte Arbeits- und Lebensgeschichte des legendären Stummfilm-Regisseurs Georg Wilhelm Pabst hält Martin Ebel für einen „ganz großen Wurf“. Kirsten Voigt gibt zu, viele starke Szenen über einen Künstler in der NS-Diktatur gelesen zu haben, die sich leider nicht zu einem „großen Bogen“ schlössen. Läubli sieht eine raffinierte literarische Vorbereitung einer Verfilmung dieser Lebensgeschichte, die aber durch den zu gedrechselten Stil an Dringlichkeit verliere.
Durchweg gelobt wurden die autofiktionalen Erzählungen der zweifachen Booker-Preisträgerin Hilary Mantel (Platz 2). „Sprechen lernen“ heißt der Band aus dem Dumont-Verlag, den Werner Löcher-Lawrence ins Deutsche übertragen hat. Das Buch enthält sieben beunruhigende und „sprachlich makellose“ Geschichten, die von einer Kindheit und Jugend im Norden Englands, und zwar in den 1950er und 1960er Jahre erzählen.
Genauso positiv reagierte die Jury auf die Spitzenreiterin der SWR Bestenliste im November: „Muna oder Die Hälfte des Lebens“ heißt der aktuelle Roman der Büchner-Preisträgerin Terézia Mora, der im Luchterhand Verlag erschienen ist. Erzählt wird die Geschichte von Muna, die als Schülerin Ende der 1980er Jahre in einer DDR-Kleinstadt den Französischlehrer Magnus kennenlernt und sich in ihn verliebt. Doch der begehrte Mann, der vor seinen eigenen Dämonen flieht, entwickelt sich in der Beziehung zu einem rücksichtslosen Schläger. Die Jury lobte insbesondere die Form der Erzählung, die nicht zuletzt auf ästhetischer Ebene die Entwicklung einer Schriftstellerin zu ihrem ersten Buch zeige. -
Anja Zimmermann – Brust. Geschichte eines politischen Körperteils
Ob die Venus von Botticelli, die Karikatur der sogenannten Hottentottenvenus oder Angela Merkels Dekolleté bei einem Opernbesuch – der Busen ist seit Jahrhunderten ein beliebtes Streitobjekt. Die Kunsthistorikerin Anja Zimmermann hat der Geschichte des Politikums Brust nachgespürt.
Rezension von Eva Karnofsky.
Wagenbach Verlag, 272 Seiten, 26 Euro
ISBN 978-3-8031-3732-6 -
Deborah Levy – Augustblau
Ein glückliches Desaster: Die gefeierte Konzertpianistin Elsa M. Anderson verpatzt einen Auftritt und findet dadurch endlich den Freiraum, der eigenen Geschichte und den eigenen Bedürfnissen auf die Spur zu kommen. Deborah Levys neuer Roman „Augustblau“ erzählt hochliterarisch von einer Befreiung.
Aus dem Englischen von Marion Hertle
Aki Verlag, 176 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-311-35015-6 -
Roman Köster – Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit
Die Kehrseite von Wohlstand und Überfluss ist das, was übrigbleibt, der Abfall. Er gehört zum menschlichen Leben, nicht erst seit Beginn des Massenkonsums, sondern seit je. Davon handelt Roman Kösters Monografie „Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit“.
C.H.Beck Verlag, 422 Seiten, 29 Euro
ISBN 978-3-406-80580-6 -
Peter Handke – Die Ballade des letzten Gastes
Peter Handke wurde in den 90er Jahren und dann noch einmal rund um den Nobelpreis heftig kritisiert. Seine uneindeutige Distanzierung von serbischen Kriegsverbrechen ließ ihn vielen verbohrt erscheinen, seine trotzige Antwort darauf wurde fast zum geflügelten Wort: „Ich bin ein Schriftsteller, ich komme von Tolstoi, ich komme von Homer, ich komme von Cervantes. Lasst mich in Frieden und stellt mir nicht solche Fragen.“ Aber das trifft den Kern. Handke ist in der „Ballade des letzten Gastes“ ganz klassisch. Immer wieder taucht sein Jähzorn auf, direkt neben dem Wunsch nach Einsamkeit. Es ist ein virtuoses Spätwerk.
Rezension von Alexander Wasner.
Suhrkamp Verlag, 185 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-518-43154-2 -
Ror Wolf – Die Vorzüge der Dunkelheit
Ror Wolf zeigt sich wieder einmal als großer Sprachartist und Meister der grotesken Komik. Er berichtet vom Aufbruch des Ich-Erzählers in eine entfesselte Wirklichkeit, von seiner Reise durch wuchernde, apokalyptisch anmutende Landschaften, bevölkert von namenlosen, gefräßigen Kreaturen. Ein großer Horror-Spaß!
Rezension von Alexander Wasner.
Schöffling Verlag, 272 Seiten, 24,95 Euro
ISBN 978-3-89561-307-4 -
Spannung, Schwermut, Schönheit
Neue Bücher von Peter Handke, Florian Illies, Jan Wagner und Gruseliges zu Halloween
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Edgar Allan Poe – Unheimliche Geschichten
Ein Klassiker für Grusel-Leseratten, aber mit modernem Twist: „Unheimliche Geschichten“ von Edgar Allan Poe, bebildert von Kat Menschik. Drei Geschichten für dunkle Herbstabende, schaurig schön gestaltet.
Rezension von Nina Wolf.
Aus dem Englischen von Steffen Jacobs
Galiani Verlag, 96 Seiten, 22 Euro
ISBN: 978-3-86971-167-6 -
Jan Wagner – Steine & Erden
„Noch das Geringste kann Gedicht werden“: Das ist das Credo des Büchnerpreisträgers Jan Wagner. In seinem neuen Gedichtband zeigt er sich wieder einmal als großer Dichter der Welt der kleinen Dinge und des menschlichen Nahbereichs: Zwischen Steinen und dem Himmel liegt bei ihm eine unendlich reiche und reich verzweigte poetische Welt.
Rezension von Frank Hertweck.
Hanser Verlag, 112 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-446-27730-4 -
Dana Grigorcea – Die nicht sterben
Dana Grigorcea schreibt einen ironischen Vampirroman aus der Walachei, der gekonnt mit transsylvanischen Mythen spielt. Eine junge Malerin trifft auf untote Postkommunisten und blutgeile Touristen.
Rezension von Carsten Otte.
Penguin Verlag, 272 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-328-60153-1 -
Neue Reihe Rowohlt Entdeckungen – Vergessene Romane von Frauen
Schreibende Frauen sind im Literaturbetrieb immer noch unterrepräsentiert: Autorinnen werden weniger rezensiert als ihre männlichen Kollegen und sie werden in Literaturgeschichten weniger berücksichtigt. Die Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert und die Buchhändlerin und Literaturvermittlerin Magda Birkmann haben sich vorgenommen, das Missverhältnis etwas zu Gunsten der Frauen zu drehen. Im Rowohlt Verlag haben sie gerade die ambitionierte Reihe „rororo Entdeckungen“ gestartet. Dort erscheinen Romane bemerkenswerter, aber vergessener Autorinnen aus dem zwanzigsten Jahrhundert.
Anja Höfer im Gespräch mit Magda Birkmann. -
Pablo Neruda und der CIA
Vor 50 Jahren starb Pablo Neruda kurz nach dem Militärputsch in Chile. Für die Chilenen war er zusammen mit Salvador Allende eine nationale Ikone. Die meisten Spekulationen gehen von einer Vergiftung durch Agenten der Putschisten aus. Andere vermuten sogar, dass der US-amerikanische Geheimdienst CIA dahinter steckte. Das ist eher unwahrscheinlich. Aber der CIA hat den Nobelpreisträger jahrzehntelang ausspioniert.
Bericht von Peter B. Schumann. -
Lim Chul Woo – Ein Flüstern aus der Mauer
Auf der südkoreanischen Insel Jeju spukt es. Denn dort ereignete sich vor 75 Jahren ein entsetzliches Massaker, von dem Lim Chul Woo in seinem neuen Roman erzählt. 1948 wurde Jagd gemacht auf vermeintliche Kommunisten. Von 400 Dörfern auf Jeju, das heute als subtropisches Urlaubsparadies gilt, wurden 270 zerstört. Auch die Familie von drei Kindern traf es, die dadurch zu Geistern wurden. Von ihnen hört man heute noch „Ein Flüstern aus der Mauer“.
Rezension von Katharina Borchardt.
Aus dem Koreanischen von Jung Youngsun und Herbert Jaumann Iudicium Verlag, 192 Seiten, 18 Euro
ISBN 978-3-86205-644-6 -
Bram Stoker – Dracula
Blutsauger, überdimensionale Fledermaus, Vampir – Graf Dracula ist aus dem Gruselkabinett der Welt nicht mehr wegzudenken. Erfunden hat ihn um 1900 Bram Stoker in seinem Roman „Dracula“.
Eine veritable Gruselgeschichte, aber auch ein Roman der modernen Medien seiner Zeit: Phonograph, Schreibmaschine, drahtlose Telegraphie.
Rezension von Frank Hertweck.
Aus dem Englischen von Andreas Nohl
Steidl Verlag, 540 Seiten, 28 Euro
ISBN 978-3-86930-462-5 -
Florian Illies – Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten
Zauber der Anekdote: Florian Illies widmet sich mit Witz und Einfühlung dem Leben und dem Werk des Romantikers Caspar David Friedrich. Und erzählt die wechselvolle, verblüffende, bisweilen erschütternde Geschichte seine Werke bis heute.
Rezension von Wolfgang Schneider.
S. Fischer Verlag, 254 Seiten, 25 Euro
ISBN 978-3-10-397252-8 -
Zehn brillante Frauen! Andrea Brill über ihr Buch „Scharfsinnig wie ein Adler und mutig wie ein Löwe“
Andrea Brill hat in ihrem Buch „Scharfsinnig wie ein Adler und mutig wie ein Löwe" zehn außergewöhnliche Frauen portraitiert.
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Typisch Familie? Philipp Oehmke über seinen aktuellen Roman „Schönwald“
In seinem gefeierten ersten Roman „Schönwald“ erzählt Spiegel-Journalist Philipp Oehmke von zwei Generationen einer bildungsbürgerlichen Familie.
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Lot Vekemans – Der Verschwundene
Eigentlich wollte Simon seiner niederländischen Familie für immer entkommen. Vor vielen Jahren wanderte er nach Kanada aus. Nun aber soll er sich um seinen pubertierenden Neffen kümmern. Dieser aber verschwindet, zusammen mit einem Unbekannten. Spannungsvoll oszilliert Lot Vekemansʼ Roman zwischen Thriller und Charakterstudie.
Rezension von Oliver Pfohlmann.
Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann
Wallstein Verlag, 266 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-8353-5534-7 -
Olga Martynova – Gespräch über die Trauer
Als der deutsch-russische Lyriker und Dramatiker Oleg Jurjew im Juli 2018 starb, versuchte seine Frau, die Schriftstellerin Olga Martynova, ihren Kummer mit einem Trauertagebuch zu bewältigen. Dabei entstand das „Gespräch über die Trauer", eine anspruchsvolle literarische Reise auf den Spuren von Tod und Verlust.
Rezension von Eva Karnofsky.
S. Fischer Verlag, 304 Seiten, 25 Euro
ISBN 978-3-10-397519-2 -
Mark Arax – Risse in der Erde. Auf den Spuren von Wasser und Staub durch Kalifornien
Der kalifornische Journalist Mark Arax zeigt in einem glänzend recherchierten Sachbuch, welche Folgen die rücksichtslose Ausbeutung der natürlichen Wasser-Ressourcen für Menschen und Umwelt in seinem Heimatstaat hat. Interviews mit Farmern und Erntearbeitern ergänzen eine Chronologie der Agrarrevolution in Kalifornien, für die natürliche Grenzen nie gegolten haben.
Rezension von Claudia Fuchs.
Aus dem Englischen von Eva Schestag
Matthes und Seitz Verlag, 734 Seiten, 38 Euro
ISBN 978-3-7518-2000-4