Der Musiker und Produzent Quincy Jones ist am 3. November im Alter von 91 Jahren gestorben. Er war eine der prägendensten Persönlichkeiten der amerikanischen Kulturgeschichte.
Rekordhalter-Produktionen
Über Quincy Jones’ Karriere zu reden, heißt, in Superlativen zu sprechen. Jones steckte hinter einigen der erfolgreichsten Produktionen der Plattengeschichte, allen voran dem meistverkauften Album aller Zeiten, Michael Jacksons „Thriller“.
Frank Sinatras unvergänglicher Klassiker „Fly Me To The Moon“ ging auf sein Konto als Produzent und Arrangeur. Und Jones brachte auch „We are the world“ auf den Weg, den berühmten Rekordhalter unter allen Wohltätigkeitssongs.
Über 75 Grammy-Nominierungen
Kein anderer Künstler kann mehr Grammy-Nominierungen vorweisen als Quincy Jones, nämlich über 75; mehr als 25 Grammys hat er tatsächlich gewonnen. Seine anderen Preise, darunter ein Oscar, sind Legion.
Und mindestens eines seiner Stücke kennen noch heute sogar Menschen, die sich gar nicht besonders für Musik interessieren: „Soul Bossa Nova“.
Besessen von Musik
Quincy Jones’ Leben war so unwahrscheinlich und spannend wie der wahr gewordene „American Dream“. Geboren wird er 1933 in Chicago. Dort ist ein berüchtigtes Gangsterviertel seine Heimat. Zwischenzeitlich lebt er in bitterster Armut bei der Großmutter auf dem Land.
Musik gibt ihm ein Ziel, für das er sich wie besessen anstrengt. Ein Stipendium für die renommierte Berklee School of Music lässt er sausen, um als Trompeter mit der Lionel Hampton Big Band zu touren.
Schüler von Nadia Boulanger
Er studiert Komposition bei der berühmten französischen Lehrerin Nadia Boulanger, die auch Leonard Bernstein und Aaron Copland zu ihren Schülern zählte.
Sein Mentor und Lehrmeister und in Sachen Big Band-Arbeit ist Count Basie. Auf der Basis von dessen unbändig swingendem Stil formt Jones seinen eigenen, geschliffenen und modernen Orchestersound.
Eigene Big Band mit 26 Jahren
Er schreibt für Dinah Washington, Cannonball Adderley, Dizzy Gillespie. Seine Debutplatte erscheint 1956: „This is how I feel about Jazz“.
Mit 26 Jahren schon leitet Quincy Jones eine eigene Big Band, in der einige der bedeutendsten Jazzmusiker der Zeit sitzen. Für eine Musicalproduktion reist er mit ihr nach Paris. Als das Engagement weg bricht, führt er die Big Band in einer improvisierten, selbstorganisierten Tournee ein Jahr lang kreuz und quer durch Europa.
Quincy Jones & Friends bei den Jazz open Stuttgart 2017
Bald kommerziellere Orientierung
Diese emotionale, psychische und finanzielle Grenzerfahrung bringt ihn dazu, sich fortan kommerzieller zu orientieren. Als erster Afroamerikaner wird er 1961 Vizepräsident eines Major-Labels und landet mit Leslie Gores „It’s My Party“ seinen ersten Nr. 1-Hit.
Mitte der 1960er-Jahre wechselt er nach Hollywood. Dort komponiert er erfolgreich fürs Fernsehen – z.B. für die Serien „Roots“ und „Ironside“ – und schreibt die Soundtracks zu Filmen wie „Kaltblütig“, „In der Hitze der Nacht“ und „Die Farbe Lila“.
Ermöglicht Karrierebeginn von Will Smith
Auch als Fernsehproduzent landet Quincy Jones Treffer. „Der Prinz von Bel Air“, der Karrierebeginn für Hollywoodstar Will Smith, entsteht unter anderem unter seiner finanziellen Verantwortung. Nebenbei veröffentlicht er eigene Platten zwischen Funk, Soul, Jazz und Disco-Sound. Eine Interviewäußerung fasst programmatisch zusammen, mit welcher Einstellung er das tut:
Befreundet mit Berühmtheiten
Legendär war Quincy Jones’ Status als charismatische Integrationsfigur. Er zählte Berühmtheiten von Marlon Brando bis Nelson Mandela zu seinen Freunden. Wohl kein anderer hätte es geschafft, so wie er 46 Weltstars, von Michael Jackson bis Bob Dylan, für die Arbeit an einem Wohltätigkeitssong zu gewinnen.
Der musikalische Kosmos, den Quincy Jones mit seinen späteren Plattenproduktionen durchmaß, reichte von Blues über Bebop bis Soul und Hip Hop. Er versammelte dafür Mitwirkende von Ella Fitzgerald bis Amy Winehouse, von Miles Davis bis Snoop Dogg. Mehr als jeder andere stand er mit seiner Arbeit für die Kontinuität der schwarzen Musik Amerikas, was ihm Respekt aus allen Lagern eingebracht hat.
Prägende Persönlichkeit
Quincy Jones war auch weit über die Musik hinaus ein Macher und Strippenzieher. Zeitweise betrieb er ein Magazin und einen Fernsehsender. Seine Firma „Quincy Jones Media Group“ ist auch in den Bereichen Film, Marketing und Musik-Software aktiv.
Sein umfangreiches humanitäres Engagement, einst begonnen an der Seite des Bürgerrechtlers Jesse Jackson, koordinierte er mit der „Quincy Jones Foundation“.
Das Time-Magazin nannte ihn einst „einen der einflussreichsten Jazzmusiker aller Zeiten“. Aber Quincy Jones war wohl weit mehr als das: er war schlicht eine der prägendsten Persönlichkeiten der amerikanischen Kulturgeschichte.
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Quincy Jones hat 28 Grammys gewonnen, das meistverkaufte Album aller Zeiten produziert und mit den Allergrößten gearbeitet.Aber vor allem habe er die Ursprünge schwarzer Musik in den USA im 20. Jahrhundert kontinuierlich weitergetragen, sagt der Kulturwissenschaftler Martin Lüthe.