Seit 2011 wirkt Denis Rouger als Professor für Chordirigieren in Stuttgart. Vorher hat er in Paris den Chor an der Kathedrale Notre-Dame geleitet. In Stuttgart gründete der heute 63-Jährige den Kammerchor Figure humaine. Auf seiner dritten CD singt das Ensemble vor allem Bearbeitungen von Sololiedern für Chor, die Denis Rouger selbst geschrieben hat.
Lieder neu für Chor interpretiert
„En sourdine“ („Gedämpft“) ist der Titel eines Liedes, das Gabriel Fauré 1891 komponiert hat. Es ist das zweite Stück der „Cinq mélodies de Venise“, der „Fünf venezianischen Lieder“, und die hat Fauré eigentlich gar nicht für Chor, sondern für eine Solostimme mit Klavierbegleitung geschrieben. In der Bearbeitung für dreistimmigen Frauenchor und Klavier merkt man das aber gar nicht.
Das liegt an den Sängerinnen und Sängern des Stuttgarter Kammerchors Figure humaine, deren Stimmen hier weich ineinanderfließen und fast schwerelos wirken. Es liegt aber auch an der Bearbeitung, die der Chorleiter selbst angefertigt hat.
Sehr sauber führen die Sängerinnen die Linien parallel bis hin zu lupenreinen Pianissimi, und die einzelnen, hörbar jungen Stimmen verschmelzen sehr gut miteinander. Der Kammerchor Figure humaine ist ein exzellentes Ensemble, mit ihm will der Dirigent Denis Rouger die Chorliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts erweitern. Zu diesem Zweck arbeitet er deutsche Solo-Lieder und ihr französisches Pendant, die Mélodies, zu Chorsätzen um.
Rouger erzeugt reichen Klang für das Fauré-Jahr
Denis Rouger geht nicht so vor wie der große Chor-Bearbeiter Clytus Gottwald, der ja keinen einzigen neuen Ton in seine Arrangements hineingeschrieben hat. Rouger teilt nicht wie Gottwald die Klaviertöne unter den Chorstimmen auf und lässt dann die Begleitung weg.
Bei ihm bleibt der Klavierpart unangetastet, und das vokale Spektrum wird durch harmonisch passende Töne ergänzt und weit gespreizt. Dadurch wirken die Sätze klanglich sehr reich.
Gut gesungen beginnt diese Musik ganz neu zu leuchten. Den großen Jubilar dieses Jahres hätte das gefreut – schließlich hat sich Gabriel Fauré selbst immer wieder um eine hohe Ausdifferenzierung der Harmonik bemüht.
Faurés Lied „Après un rêve“ auf dem Vorgängeralbum
Fauré neben Saint-Saëns und Fanny Hensel
Auf der CD gibt es auch Musik von Faurés Zeitgenossen. Etwa eine Bearbeitung des „Nocturne“ von Faurés Lehrer Camille Saint-Saëns – gut zu hören ist dabei das klare, bewegliche Spiel der Pianistin Olga Wien.
Hinzu kommt Musik einer deutschen Komponistin: Fanny Hensel, geborene Mendelssohn. Auch Fanny hat Goethes „Land, wo die Zitronen blüh’n“ vertont, Denis Rouger hat ihr Lied arrangiert. Das passt gut zum Titel der CD: „Rencontres“. So heißt zwar auch eines von Faurés Liedern, aber man kann diese „Begegnungen“ auch auf die ganze CD beziehen, die Lied und Chormusik, Deutsches und Französisches zusammenbringt.