Donaueschinger Musiktage 1998 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 1998: "Conloninpurple"

Stand
Übersetzung
Lydia Jeschke (aus dem Amerikanischen)
Lydia Jeschke

Der Titel Conloninpurple erinnert an Conlon Nancarrow, er versteht sich als ein Tribut an sein außergewöhnliches Werk. Die Installation besteht aus einem sieben- oktavigen Instrument, das räumlich in vierzehn Gruppen unterteilt ist. Gestimmte Holzklötze bilden zusammen mit metallenen Resonatoren die Klangquellen. Alle Klänge werden auf "natürliche" Weise erzeugt, nicht verstärkt oder synthetisiert. Eine meiner früheren Installationen, Ringo, wurde für die große Wendeltreppe des Shaffy Theaters in Amsterdam entworfen. Vertikale Bewegungen von fallenden und aufsteigenden perkussiven Rhythmen bewegten sich schnell durch den fünfgeschossigen Raum. Conloninpurple ist eine Fortsetzung dieses Prinzipes mit verfeinerter Gestaltung in allen Bereichen – es gibt schnellere Resonanzen, ein besseres dynamisches Spektrum und außerdem keine Beschränkungen der vertikalen oder horizontalen Bewegungen. Der Raum ist wiederum ein wesentlicher Teil der akustischen Resonanz – die Basis für eine mehrdimensionale Wahrnehmung durch den Hörer.

Aus meinen früheren Versuchen mit stehenden Wellen, Luftsäulen und Resonatoren entstand die Idee zu einer Kombination von einer offenen und einer geschlossenen Resonator-Einheit – ein sogenanntes "duales Resonatorsystem". Der geschlossene Resonator verstärkt den Grundton, der offene erweiterte "Horn"-Resonator verstärkt einen bestimmten Oberton, abhängig von der Länge des Horns. Alle Holzblöcke sind in einer gleichtemperierten Skala gestimmt; durch Veränderungen der harmonischen Struktur kann man aber von dieser Skala abweichen. Bestimmte Akkord-Verbindungen lassen dabei ihre einzelnen Bestandteile klingen, als seien sie nach einer anderen Skala gestimmt. Die klangliche Wirkung reicht von einem östlich beeinflußten Klang bis zu den uns eher vertrauten Tonstrukturen.

Die Installation besteht aus Holzblöcken in fünf Oktaven und Metallblöcken in zwei Oktaven, insgesamt 84 Klangquellen. Jede hängende "Säule", jede instrumentale Einheit hat sechs wechselnde Tonumfänge, die in Oktavgruppen unterteilt sind. Als Ganzes kann das Instrument jede musikalische Komposition spielen, die von einer Partitur in ein MIDI-Format übertragen wurde.

Jeder Block ist mit einem elektromagnetischen Schlagsystem ausgestattet: ein magnetisches Feld aktiviert einen Bolzen, der nach oben schießt und den Block anschlägt. Das dynamische Spektrum erstreckt sich vom beinahe Unhörbaren bis zur vollen Lautstärke, so daß jeder einzelne Block mit jedem dynamischen Level gut korrespondieren kann. Durch die schlagenden Bolzen entsteht ein kinetisches Moment: ein kleiner Impuls setzt die hängende Säule in Bewegung, so daß feine Drehbewegungen sichtbar werden. Das Publikum hat die Gelegenheit, mit dem Instrument zu interagieren oder das Instrument zu "spielen", indem es eine Steuerkonsole mit zwei Drehreglern bedient. Außerdem können auch vorkomponierte musikalische Sequenzen von einer musikalischen Datenbank abgerufen und gespielt werden.