„Seit Jahren wird besonders in der deutschen Gangsta-Rap-Szene gegen Israel gehetzt“, sagt Ben Salomo, jüdischer Rapper im Gespräch mit SWR2. Dadurch würden antisemitische Verschwörungslegenden in Texten und Interviews reproduziert.
Nicht mit Solidarität aus der Szene gerechnet
Aus diesem Grund habe er nach dem brutalen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel nicht mit Solidarität und Unterstützung aus der Rap-Szene gerechnet. Denn ihre Stille „ist kein Desinteresse, sondern Zustimmung“.
Ben Salomo ist nicht nur Rapper, sondern er engagiert sich auch gegen Antisemitismus im Hip-Hop. Deutschlandweit hält er dazu Vorträge in Bildungseinrichtungen.
„Ich bin fassungslos und entsetzt“
„Was wir erlebt haben, ist das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust“, sagt Ben Salomo, „ich bin entsetzt“. Nicht nur die Brutalität der Taten mache ihn sprachlos, sagt er. Sondern auch das Verhalten der Menschen in westlichen Ländern wie in Europa, „die diese Unmenschlichkeit und Bestialität sogar feiern“, etwa auf Social-Media-Seiten.
Aber nicht nur die fehlenden Worte seien schlimm, sondern auch die Vermeidung einer klaren Positionierung gegen die Hamas, denn „auch dazu zu schweigen, ist eine stille Zustimmung“ und das mache ihn fassungslos.
Ein systematisches Problem des Gangsta-Rap-Milieus
Das Problem sei nicht nur die Position der einzelnen Künstler*innen in der Gangsta-Rap-Szene, sagt Salomo. Das Problem sei weitreichender, denn sie seien Teil eines größeren Milieus mit Managements und Labels, „in dem extremistisches Denken herrsche“.
Wenn ein Rapper sich nun mit Israel solidarisch oder „sich gegen Hamas kritisch zeigen würde“, sagt Salomo, „dann würde er sehr wahrscheinlich Probleme mit den Leuten aus dem eignen Milieu bekommen“.
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