„Die Stimme dahinbringen, wo sie hingehört“

Zum 50. Todestag des Tenors Wolfgang Windgassen

Stand
Autor/in
Claus Fischer

Er gehörte zu Stuttgart wie die Stiftskirche und der Fernsehturm: der Sänger Wolfgang Windgassen. 39 Jahre lang war er Mitglied des dortigen Opernensembles. Zugleich repräsentierte er wie kaum ein zweiter Künstler „Neu-Bayreuth“, also die Richard-Wagner-Festspiele nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 8. September 1974, vor 50 Jahren, starb Wolfgang Windgassen mit nur 60 Jahren.

Der Vater als Karriereleiter

Wolfgang Windgassen stammte aus einer Musikerfamilie. Sein Vater, Fritz Windgassen, war ebenfalls Tenor und ein renommierter Wagner-Sänger. Das Sprichwort vom Apfel, der nicht weit vom Stamm fällt, traf hier voll zu.

Mein Vater ist mein bester Freund, und steht mir überall zu meinen Aufgaben mit Rat und Tat zur Seite.

Die Sängerkarriere von Wolfgang Windgassen begann am Theater in Pforzheim. Nach der Zerstörung des Hauses im Zuge des verheerenden Bombenangriffs vom Februar 1945 wechselte er an die Staatsoper nach Stuttgart. Er hatte Glück, dass sein Vater gerade pensioniert wurde und er seine Stelle einfach übernehmen konnte.

Schauspielerischer Stil: Keine nervösen Bewegungen

Nachdem Wolfgang Windgassen an der Stuttgarter Staatsoper zu dem Wagner-Tenor schlechthin geworden war, holte ihn Wieland Wagner auf den Grünen Hügel nach Bayreuth. Durch dessen Regiearbeit fand er zu seinem persönlichen schauspielerischen Stil. Oberste Maxime für ihn war:

Dass man nicht nervöse Bewegungen macht, die vielleicht Reflexbewegungen sind aufgrund irgendwelcher musikalischen Phrasen und Ausbrüche!

Bis zu Windgassens Tod gab es keine große Tenorpartie, die er auf dem Grünen Hügel nicht gesungen hätte, darunter rund 100 Mal den „Tannhäuser“ und 120 Mal den „Tristan“.

Wieland Wagner gratuliert Grace Bumbry und Wolfgang Windgassen nach der „Tannhäuser“-Premiere 1961 in Bayreuth
Wieland Wagner gratuliert Grace Bumbry und Wolfgang Windgassen nach der „Tannhäuser“-Premiere 1961 in Bayreuth

Später Operetten-Liebhaber

Interessant ist, dass Wolfgang Windgassen nach 25 Jahren als Heldentenor in Stuttgart und Bayreuth das Genre Operette neu für sich entdeckte. 1973, ein Jahr vor seinem Tod, verfilmte das ZDF mit ihm Leon Jessels „Schwarzwaldmädel“.

Er war der Meinung, dass die Beherrschung der Operette förderlich für die „Darstellung und für die Beweglichkeit auf der Bühne“ sei.

Früher Tod erschütterte die Musikwelt

Wolfgang Windgassen hatte noch viele Pläne – als Sänger und als Operndirektor in Stuttgart. Sein plötzlicher Tod durch Herzversagen 1974 erschütterte die Musikwelt. Er wurde nur 60 Jahre alt. Die Nachrufe in Rundfunk und Fernsehen waren kaum zu zählen.

Im Nachruf des Bayrischen Rundfunk hieß es dazu: „Sieben Tage vor seinem Tod stand er zum letzten Mal auf der Bühne. Als Florestan in einer Aufführung der Württembergischen Staatsoper. Es gibt nichts, was zum Ruhm und Nachruhm des Heldentenors Wolfgang Windgassen ungesagt geblieben wäre.“

Blick auf die Oper Stuttgart vom Wolfgang-Windgassen-Weg aus
Blick auf die Oper Stuttgart vom Wolfgang-Windgassen-Weg aus

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