Album-Tipp

Martina Frezzotti – Amy Beach: Werke des Wunderkinds für Klavier

Stand
Autor/in
Hannah Schmidt
Hannah Schmidt
Künstler/in
Martina Frezzotti

Die Komponistin Amy Beach war ein richtiges Wunderkind – mit drei Jahren soll sie sich selbst das Lesen beigebracht und ein Jahr später zu komponieren begonnen haben. In ihren 77 Lebensjahren hat sie ein beeindruckendes Werk geschaffen – die Pianistin Martina Frezzotti wirft in ihrem neuen Album jetzt ein Schlaglicht auf die Klavierkompositionen.

Ergreifende Melodien, die die seltene Schönheit und das Pathos einer Berglegende, die Tragödie und das Glück eines wundersamen Volkes und eines primitiven Lebens wiederspiegeln.

Der Bekannte war Missionar und während der Unabhängigkeitskämpfe in der Balkan-Region unterwegs gewesen. Amy Beach hatte Osteuropa selbst nie besucht, diese Melodien lösten in ihr die typischen Klischees über diese Gegend aus. Ergebnis ihrer Assoziationen und Gedanken waren dann ihre „Variations on Balkan Themes“´.

Variations on Balkan Themes in C-Sharp Minor, Op. 60: Theme. Adagio malincolico I. Più mosso...

Bekanntes und Unbekanntes auf dem Album

Diese Melodien gehören wohl zu den bekanntesten, die Amy Beach verarbeitet hat. 1904 erscheinen ihre „Variationen über Themen aus dem Balkan“, auf dem Album von Martina Frezzotti eines der frühesten Werke von Amy Beach.

Die Pianistin verbindet auf ihrem Album Werke ganz unterschiedlicher Lebensphasen der Komponistin, bekannte und kaum gespielte.

Europareise dient der Inspiration

Der kurze Stück „Honeysuckle“ aus der Sammlung „From Grandmother’s Garden“ von 1922 zählt noch zur mittleren Schaffensperiode Amy Beachs – eine Zeit, nach dem Tod ihres 25 Jahre älteren Ehemanns.

Dort reist sie nach Europa und blüht da so richtig auf. Pausenlos sucht sie nach neuen Ideen, nach neuem Material, arbeitet mit Kontrapunktik, impressionistischen Ansätzen und Volksmusik.

From Grandmother's Garden, Op. 97: V. Honeysuckle

Singende Melodien

Ihre Stücke aus dieser Zeit sind experimentell und gleichzeitig fantasievoll – zwei Eigenschaften, die Martina Frezzotti in ihren Interpretationen geradezu meisterinnenhaft herausarbeitet: Sie artikuliert extrem genau und variabel, atmet die Phrasen mit und achtet darauf, trotz viel Pedal, nicht allzu viel verschwimmen zu lassen. Die Melodien beginnen zu singen, die Harmonien zu schillern.

Keine Hintergrundmusik!

Martina Frezzotti behandelt Amy Beachs Musik mit dem größten Respekt und offenbar tiefem Verständnis. Keine Wiederholung klingt in ihren Interpretationen gleich, jeder Ton hat seinen Sinn und seinen Platz und bekommt die ästhetische Aufmerksamkeit, die ihm gebührt.

Das ist musikalisch hochvirtuos, eignet sich aber nicht für den Hintergrund. Frezzotti interpretiert intensiv und konzentriert, wie mit der Lupe, jeder Anschlag ist ein erneuter Hinweis: Hör genau hier hin! Und trotzdem fängt ein Stück wie die „Nocturne“ auf einmal an zu schweben.

Neue Interpretation, die sich lohnt

Ein Album wie dieses führt die Zuhörerinnen und Zuhörer behutsam durch die Partituren, die Amy Beach hinterlassen hat – man hört durch Frezzottis Spiel unglaublich viel, mehr als in anderen Interpretationen.

Und das macht dieses Album so wertvoll: Es geht nicht darum, das Werk irgendeiner halbvergessenen Komponistin auszugraben, sondern ganz speziell um diese eine. Warum sich das lohnt, begründet die Interpretin mit jedem einzelnen Ton, den sie spielt.

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Amy Beach konnte im Alter von einem Jahr Melodien sauber singen, mit zwei Jahren Kontrapunkte dazu improvisieren, mit drei Jahren brachte sie sich selbst lesen bei. Überflüssig zu erwähnen, dass sie ein Klavierwunderkind war.

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