Kindheit am Hof eines großen Beethoven-Förderers
Geboren wird Bedřich Smetana am 2. März 1824 im böhmischen Leitomischl (heute Litomyšl). Böhmen, über Jahrhunderte Teil des Heiligen Römischen Reiches, ist nach dessen Zerfall 1806 in das habsburgische Kaiserreich integriert worden. In der Bevölkerung mehrt sich der Widerstand gegen die zentralistische Regierung in Wien.
Smetanas Familie ist dabei direkt abhängig von der Präsenz des österreichischen Adels in Böhmen: Sein Vater František ist Braumeister am Hof des Wiener Grafen Waldstein, dem großen Mäzen Beethovens, dem dieser die berühmte Waldstein-Sonate widmet.
Die Kinder der Familie Smetana wachsen mit Deutsch als Muttersprache auf. Bedřich hört in seiner Kindheit auf den Namen Friedrich. Erst später in seinem Leben wird er die tschechische Variante des Namens als Rufnamen übernehmen und sich mühevoll die tschechische Sprache aneignen.
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Franz Liszt weckt den Wunsch, Komponist zu werden
Als Smetanas Vater sich 1835 zur Ruhe setzt, wird Bedřich nach Deutschbrod (heute Havlíčkův Brod) in die Schule geschickt. Dort freundet er sich mit dem drei Jahre älteren Karel Havlíček Borovský an, der später als Journalist und politischer Aktivist eine der zentralen Figuren des Prager Pfingstaufstandes von 1848 sein wird.
Auch Bedřich Smetana zieht es in die große Stadt Prag. Über die Jahre reift in ihm der Wunsch heran, Komponist zu werden. Nachhaltig beeindruckt ihn eine Reihe von Klavierkonzerten von Franz Liszt, die er in Prag besucht.
Smetana behauptet sich in Prag
Sträubt sich der Vater anfänglich gegen den Berufswunsch seines Sohnes, gibt er seinen Widerstand nach Ende der schulischen Ausbildung auf. Er erlaubt Bedřich die Musikkarriere, kann ihn aber nicht finanziell unterstützen. Im August 1843 kommt Smetana mit nur 20 Gulden in der Tasche in Prag an.
Dort arbeitet sich der 19-Jährige stetig hoch: Er nimmt Kompositionsunterricht bei Josef Proksch, dem Leiter des Prager Musikinstituts und findet Anstellung als Musiklehrer im Haus des Fürsten von Thun. Hier trifft er auf illustre Gäste wie Clara und Robert Schumann, die er mit seinen Kompositionen jedoch nicht überzeugen kann. Zu groß sei der Einfluss von Berlioz, mit dem ihn sein Lehrer vertraut gemacht hatte.
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Mit Elisabeth Hahn
Nach dem Hungerwinter 1847/48 gärt es im Kaiserreich. In allen Teilen des Vielvölkerstaates kommt es zu Aufständen, auch in Prag. Smetana beteiligt sich beim Juni-Aufstand, dessen Anführer sein Jugendfreund Karel Havlíček Borovský ist.
Trotz der Niederschlagung durch die Österreicher übersteht Smetanas Karriere den Aufruhr unbeschadet. Er eröffnet Ende 1848 ein Klavierinstitut in der Stadt und erregt das Interesse seines großen Vorbilds Franz Liszt, als er ihm eine Komposition mit der Bitte schickt, sie ihm widmen zu dürfen.
Hoffnung auf einen Neuanfang unter Franz-Joseph
Vor allem unter tschechischen Nationalisten wird Smetanas Klavierinstitut beliebt. Seine Matinee-Konzerte werden bald fester Bestandteil des Prager Musiklebens. Zu den Gästen gehören unter anderem Franz Liszt, mit dem Smetana nun freundschaftlich verbunden ist, und der abgedankte Kaiser Ferdinand I., der sich auf die Prager Burg zurückgezogen hat.
Auch Smetana ist voller Hoffnung auf einen politischen Neuanfang unter dem neuen Kaiser Franz-Joseph I. Er komponiert sogar eine Triumph-Sinfonie anlässlich der Hochzeit des Kaisers mit der bayerischen Prinzessin Elisabeth und nimmt eine Stelle als Hofpianist des abgedankten Kaisers Ferdinand an.
Doch die Reformen im Land bleiben aus. Und auch private Schicksalsschläge belasten Smetana: Drei seiner Töchter sterben an Tuberkulose und Scharlach, auch bei seiner Frau Kateřina wird Schwindsucht diagnostiziert. Der Komponist verlässt Prag 1856 für einen Neuanfang in Göteborg.
Die Ouvertüre von „Die verkaufte Braut“, gespielt vom HR-Sinfonieorchester
Rückkehr mit Ambitionen auf die Leitung an der Oper
Nach fünf Jahren in Schweden kehrt Smetana zurück nach Böhmen. Österreich ist nach der Schlacht von Solferino (1859) politisch geschwächt und die Chancen für ein unabhängiges Tschechien stehen besser als je zuvor.
Der Komponist spekuliert vor allem auf einen Posten in der Stadt: In Prag soll ein Interimstheater eröffnet werden, eine neue Heimstätte für die Oper in der Stadt. Smetana hat die Hoffnung, hier Bühnenstücke zur Aufführung zu bringen, die den tschechischen Nationalgedanken vorantreiben. Doch seinen Kritikern gilt Smetana als gefährlicher Modernist, vor allem seine Bewunderung für Richard Wagners Musiktheater wird kritisiert.
Der Posten geht schließlich an einen konservativeren Konkurrenten. Trotzdem komponiert Smetana eine Oper: Mit „Die Brandenburger in Böhmen“ gewinnt er einen Wettbewerb um die erste nationale tschechische Oper. Drei Jahre nach der Entstehung, 1866, wird sie mit großem Erfolg am Interimstheater uraufgeführt.
Das Libretto schreibt Smetanas Freund Karel Sabina, den der Komponist während des Pfingstaufstandes 1848 kennengelernt hatte. Auch für Smetanas zweite Oper „Die verkaufte Braut“, ebenfalls 1866 uraufgeführt, schreibt Sabina das Libretto. Sie ist heute Smetanas berühmtestes Bühnenwerk.
Streit um Smetanas Nähe zu Wagner
Im September 1866 erfüllt sich Smetanas Wunsch und er wird zum Musikalischen Leiter des Interimstheaters. Seine dritte Oper „Dalibor“ über einen tschechischen Ritter im Widerstand gegen die kaiserliche Obrigkeit wird zwar vom Publikum wohlwollend aufgenommen, die Kritiker stören sich aber am starken Einfluss von Wagners Theorie über die Ästhetik des Gesamtkunstwerks, der sich Smetana als Bewunderer des Komponisten verschrieben hat.
Der Streit, ob Smetanas Wagner-inspirierte Opern zur Grundlage für eine eigenständige tschechische Oper taugen, geht so weit, dass Smetanas Gegner eine Petition veröffentlichen, um den Komponisten von seinem Posten am Interimstheater zu stürzen. Sie scheitert allerdings am Widerstand prominenter Musiker, unter ihnen Antonín Dvořák.
Doch unter dem anhaltenden Streit leidet Smetanas Gesundheit. Er erkrankt an einer schweren Infektion, vielleicht ist es die Syphilis, in deren Verlauf er zunächst das Gehör auf dem rechten Ohr verliert und schließlich völlig ertaubt.
Das WDR Sinfonieorchester spielt „Die Moldau“
Der große Komponist stirbt in der Irrenanstalt
Der nun 50-jährige Smetana tritt Ende 1874 gezwungenermaßen von seinem Posten als Musikalischer Leiter zurück. Das Theater bietet ihm eine jährliche Pension von 1.200 Gulden für das Recht, seine Opern weiterhin aufzuführen.
Trotz seiner Taubheit komponiert Smetana weiter: Die ersten Teile des Zyklus „Má vlast“ („Mein Vaterland“) werden 1875 uraufgeführt, darunter auch „Die Moldau“ – Smetanas bis heute beliebtestes Orchesterwerk. Am 11. Juni 1881 wird das neue Prager Nationaltheater mit der Uraufführung seiner Oper „Libuše“ feierlich eröffnet. Der Komponist wird nur kurzfristig zur Premiere eingeladen.
Smetana leidet in seinen letzten Lebensjahren immer wieder an Depressionen, unkontrollierbaren Wutanfällen, Halluzinationen und zeitweisem Sprachverlust. Im Frühjahr 1884 sieht sich seine Familie außer Stande, ihn weiterhin zu Hause zu pflegen. Am 12. Mai 1884 stirbt der 60-jährige Bedřich Smetana in einer Prager Irrenanstalt. Bis heute streiten Forscher, ob eine altersbedingte Demenz oder doch die Syphilis für seinen geistigen Verfall verantwortlich war.