Sopranistin Regula Mühlemann

Zwischen Mozart, Verdi und Strauss

Rollenspiele: Sopranistin Regula Mühlemann erklärt drei ikonische Opernrollen

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Ines Pasz
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Dominic Konrad

Die junge Schweizer Sopranistin Regula Mühlemann hat ein ganz besonderes, sehr intensives Verhältnis zu ihren Bühnenrollen. Sie erzählt exklusiv, wie sie ihre Rollen erlebt, was genau mit der jeweiligen Figur im Libretto passiert, die sie darstellt, und wie sie als Interpretin diese auch mitgestaltet.

Sopranistin Regula Mühlemann
Gefragte Sopranistin: Regula Mühlemann singt an den bedeutendsten Opernhäusern und Festivals Europas.

Ob Pamina in der „Zauberflöte“, Gilda in „Rigoletto“ oder Adele in der „Fledermaus“: Bei allen ihren Rollen fragt sich Regula Mühlemann, wie es diesen Frauenfiguren musikalisch und handlungsbedingt im Stück ergeht, was sie bewegt und welche Motivationen sie antreiben.

Diese Rollen hat die Sopranistin auf der Bühne verkörpert, unter anderem bei den Salzburger Festspielen und an der Wiener Staatsoper. Mit SWR2 begibt sie sich auf ihre Findungsreise zu den ikonischen Opernrollen.

Mutig und energiegeladen: Pamina in Mozarts „Zauberflöte“

Viele Sopranistinnen singen bereits recht früh in ihrer Karriere die Rolle der Pamina. Nicht so Regula Mühlemann. Sie war zehn Jahre die Papagena, bevor sie sich an die Partie der gefangenen Prinzessin wagte. Vielleicht ganz gut so, findet die Sopranistin heute, denn so konnte sie einen reiferen Zugang zu der Rolle finden.

Für Mühlemann ist Pamina eine starke und sehr emotionale junge Frau, die den Mut hat zu sagen, was sie denkt. Vom ersten Moment auf der Bühne ist Pamina voll präsent. Sie lehnt sich gegen die Männerdomäne auf, in der sie gefangen ist. Sie sagt vor ihre Meinung und trotzt den Avancen des Monostatos.

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Das Schwierigste an der Rolle ist die Arie im zweiten Akt, findet Regula Mühlemann. Pamina singt ohne großes Orchester, die Stimme ist zu jedem Zeitpunkt klar im Raum. „Da darf keine Schärfe sein“, erklärt die Sopranistin, „der Spot ist immer auf der Stimme".

Ach, ich fühl's, es ist verschwunden –
Ewig hin der Liebe Glück!
Nimmer kommt ihr, Wonnestunden,
Meinem Herzen mehr zurück.

Pamina setzt all ihre Hoffnung in ihren Retter Tamino. Doch der darf nicht mit ihr reden. Für Pamina ein zerschmetterndes Erlebnis, denkt Mühlemann. Es gebe ja keinen größeren Liebesentzug, als völliges Schweigen.

Gesanglich findet Regula Mühlemann Pamina sehr gemütlich: „Das ist wie eine zweite Haut.“ Eine tolle Rolle, man müsse sie aber auch toll darstellen.

Unschuldig und übermütig: Gilda in Verdis „Rigoletto“

Perfect Match! Das denkt sich Gilda, als sie einen hübschen, jungen Studenten kennenlernt. Das Mädchen hat noch wenig von der Welt gesehen, sie stürzt sich Hals über Kopf in die Liebelei, erklärt Regula Mühlemann, so wie es viele Teenager machen, wenn sie zum ersten Mal verliebt sind.

Aus dem unschuldigen Mädchen wird im Laufe der Oper eine Frau – durch Liebe und bittere Enttäuschung. Der zweite Akt zeigt Gilda verliebt ihrem Vater trotzdend. Musikalisch bahnt sich nun in Gildas Arie durch den melancholischen Klang der Oboe ein Stimmungswechsel an.

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Gilda ist keine Heilige, findet Regula Mühlemann. Sie ist euphorisch und schwärmerisch. Gesanglich liege die Rolle ihr sehr gut, meint die Sopranistin. Vor allem die Koloraturen möge sie sehr gerne.

Das Geheimnis der Rolle, so Mühlemann: Man muss das junge Mädchen raushören, der leichte Stimmansatz müsse präsent bleiben. Es gebe viele Gilden, die zu erwachsen klingen, findet die Sängerin. Und bei ihr? „Ich glaube, dass ich mit meiner hellen Klangfarbe gut passe.“

Sopranistin Regula Mühlemann

Zu Höherem geboren: Adele in Strauss' „Die Fledermaus“

Für Regula Mühlemann war es ein unbeschreibliches Gefühl, als sie die Rolle des Kammermädchens Adele an der Wiener Staatsoper, in Otto Schenks klassischer Inszenierung aus dem Jahr 1979, singen durfte.

Unzählige Male hatte sie die Aufnahmen gesehen, wie Edita Gruberova als Adele die Treppe hinabschreitet: ein Wirbelwind, der den Staubwedel schwingt. Nun stand sie selbst auf dem Treppenabsatz, im Kleid, das zuvor die Gruberova selbst getragen hatte. Mühlemann sagte sich, sie müsse jeden Moment voll genießen.

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Berühmt ist Adeles Arie aus dem zweiten Akt, die sogenannte „Lacharie“. Regula Mühlemann hat sie oft gesungen, im Studium wie auch bei Wettbewerben. Sie sei gesanglich sehr anspruchsvoll, verrät die Sängerin, denn man müsse Adele richtig lachen hören und gleichzeitig dürfe die richtige Intonation nicht verloren gehen. Und noch dazu müsse alles völlig leicht und natürlich wirken.

Die Hand ist doch wohl zu fein, ah,
Dies Füsschen so zierlich und klein, ah,
Die Sprache, die ich führe, die Taille, die Turnüre,
Dergleichen finden Sie bei einer Zofe nie!

Adele ist absolut davon überzeugt, dass sie als Dienstmädchen am völlig falschen Platz ist, meint Mühlemann. Beim Fest im zweiten Akt tut sie so, als gehörte sie zur besseren Gesellschaft und sie genießt das richtig.

Mal richtig die Sau rauszuzulassen, lacht die Sopranistin, das sei das Allerschönste an der Rolle. Für ihre Interpretation habe sie Adele als Schweizerin angelegt, die schon lange in Wien lebt – um auf Schweizerisch fluchend von der Bühne rennen zu dürfen und um sich, falls der Wiener Zungenschlag doch mal nicht perfekt gelingt, ein kleines interpretatorisches Schlupfloch offenzuhalten.

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