1997 entstand für die Donaueschinger Musiktage der Wasserspiegel. Im Donautempel bündelt eine eingehängte, gewölbte Fläche die Schallwellen der in die Brigach fallenden Donau. Das Fließen der Donau wird so ohne jeden elektroakustischen Eingriff hörbar, wobei sich durch einen Höhensprung von 5 cm in der Längsachse der Deckenschale zwei verschiedene Frequenzbereiche abbilden. Klangstrahlen. Zur Geometrie des Hörens ist ebenfalls eine Arbeit, bei der Bündeln, Brechen und Spiegeln von Schallwellen eine zentrale Rolle spielen.
Noch 1997 habe ich die ersten Atelierstudien mit paraboloiden Schalen durchgeführt. Im Brennpunkt einer Schale wurde ein Hornhochtöner montiert, der das Klangmaterial in die Schale projiziert, aus der ein zylinderartiger Klangstrahl in den Raum geworfen wird. In meinem Ton-Säulen-Feld von 1998 sind zehn nach unten gerichtete Schalen in gleicher Raumhöhe angeordnet, so dass ein Feld von zehn vertikalen, immateriellen Klangsäulen entsteht. Beim Durchwandern des Feldes tritt der Hörer in die einzelnen vertikalen Klangzylinder ein und verlässt sie wieder.
In der Weiterentwicklung dieser Ideen wurden die gebündelten Klänge auf reflektierende Tafeln projiziert. Klangquelle (Lautsprecher) und Rezeption des Klangereignisses wurden so getrennt. Die akustische Erscheinung auf einer frei im Raum installierten Fläche wird aber nur in einem bestimmten Winkelbereich wahrgenommen. Ähnlich wie bei den auf eine Fläche auftreffenden optischen Strahlen sind bei paraboloid gebündelten Klangstrahlen Einfallswinkel und Ausfallswinkel auf einer reflektierenden Oberfläche identisch. Das Klangereignis tritt nur im Bereich des Ausfallswinkels auf.
Die Arbeit "Klangstrahlen. Zur Geometrie des Hörens" besteht aus zwei Teilen, die auf die spezifische Situation und Anordnung der Gewölberäume im Keller der F.F. Bibliothek hin entwickelt und gestaltet wurden. In zwei von den vier Räumen wird das Klangmaterial (Collage aus Lauten und Worten) diagonal durch den Raum direkt auf eine Wand projiziert, z.B. auf die Breitwand eines Raumes zeitversetzt aus zwei Parabolschalen. Die Zweikanal-Komposition wird so zur bewegten Klang-Erscheinung auf der leeren Wand.
Der andere Teil der Arbeit verbindet zwei parallel angeordnete, aber getrennte Gewölberäume durch eine akustische Doppel-Spiegelung. Aus einer im Gewölbescheitel horizontal abgehängten Parabolschale trifft der gebündelte Klangstrahl (Wasser) vertikal auf eine darunter platzierte Schrägfläche, von welcher er wieder horizontal auf eine ca. 5 m in der Achse der Schrägfläche entfernte vertikale Fläche gespiegelt wird. Diese Fläche ist um ihre eigene Achse so gedreht, dass der im gleichen Winkel weggespiegelte Klangstrahl durch die 160 cm breite Türöffnung zwischen den Räumen auf eine weitere vertikale Fläche trifft, die frei im zweiten Raum aufgestellt ist; und hier im leeren Raum, auf der leeren Fläche erscheint das akustische Bild von Wasser und beginnt zu fließen.
- Festivaljahrgänge
- Donaueschinger Musiktage 2003
- Themen in diesem Beitrag
- Bernhard Leitner, Klangstrahlen. Zur Geometrie des Hörens, Klanginstallation
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