Flavia Coelho ist in einer Favela in Rio aufgewachsen. Dort hat sie kriegsähnliche Zustände erfahren. Sie musste lernen sich mit dieser permanenten Gewalt zu arrangieren. Trost und Kraft fand sie in der Musik. Auf der Suche nach ihrer eigenen Stimme verlässt sie Brasilien und lässt sich 2006 in Paris nieder. Ihr fünftes Album „Ginga“ ist eine musikalische Liebeserklärung an Frankreich.
Im Moment sei die Situation in Paris durch die Olympischen Spiele recht angespannt, erzählt die 44-jährige brasilianische Sängerin Flavia Coelho: „Es gibt viele Absperrungen, die Café- und Restaurant-Besitzer beklagen sich. Doch mir macht das nicht viel aus. Für mich stehen der Sport, die Athleten und die Atmosphäre der Olympiade im Vordergrund. Das ist ein einzigartiger historischer Moment.“
Coelho stammt aus Rio und lebt in Paris. Sie verlässt Rio im Jahr 2006 und hat vor, eine Karriere als Sängerin in der Stadt ihrer Träume zu machen. Im Mittelpunkt ihres kürzlich veröffentlichten fünften Albums „Ginga“ ist sie selbst. Das kommt im Song „De vous à moi“ zum Ausdruck, den sie in französischer Sprache geschrieben hat.
„Da geht es um Frankreich, das Land, das mich und meine Musik aufgenommen hat“, erklärt die Sängerin. „Hier habe ich treue Fans gefunden, die meinen Sound lieben. Ich habe meinen Musikstil hier mit meinen brasilianischen Wurzeln kreiert. Meine Anhänger unterstützen mich nach wie vor, reden mir gut zu und kommen zu meinen Konzerten.“
Bossa Muffin: Brasilianischer Musikmix
Die Sängerin hat sich anfangs in Paris als Straßenmusikerin, Putzfrau und Babysitterin durchgeschlagen. Dann lernte sie den kamerunischen Gitarristen und Bassisten Pierre Bika kennen. Er führt sie in die afrikanischen Stilrichtungen und Rhythmen ein. Sie komponiert mit ihm zusammen ihr erstes Album „Bossa Muffin“.
„Für mich ist das Bossa Muffin“, erklärt die Sängerin, „ein Mix aus traditionellen brasilianischen Klängen. Wenn man Bossa Nova hört, denkt man an Brasilien, Rio, Perkussion und Saiteninstrumente wie Gitarren. Und mit Muffin meine ich den Mix diverser Elemente.“
Flavia kommt mit ihrer Musik in Frankreich gut an: 2011 erhält sie den ersten Preis des Nachwuchs-Festivals „Génération Réservoir“. Und sie entwickelt sich musikalisch immer weiter: Auf ihrem zweiten Album „Mundo Meu“ macht sie einen Mix aus Reggae- und Samba-Rhythmen, afrikanischen Klängen und elektronischen Keyboardsounds.
„Ich will bei meinen Fans tiefe Emotionen hervorrufen“
Coelho hat genaue Vorstellungen, was sie mit ihrem aktuellen Album „Ginga“ erreichen will: „Ich will bei meinen Fans tiefe Emotionen hervorrufen, Reaktionen, die der Hörer gar nicht selbst bemerkt. Es kann beispielsweise nur eine kleine Bewegung in der Hüfte oder an der Schulter sein. Der Hörer klopft und stapft im Rhythmus der Musik. Ich habe mir schöne, aber recht simple Melodien ausgedacht und mich von der klassischen Musik inspirieren lassen.“
Flavia Coelho wird nie vergessen, dass ihre Mutter sie als Achtjährige ermutigte, an sich zu glauben und zu singen. Sie war eine der ersten Kosmetikerinnen für Transvestiten im Viertel. Sie dachte sich für ihre Tochter eine besondere Methode aus: „Sie setzte mir einen Eimer auf den Kopf und meinte, geh damit durchs Haus und singe. Ja und so habe ich meine Stimme ganz anders wahrgenommen, weil ein künstliches Echo entstand.“
Seitdem hat Flavia Coelho bewusst ihre Stimme trainiert und der Gedanke, eines Tages professionelle Sängerin zu werden, war geboren. Heute ist ihr Wille ungebrochen, an ihrem Sound weiter zu feilen, um ihre Hörer und Hörerinnen damit zu faszinieren.
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