- Cantique de Jean Racine: Ein 19-Jähriger erregt Aufsehen
- Après un rêve: Glanzlicht französischer Liedkunst
- Pavane: Konzipiert für Klavier, berühmt für Orchester
- Requiem: An der Madeleine ungeliebt
- Pelléas et Mélisande: Der Schluss erklingt bei Faurés Beerdigung
Geboren wird Gabriel Fauré am 12. Mai 1845 in Südfrankreich. Sein Vater ist Schulleiter, doch die Musik ist kein beherrschendes Thema in seinem Elternhaus. Schon früh zieht ein Instrument in einer nahegelegenen Kapelle den kleinen Gabriel magisch an.
„Ich wuchs als wohl eher artiges Kind in einer Gegend von großer Schönheit auf“, erinnert sich Fauré später in seinem Leben. „Das Einzige, an das ich mich wirklich klar erinnere, ist das Harmonium in einer Kapelle. Immer wenn ich weg konnte, rannte ich dort hin – und ich ergötzte mich daran.“
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Cantique de Jean Racine: Ein 19-Jähriger erregt Aufsehen
Mit neun Jahren schickt ihn sein Vater nach Paris, wo Gabriel Fauré an der Schule des Komponisten Louis Niedermeyer zum Kirchenmusiker ausgebildet wiëd. Nach dem Tod von Niedermeyer im Jahr 1861 wird dort Camille Saint-Saëns sein Klavierlehrer. Er bringt Fauré in Berührung mit den Werken zeitgenössischer Komponisten wie Schumann, Liszt und Wagner.
Unter dem Einfluss des zehn Jahre älteren Saint-Saëns komponiert der 19-Jährige für einen schulinternen Wettbewerb ein etwa sechsminütiges Stück für Chor und Orgel auf einem Text des Barockdichters Jean Racine (nach einem lateinischen Hymnus) und gewinnt damit den ersten Preis.
Erstmals öffentlich aufgeführt wird das kurze Chorstück, für das sich Fauré von Charles Gounod inspirieren ließ, 1866 in einer Fassung mit Streichern und Orgel. Auch nach seiner Schulzeit bleibt der zehn Jahre ältere Saint-Saëns ein wichtiger Freund und Förderer für Fauré.
Après un rêve: Glanzlicht französischer Liedkunst
Nach Ende seiner Ausbildung beginnt Fauré zunächst in Rennes seine Karriere als Organist und Musiklehrer. Dann tritt er auf Vermittlung von Saint-Saëns eine Stelle in Paris an. Als 1870 Frankreich Preußen den Krieg erklärt, meldet sich Fauré freiwillig für die Armee.
In den frühen 1970er-Jahren schreibt Gabriel Fauré auch eins seiner bis heute berühmtesten Werke, das Lied „Après un rêve“ (deutsch: „Nach einem Traum“), auf den Text seines Freundes Romain Boussin. Bis heute begeistert das kurze Musikstück durch seine feingliedrige, sanfte Emotionalität.
Insgesamt mehr als 80 Kunstlieder komponiert Fauré im Lauf seines Lebens, häufig vertont er dabei Texte von Victor Hugo oder Paul Verlaine. Heute zählen sie zu den bedeutendsten Liedwerken der französischen Musikgeschichte.
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Pavane: Konzipiert für Klavier, berühmt für Orchester
Zeitlebens verdient Gabriel Fauré relativ wenig mit seinen Kompositionen: Er lässt sich direkt von seinem Verleger bezahlen, weitere Einnahmen durch Lizenzgebühren erhält er nicht.
Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen komponiert Fauré nur wenig Musik für großes Orchester. Er konzentriert sich vielmehr auf das Klavier und Vokalmusik, für die seine zarte und poetisch nuancierte Tonsprache besser geeignet scheint.
Auch seine Pavane op. 50 konzipiert Fauré ursprünglich als Werk für Klavier und Chor. 1887 schreibt er auf die Melodie eine Orchesterversion, die 1917 in einer Ballettfassung der Ballets Russes berühmt wird.
Requiem: An der Madeleine ungeliebt
Seine heute bekannteste Komposition bringt Fauré 1888 in der Pariser Kirche La Madeleine zur Uraufführung. Die Kirche ist lange Jahre Arbeitsmittelpunkt des gelernten Kirchenmusikers: 1877 war er dort auf Vermittlung seines Freundes Camille Saint-Saëns als Chorleiter eingestellt worden, 1896 wird er Titularorganist der Kirche.
Fauré komponiert sein Requiem wie ein Kammermusikwerk, zurückhaltend und feinfühlig. Man hört zu Beginn vor allem die tiefen Streicher. Eine Besonderheit: Fauré verzichtet auf das dramatische „Dies irae“ der klassischen Totenmesse, im Zentrum steht stattdessen das erlösende „Pie Jesu“.
Nach der Erstaufführung soll der Vikar der Madeleine Fauré nach dem Komponisten des Requiems gefragt haben. Als Fauré sich als selbiger zu erkennen gab, soll der Vikar ihm befohlen haben, von kompositorischen Experimenten künftig abzusehen. Das Repertoire der Madeleine sei bereits reich genug. Zwölf Jahre später, bei der Pariser Weltausstellung 1900, erklingt das Requiem mit großem Symphonieorchester wieder.
Pelléas et Mélisande: Der Schluss erklingt bei Faurés Beerdigung
An der Madeleine bleibt Fauré bis 1905, als er zum neuen Leiter des Pariser Konservatoriums ernannt wird. Sein Vorgänger Théodore Dubois muss seinen Posten nach einem Skandal um den renommierten Prix de Rome und die Benachteiligung des 30-jährigen Maurice Ravel räumen.
Unter Faurés Leitung öffnet sich das Konservatorium, das vorher ein konservativ-französisches Programm unterrichtete: für Alte Musik genauso wie für den in Frankreich verhassten Wagner und zeitgenössische Komponisten.
Außerhalb Frankreichs feiert Fauré vor allem in England Erfolge. Mit seinen Kompositionen wird er zum Vorbild für eine neue Generation an Komponisten: Edward Elgar, Richard Strauss und Aaron Copland zählen zu seinen Verehrern.
Zu den bedeutendsten Kompositionen in Faurés Spätwerk gehört „Pelléas et Mélisande“. Ursprünglich komponiert als Schauspielmusik für eine Londoner Aufführung von Maeterlincks gleichnamigem Theaterstück, verdichtet er die Musik später zu einer viersätzigen Orchestersuite. Besonders die Sicilienne des dritten Satzes erfreut sich bis heute großer Beliebtheit.
Der vierte Satz, übertitelt als „Der Tod Mélisandes“ wird schließlich zu Faurés eigener Trauermusik. Der große Komponist, Kirchenmusiker und Musikvermittler stirbt am 4. November 1924 im Alter von 79 Jahren an einer Lungenentzündung. „Ich habe getan, was ich konnte“, sollen seine letzten Worte gewesen sein.