Im Roman „Die Diva. Maria Callas - die größte Sängerin ihrer Zeit und das Drama ihrer Liebe“ der deutschen Autorin Michelle Marly steht weniger die Sängerin als die Privatperson Maria Callas im Mittelpunkt, die abseits vom Rampenlicht ein bewegtes Leben führt – nicht zu vergessen die Beziehung zu Aristoteles Onassis.
Eine einfache Internetsuche nach der Arie „Casta Diva“ spuckt im Jahr 2020 als ersten Treffer ein Video von Maria Callas aus - von 1958. Die Aufnahme entstand in der Pariser Oper. Über 60 Jahre später sieht das immer noch nach leichter Arbeit aus: Wie sie dasteht, sich selbst umschlingend die Rolle ihres Lebens singt, und vom Publikum angehimmelt wird.
Doch der Schein trügt, wie man heute weiß. Einblicke hinter die Kulissen dieses Auftritts und in das tragische Leben dieser Frau versucht Autorin Michelle Marly in Romanform zu geben und beleuchtet dabei verschiedene Lebensstationen der Sängerin. Eine wichtige Rolle spielt die Beziehung zu ihrem Ehemann Battista Meneghini.
Michelle Marly springt erstaunlich häufig auf der Zeitskala hin und her. Dabei spielt die Handlung des Romans nur in einer Zeitspanne von 11 Jahren, von 1957 bis 1968. Der Wechsel von weltweiten Wirkungsorten und den doch recht nah aneinander liegenden Jahreszahlen, hält die Aufmerksamkeit beim Lesen wach.
Ebenso wie die Beschreibung von bekannten Personen wie Marilyn Monroe mit ihrer Präsidenten-Affäre, Winston Churchill als Mitreisender der berühmten Mittelmeer-Kreuzfahrt und natürlich das Ehepaar Onassis, ohne die das Privatleben der Sängerin wohl damals nur halb so spannend für die Boulevardpresse gewesen wäre.
Größtes Thema des Buches ist die On-Off-Beziehung zu Aristoteles Onassis. Manche Stellen sind eine willkommene Lehrstunde in Sachen historischer Personendarstellung der Künstlerkreise in den 60er Jahren – wer verkehrte mit wem, wer profitierte von wem, wer hatte mit wem eine Affäre?
Literarisch könnte man jedoch auch etwas geschickter und weniger plakativ vorgehen. Auch wird das Klischeebild der „Diva“ etwas überreizt. Dabei entsteht so manche Beschreibung, bei der selbst gestandene Rosamunde-Pilcher-Fans an ihre emotionalen Grenzen kommen dürften.
Natürlich erkennt man in Maria Callas auch die Frau der Nachkriegszeit, deren großer Wunsch, eine eigene Familie zu gründen und in die damals klassische Frauenrolle zu schlüpfen, immer wieder thematisiert wird.
Michelle Marly schreibt hier einen Musikerroman, der in der Reihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ erschienen ist. Und diese beiden allumfassenden Schwerpunkte sind in jedem Fall getroffen. Ebenso wie Marias in diesem Spannungsfeld entstehenden Versagensängste.
Die deutsche Autorin Michelle Marly legt einen lockeren und frischen Roman über das Leben der Sängerin vor, der vor allem durch die detailreich erzählten Emotionen zwischen Maria und Aristoteles Onassis besticht. Einzig der Ausgang des Buches lässt den Leser ein wenig im Regen stehen: Von den tragischen Ereignissen beider Leben nach Ende der Liebesaffäre erzählt leider nur das Nachwort der Autorin.
Die zahlreichen Episoden auf der Luxus-Yacht „Christina“ lassen durchaus vergessen, dass es sich bei den Hauptcharakteren um real existierende Personen handelt – es könnte auch ein modernes griechisches Märchen sein. Ein gelungener Einstieg in die Callas-Thematik ist dieser Roman allemal. Denn das Netz zwischen Realität und Fiktion ist dicht gewoben und macht einmal mehr klar, dass „die Callas“ weit mehr als nur „Casta Diva“ ist.