Buch-Tipp

„J. S. Bach“ von Michael Maul: Kleines, feines Büchlein

Stand
Autor/in
Christoph Vratz
Christoph Vratz
Onlinefassung
Dominic Konrad

Das Gesamtwerk von Johann Sebastian Bach gleicht manchmal einem Labyrinth. Es kennt verschlungene Pfade und bietet immer wieder Gelegenheiten zu neuen Sichtweisen, selbst wenn man meint, den Weg schon bestens zu kennen. Der Musikwissenschaftler und Podcaster Michael Maul kennt sich in diesem Labyrinth seit Jahren bestens aus. In seinem neuen Buch betrachtet er Bachs Kantaten genauer.

Ein kleines, feines Büchlein über Bach

Es ist ein Traum für jeden Musiker: ein Dienstherr, der sein Geld mit vollen Händen für die Kunst ausgibt. Einer dieser Vertreter war Fürst Leopold von Anhalt-Köthen. Prominenter Profiteur seines Geschäftsgebarens war in den frühen 1720er-Jahren Johann Sebastian Bach.

Dazu zählen unter anderem die Brandenburgischen Konzerte und vier Orchester-Ouvertüren. Bach ist zu diesem Zeitpunkt 37 Jahre alt und frisch verheiratet. Mit dieser kurzen biografischen Einordnung sind wir bereits mittendrin in Michael Mauls kleinem, feinem Bach-Büchlein.

SWR2 Zeitwort: Vor 300 Jahren wurde Bach Thomaskantor

Michael Maul geht mit Bach ins direkte Gespräch

Kurz darauf spricht der Autor Bach direkt an. Eine Freiheit, die er im Vorwort begründet:

 Konkret umgesetzt, liest sich das, mit Bezug auf die Köthener Zeit, wie folgt:

Ja, man mag über diese ungewöhnliche Methodik diskutieren. Ich empfinde sie als einen klugen Schachzug, der es Maul ermöglicht, Wissen auf unmittelbare Weise zu vermitteln und gleichzeitig einen direkten Bezug zur Person, ihrem Umfeld, ihrer Zeit und ihren Lebensumständen herzustellen. So auch, als Bach Thomaskantor in Leipzig wird:

Für dieses Buch braucht es nur Entdeckerlust

Im Fokus des Buches steht Bachs Kantatenwerk. Michael Maul beleuchtet es auf eine Weise, die kein besonderes fachliches Vorwissen verlangt, sondern nur die Lust am Entdecken.

Etwa bei der Kantate „Du sollst Gott, deinen Herrn lieben“. Bach versieht zu Beginn jede Passage des Chores mit einer eigenständigen Liedmelodie: in der Trompetenstimme und in der Begleitung.

 Liebenswert, kurzweilig, nah am Komponisten

Wer zu den beschriebenen Beispielen die passende Musik gleich mithören möchte, findet durch einen Klick ins Internet eine Spotify-Playliste mit über 150 Titeln. Ein durchdachtes Konzept. 

Michael Maul hat ein detail- und kenntnisreiches Bach-Buch geschrieben, liebenswert und kurzweilig, nah am Leben des Komponisten damals und jederzeit gut verständlich für die Lesergemeinde von heute.

Historische Aufführungspraxis Reinhard Goebel erklärt die Brandenburgischen Konzerte

Reinhard Goebel ist Geiger, Dirigent und leidenschaftliche Anhänger einer historisch informierten Aufführungspraxis. Für SWR2 teilt der weltweit gefragte Spezialist sein Wissen auch mit allen neugierigen Hörer*innen und Musikliebhaber*innen: Mit ganz viel Charme und Witz.