Donaueschinger Musiktage 2012 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2012: "Kobushi Burui"

Stand
Autor/in
Malin Bång, aus dem Englischen: Bernd Künzig

Die Musik fokusiert den Kontrast extremer Körperbewegungen – die Klänge werden entweder durch minimale Aktionen der Fingerspitzen oder – nägel produziert, wie Tippen und Kratzen, oder durch hyperaktive, große, rohe Bewegungen, darunter das Strecken und Drücken der Handflächen, der Vorderarme und Beine. Phasen der einheitlich ruhigen und kontrollierten Gesten werden kombiniert mit unruhigen und angespannten Dialogen, in denen jedes Instrument eine Reihe unmittelbarer Reaktionen innerhalb der Gruppe auslöst. Im Kontrast zu den Aktivitäten der Musiker und ihrer Instrumente werden einige mechanische Objekte in die Musik eingeführt, um einen Wettstreit zwischen dem Organischen und dem Mechanischen herauszu- fordern. Ein weiterer musikalischer Aspekt wird dergestalt hinzugefügt – Klang, der durch kräftige, sichtbare Bewegung hervorgerufen wird und Klang, der ohne Bewegung während Momenten vollkommener Bewegungslosigkeit produziert wird.

"Kobushi” bedeutet im Japanischen "Faust", und "Burui” leitet sich vom alten japanischen Ausdruck "musha burui” ab, der den physischen Zustand des Kriegers beschreibt, der sich auf den Kampf vorbereitet – der Körper, der alle Sinne auf das Chaos von Aktion, Reaktion und Aufmerksamkeit vorbereitet, in einem Zustand des mutvollen Schauerns und der Erwartung.

In meiner Komposition ist Bewegung das musikalische Fundament, zu dem sich alle anderen Parameter verhalten. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass es der Zweck der Musik im Allgemeinen ist, Bewegung in hörbarer Form zu repräsentieren. Der Grund dafür, dass Bewegung ein solch starker musikalischer Einfluss geworden ist, liegt meiner Ansicht nach darin, dass sie sich auf unsere grundlegenden physischen Funktionen bezieht. Unsere Lebensbedingungen sind engstens an Spannung und Entspannung gebunden, die von unserer Atmung und der Intensität des Herzschlags, der auf jede unserer Bewegungen folgt, erzeugt werden. Unsere Wahrnehmung der Zeit wird ebenso aufgrund der Beziehung unterschiedlicher Bewegungsgeschwindigkeiten erfahrbar.

Eine allgemeine Repräsentation von Bewegung in Musik ist der graduelle Prozess von crescendo/accelerando oder diminuendo/ritardando und die Vorstellung von Spannung und Entspannung. Eine andere Form der Bewegung ist der plötzliche Kontrast zwischen der Bewegung mit hoher und geringer Geschwindigkeit oder die vollständige Abwesenheit eines Wechsels der Bewegungsgeschwindigkeit, die zur Statik oder zu verlängerten Momenten führt. Der Charakter der Bewegung bestimmt entscheidend die Musik, und mein Ziel ist es, die verschiedenen, oben genannten Prototypen zu kombinieren, um ein dynamisches Fließen zu erzeugen, das es erlaubt, das Vorhersehbare und das Unvorhersehbare wahrzunehmen, um in einem durchgängigen Dialog zusammenzufließen.

Meine Auswahl von Klangwelten bezieht sich ebenfalls auf Bewegung und klangfarbliche Reibungen. Die meisten Instrumente werden aus Holz und Metall hergestellt, und wenn sie kombiniert werden mit Objekten, die aus dem gleichen Material hergestellt wurden, dann ergeben sich unendliche Möglichkeiten, die spezifischen Oberflächen und Konstruktionen der Instrumente zu nutzen. Ein Metallstück kratzt die Saiten der elektrischen Gitarre; ein runder Holzstift rollt über die Metallkanten eines Waschbretts; ein Holzstück schlägt auf ein Schneidebrett, das auf den Klaviersaiten positioniert ist: Und jede Geste wird charakterisiert durch die Geschwindigkeit und Intensität der Bewegung, die in den Aktionen enthalten ist.

Stand
Autor/in
Malin Bång, aus dem Englischen: Bernd Künzig