„The best rapper alive“ — auch nach seinem Tod
Bis heute ist Tupac Shakur einer der Künstler weltweit mit den meisten Plattenverkäufen — vor allem auch durch die sechs posthum veröffentlichten Alben. Er gilt als einer der prägendsten Rapper der 1990er Jahre und machte das Westküsten-Label „Death Row Records“ zum Symbol des Westcoast-Sounds.
Sein lyrisches Talent und sein energetischer Flow machen Tupac bis in die Gegenwart zu einem Vorbild für Rapper auf der ganzen Welt. Die jetzige US-Vizepräsidentin Kamala Harris bezeichnete Tupac 2020 als „the best rapper alive“ — denn als Westcoast-Mädchen sei sie davon überzeugt, dass er weiterhin lebe. Nicht ganz unberechtigt, denn 2012 wurde in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion Tupac „wiedererweckt“ und trat als Hologram auf dem Coachella-Musikfestival auf.
Tupac „live“ auf dem Coachella-Festival 2012:
Gleichzeitig ist die Figur Tupac sehr ambivalent, denn obwohl der als Lesane Parish Crooks am 16. Juni 1971 geborene Künstler eine klassische Ausbildung an der Baltimore School of Arts genoss und sich dort mit Shakespeare, Schauspiel und Jazz auseinandersetzte, wurde er weltweit vor allem berühmt durch seine Verkörperung des „Gangster-Lifestyles“.
Shakur setzte sich regelmäßig mit sozialen Thematiken in seinen Reimen auseinander, etwa in „Ghetto Gospel“. Sein kommerziell erfolgreichstes Werk, das Album „All Eyez on Me“ von 1996 allerdings geht in eine ganz andere Richtung: typischer Gangster-Rap, der das Leben und das Individuum feiert — am deutlichsten vielleicht in der wahrscheinlich bekanntesten Single davon, „California Love“ mit Produzent Dr. Dre.
Die Rivalität zwischen East Coast & Westcoast:
„Gangsta Rap“ trifft politische Philosophie
Gangster Rap wird häufig als platte „Mein Haus, meine Uhr, mein Auto, mein Dollar-Bündel“-Lyrik betrachtet oder als brutale Hardcore-Reime, die menschenverachtende Gewalt zelebrieren. Doch gerade in Tupac Shakurs Werken zeigt sich der breitere kulturelle Einfluss den das Genre besitzt und dem es auch ausgesetzt ist. Universale Themen werden verhandelt: Rache, Selbstbehauptung, Aufstieg und Fall, wie in den klassischen Dramen Shakespeares — wenn auch mit anderem Vokabular.
So setzte sich Shakur außerdem während eines Gefängnisaufenthalts wegen sexueller Nötigung (der Fall gilt bis heute als höchst umstritten) intensiv mit Niccolò Machiavellis „Der Fürst“ und Sun Tzus Klassiker „Die Kunst des Krieges“ auseinander und änderte unter diesem Einfluss auch seinen Künstlernamen kurz vor seinem Tod als Anspielung auf den italienischen Philosophen in „Makaveli“. Der WDR Podcast „Machiavelli — Rap und Politik“ mit Vassili Golod, Jan Kawelke und Salwa Houmsi greift diese Assoziation seit 2018 wieder auf.
„Live by the gun, die by the gun“ — Gewalt ruft Gegengewalt hervor
Doch auch Tupac Shakur selbst entwickelte eine eigene Philosophie unter dem Schlagwort „Thug Life“. Was Tupac Shakurs Bauch als Tattoo zierte und auch der Name eines seiner Rap-Kollektive war, bedeutet übersetzt nicht nur „Rowdy-Leben“, sondern steht auch als Akronym für „The Hate U Give Little Infants Fucks Everyone“. Damit wollte der Rapper ausdrücken, dass Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen junger Afroamerikaner*innen sich auch für die gesamte Gesellschaft zum Problem entwickeln.