Immanuel Kant, heute vor 300 Jahren geboren, ist einer der bedeutendsten Vertreter der abendländischen Philosophie. Seine „Kritik der reinen Vernunft“ steht wie keine andere Schrift für das Zeitalter der Aufklärung und für eine moderne, emanzipierte Gesellschaft. Kant war vielseitig interessiert: Neben der Philosophie hat er sich mit Geschichte, Rechtswissenschaft, Mathematik, Physik, Astronomie und Geologie beschäftigt. Mit den Künsten dagegen wusste er nicht allzu viel anzufangen. Und die Musik war ihm dabei allem Anschein nach am fremdesten.
Die Musik auf dem letzten Platz
Man kann es einfach nicht anders sagen: Mit der Musik verband ihn alles andere als eine innige Zuneigung. Dem rationalen Aufklärer Immanuel Kant war die Tonkunst einfach zu gefühlig, zu wenig begrifflich und auch ihr, wie er sagte, »transitorischer Eindruck«, also ihre Flüchtigkeit in der Zeit, war ihm suspekt. Dementsprechend stand für ihn die Dichtkunst an der Spitze der Kunstrangliste, während es für die Musik weniger gut aussah.
Nicht sonderlich erkenntnisfördernd sei die Musik. Keine Begriffe, keine Gedanken — nur Affekte. Und sie habe, zumindest aus der Sicht Immanuel Kants, noch einen weiteren Makel: man hört sie — ob man will oder nicht.
Sensibles Gehör
Wider Willen beschallt zu werden, musste dem Philosophen der Freiheit natürlich ein Graus sein. Schließlich handelten aufdringlich musizierende Nachbarn dem kategorischen Imperativ aufs Schärfste zuwider. Und sicher würde niemand wollen, dass die Erzeugung von »Musiklärm« allgemeines Gesetz würde.
Aber vielleicht war Kants Abneigung gegen akustische Nötigungen gar nicht so sehr ethisch motiviert. Der Philosoph scheint nämlich, wie sein Privatsekretär Wasianski zu berichten weiß, eine durch und durch geräuschempfindliche Person gewesen zu sein.
Ob das Schicksal des Hahns, hätte Kant ihn verkauft bekommen, mit dem kategorischen Imperativ vereinbar gewesen wäre, sei dahingestellt.
Waren es wirklich nur Geräuschhaftigkeit und Gefühlsüberschwang, die ihm die Tonkunst verleidet haben? Oder war dem präzisen Denker, dem Regeln und Prinzipien über alles gingen, die Musik einfach nicht rational genug — und damit am Ende zu »gefährlich«?
Ein Fan der Wachtparade
Nicht unbedingt ein Plädoyer für die musikalische Bildung. Aber womöglich eine Bestätigung der These, dass die Tonkunst in Kants Verständnis einfach zu viel Unruhe ins Leben bringt. Dazu passt auch, dass eine Erscheinungsform von Musik, die der Königsberger Philosoph — laut seinem Privatsekretär — dann doch zu schätzen wusste, mit äußerster Disziplin zu tun hat.
Müssen wir uns Immanuel Kant tatsächlich als Liebhaber preußischer Militärmusik vorstellen? Dabei hätte er doch eigentlich Joseph Haydn, seinen »Kollegen« in Sachen Aufklärung mit »Achtsamkeit und Wohlgefallen« hören müssen! Aber letztlich muss man ja nicht musikalisch sein, um einen genialen Philosophen abzugeben.
Buchkritik Kant. Vom Aufbruch der Gedanken – Graphic Novel über den Philosophen der Aufklärung
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300 Jahre Immanuel Kant Kants Forderung nach Vernunft als Grundlage für moralisches Handeln bis heute relevant
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