Donaueschingen – Rückblick auf das Festivalwochenende

Der Pioniergeist der Donaueschinger Musiktage fordert. 23 Uraufführungen, Klanginstallationen, ein künstlerisches Rahmenprogramm. Für die Besucher*innen bedeutet es, ein Wochenende lang von einem Konzert ins nächste zu gehen, sich neuen Klängen und Experimenten auszusetzen, künstlerisch-thematisch gefordert zu werden, und sich in den Pausen in Diskussionen zu vertiefen.

Lydia Jeschke, die als SWR Redaktionsleiterin der Neuen Musik bei vielen Festivalausgaben dabei war, fühlt sich aber nicht überfordert. „Manchmal ist es nur möglich, die Nachricht einer großen Zerstörung zu verkraften, wenn diese Nachricht in die Sanftheit eines Liedes gehüllt ist“, sagt sie über die die „Murder Ballads“ von Jessie Marino.

Mehr als 70 Prozent Frauen

Der Frauenanteil sei bereits über die vergangenen Jahre gewachsen, so Jeschke. Mit ihrem ersten Festival habe Lydia Rilling diese Bewegung fortgesetzt. Weibliche Perspektiven waren dieses Jahr aber auch thematisch präsent, da einige Autorinnen und Komponistinnenm, wie Iris ter Schiphorst, Felicitas Hoppe oder Joanna Bailie ihre Biografie und ihr Frausein thematisiert haben.

Orchestermusik ohne Partitur – eine Herausforderung für das Orchester

Ein Schwerpunkt des Festivals war das Thema Improvisation und gleich beim Eröffnungskonzert mit dem SWR Symphonieorchester wurde ein Stück ohne Partitur uraufgeführt: „Occam Océan Cinquanta für Orchester“ von  Éliane Radigue. Was in kleinen Ensembles – wie dieses Jahr bei „die Hochstapler“ – kein Problem ist, gestaltet sich mit einem Orchester, welches sonst Noten hat, schwierig, so Jeschke. Ob diese Methodik Zukunft hat, sei fraglich.

Dafür sei das Stück „Tune and Retune II“ ein gelungener Ansatz gewesen, das Orchester auf Klangsuche mitzunehmen. Dabei hätte das Orchester Möglichkeiten eingeübt, sich Klängen zu nähern. Für dieses Stück hat Francesca Verunelli auch den Orchesterpreis bekommen.