Die Accademia Bizantina ist eines der ältesten Originalklangorchester Italiens, das sich einen Namen für die zumeist italienische Musik des 17. und 18. Jhs. gemacht hat. Händel und Bach wurden aufgenommen, es hat aber nicht als Barockorchester angefangen, wie Sabine Weber weiß. Der Name Accademia Bizantina stand aber von Anfang an fest, denn die Geburtsstunde schlug in Ravenna, bekannt für seine byzantinischen Mosaike.
Musik statt Mosaik
Die byzantinischen Goldmosaike der frühchristlichen Kirchen Ravennas San Vitale oder San Apollinare sind atemberaubend. Doch die haben die Studenten des dortigen Konservatoriums damals nicht im Blick, als sie am Tresen einer Bar eine kühne Idee formulieren: Wir gründen unser Orchester.
Noch im gleichen Jahr findet das erste Konzert in der nüchternen Chiesa di San Giuseppe di Marina statt – ohne Mosaiksteinchen. Dennoch wandert „Bizantina“ in den Namen. Alle Gründungsmitglieder kommen aus Ravenna, das für seine byzantinische Kunst berühmt ist. Schon bald pusht der Cellist in Richtung Barockmusik. 1989 steht dann Corellis Gesamtwerk auf dem Plan und ein Organist und Cembalist in der Tür, der gerade den Alte Musik Wettbewerb in Brügge auf den Tasten gewonnen hat: Ottavio Dantone.
Nicht nur die golden classics
Ottavio Dantone macht die Wende der Accademia Bizantina perfekt. Erst Cembalist des Orchesters, übernimmt Dantone 1996 die Leitung. Seitdem ist „The Exciting Sound of Baroque Music“ Programm: Effekte italienischer Barockkomponisten freisetzen, aufregende Klänge freilegen, feines Zusammenmusizieren. 1999 sitzt die Accademia Bizantina erstmals im Graben des Theaters Alighieri in Ravenna, um eine Repertoire-Entdeckung freizulegen: Giulio Sabino von Giuseppe Sarti.
Und mit wenig bekannten Titeln, also modernen Erstaufführungen, tourt die Byzantinische Akademie bald an der Scala, in Glyndebourne, am Teatro Réal in Madrid, in Versailles, Zürich oder bei den Londoner Proms. Heute surfen Skateborder, wirbeln Balletttänzer oder Eiskunstläufer, schreiten Moonwalker durch Clips zur Musik, damit der aufregenden Sound sichtbar ist.
Image-Video der Accademia Bizantina auf YouTube
Zusammenarbeit mit Andreas Scholl
„Akademie“ ist übrigens ernst gemeint. Ottavio Dantone lehrt, entwickelt eine Methode des Spiels im eigenen Ensemble. Und die Familie wächst über die Grenzen Ravennas hinaus. Und ist längst europäisch besetzt. Es sei sein „OrchesterDreamTeam“, so Andreas Scholl, der 2003 erstmals mit der Accademia Bizantina zusammen arbeitet.
Nach Arcadia heißt die zweite gemeinsame CD Solitude, gewinnt einen Grammy sowie den BBC Music Magazin Award. Ganz aktuell sind Marienklagen auf der CD Invocazione Mariane, die im damaligen Rom oder Neapel immer von Männern gesungen wurden.
Blick schweift Richtung deutscher Romantik
Die Weltbühnen und Konzertmetropole sind erobert, aber auch die heimische Szene wird beobachtet. Musikalisch schweift der Blick derzeit zur deutschen Romantik. Die Accademia Bizantina hat Mendelssohns Italienische und Die Rheinische von Schumann im eigenen Hauslabel HDB Sonus aufgenommen.
Doch heute prickelt erst einmal der Spumante. Es wird gefeiert, denn die Accademia Bizantina hat zum Geburtstagsjubiläum „40 Jahre“ – auch wenn es eigentlich 2023 lag – nach Ravenna geladen.