Zur Perseiden-Nacht 2024

Eine kleine Sternenmusik

Stand
Autor/in
Jan Ritterstaedt

Am 12. August ist der Höhepunkt der Perseiden, d.h. es sind besonders viele Sternschnuppen zu sehen. Eine gute Gelegenheit auch musikalisch in den Himmel zu schauen, denn die dortigen Himmelskörper haben im Verlauf der Musikgeschichte immer wieder für auskomponierte Sternstunden gesorgt. Wir haben uns sieben davon genauer angesehen.

  1. Koechlin: La danse sous les étolies
  2. Bach: Wie schön leuchtet der Morgenstern
  3. Orlando: In me transierunt
  4. Holst: Uranus
  5. Schubert: Der liebliche Stern
  6. Puccini: E lucevan le stelle
  7. Hindemith: Die Harmonie der Welt

Koechlin: La danse sous les étolies

Ein lauer Sommerabend: Die Sonne sendet gerade noch ihre letzten matten Strahlen über den Horizont. Jetzt beginnt es am Himmel zu funkeln. Ein Meer aus kleinen leuchtenden Punkten erstreckt sich über das Firmament. Ein beeindruckendes Bild, oder?

Das hat der französische Komponist Charles Koechlin offenbar auch so gesehen und einen kleinen Tanz unter den Sternen für zwei Klaviere komponiert. Deutlich höre ich da die Sterne im oberen Register des Klaviers funkeln.

Bach: Wie schön leuchtet der Morgenstern

Die Sterne, ihr Licht, ihre Anordnung am Himmelszelt – alles das hat die Menschen schon seit Urzeiten fasziniert. Vor allem besonders hell leuchtende Sterne. Die lassen sich wunderbar als Vorboten großer Ereignisse interpretieren.

So geschehen etwa beim berühmten biblischen Stern von Bethlehem. Der hat immerhin die weisen Sterndeuter aus dem Osten angelockt – und zu Bachs Zeiten dann für fein ausgesetzte Jubelchoräle in der Thomaskirche gesorgt.

Orlando: In me transierunt

Sterne besitzen eine besondere Strahlkraft – und sie sind dazu auch noch sehr musikalisch. Davon war zumindest der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras von Samos überzeugt.

Nach seiner Lehre entstehen aus der Bewegung der Sphären um die Sterne herum Töne. Und die sind dann in einem genauso geordneten Verhältnis zueinander angeordnet wie die Sterne untereinander. „Sphärenharmonie“ hat Pythagoras dieses Konzept genannt. Und natürlich lässt sich nach diesem System auch wunderbar komponieren.

Perfekte Harmonie und Proportionen in Orlando di Lassos Motette „In me transierunt“ – dieses Lob kommt nicht nur von mir, sondern vor allem vom berühmten Astronomen Johannes Kepler. Der hat im fünften Buch seiner „Harmonie der Welt“ bewusst diese Musik als Beispiel herangezogen.

Holst: Uranus

Zu Zeiten Keplers im 17. Jahrhundert gab es bereits ein praktisches Hilfsmittel zur Himmelskörper-Beobachtung: das Teleskop. Mit einem solchen Instrument hat dann hundert Jahre später ein gewisser Friedrich Wilhelm Herschel den Himmel abgesucht. Und das hat er dabei gefunden:

Uranus – so heißt der Himmelskörper, den Gustav Holst hier in seiner berühmten Planeten-Suite porträtiert hat. Den hat sein Kollege Friedrich Wilhelm Herschel im 18. Jahrhundert entdeckt.

Kollege? Ja, dieser Herschel war nicht nur ein begeisterter Astronom, sondern auch ein veritabler Komponist. Der gebürtige Hannoveraner hat in London Karriere gemacht und eine ganze Reihe von Sinfonien, Konzerten und Orgelstücken geschrieben. Die alte Lehre von der Sphärenharmonie hat ihn aber weniger interessiert: er hat voll auf den damals modischen galanten Stil gesetzt.

Schubert: Der liebliche Stern

Nach Friedrich Wilhelm Herschels Tod im Jahr 1822 hat dann eine besondere Sternstunde der musikalischen Sternenbegeisterung geschlagen: die Romantik.

„Viel tausend Sterne prangen“, „Die Sternenwelten“, „Die Sternennächte“, „Abendstern“ ... das sind alles Lieder- und Chorsatztitel von Franz Schubert! Klar, die so unendlich weit entfernten Sterne taugen ja auch ausgezeichnet als Metapher für die romantische Sehnsucht nach dem Unerreichbaren – so etwa in Ernst Konrad Friedrich Schulzes Gedicht „Der liebliche Stern“, vertont von Franz Schubert.

Puccini: E lucevan le stelle

Sternensehnsucht im Kleinformat von Franz Schubert – natürlich geht das alles noch eine Nummer größer: auf der Opernbühne etwa. Da gibt es eine ganz berühmte Arie, die auch den leuchtenden Sternenhimmel als Metapher für die Sehnsucht nutzt.

Unter so einem funkelnden Nachthimmel hat sich der Maler Cavaradossi einst mit seiner geliebten Tosca getroffen. Nun sitzt er in der Engelsburg in Rom gefangen und schreibt ihr unter Tränen einen Abschiedsbrief, denn noch an diesem Morgen soll er erschossen werden. Das sind große Gefühle am Beginn des dritten Aktes von Puccinis Tosca.

Hindemith: Die Harmonie der Welt

Nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs und damit am Ende der Romantik haben die Sterne dann wieder Hochkonjunktur in der Musik gehabt. Manche Komponistinnen und Komponisten haben damals die Romantik bewusst hinter sich gelassen. „Back to the roots“ war Motto und die gute alte Sphärenharmonie aus der frühen Neuzeit war plötzlich wieder „in“.

Daran hat sich auch der Komponist Paul Hindemith orientiert. Im Jahr 1957 hat er sicher nicht zufällig ausgerechnet eine Oper über den Astronomen Johannes Kepler geschrieben. Der Titel: Die Harmonie der Welt.

Eine Bereicherung der Musikgeschichte

Eines ist klar: ohne die Sterne, ohne ihr Funkeln, ihre komplexe Anordnung, die Magie dieser Himmelskörper und ihre vielseitigen Deutungen wäre die Musikgeschichte sicher um einiges ärmer gewesen.

Schauen Sie also ruhig in dieser Woche mal öfter in den Himmel und genießen Sie diesen faszinierenden Anblick. Und vielleicht inspiriert Sie ja der eine oder andere Himmelskörper zu dem einen oder anderen Musikstück – spielend, singend, schreibend oder hörend.

Mainz

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